Pflanzen zur Weihnachtszeit

Wissen und Brauchtum
Ausgabe Nr. 1
  • Leben
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Die Gartenhistorikerin Antje Peters-Reimann teilt ihr Wissen zu den wichtigsten Pflanzen in der Weihnachtszeit. Die Lieblingspflanze der Expertin ist die Christrose.
Die Gartenhistorikerin Antje Peters-Reimann teilt ihr Wissen zu den wichtigsten Pflanzen in der Weihnachtszeit. Die Lieblingspflanze der Expertin ist die Christrose. ©Horst H. Wiedemann
Pflanzen machen auch die Weihnachtszeit bunter.
Pflanzen machen auch die Weihnachtszeit bunter. ©istock

Jetzt ist die ideale Zeit, um sich Gedanken um die Pflanzen für die Weihnachtszeit zu machen. Gartenhistorikerin und Journalistin Antje Peters-Reimann teilt im SONNTAG Magazin ihr Wissen zu den wichtigsten Pflanzen des Winters.

Wenn Antje Peters-Reimann an ihre Lieblingspflanze in der Weihnachtszeit denkt, fällt ihr sofort die Christrose ein. „Sie ist eine der wenigen Pflanzen, die in unseren Breiten zu dieser Zeit blüht. Mit ihr lassen sich ganz viele schöne, große und kleine Geschichten verbinden“, schwärmt sie. Antje Peters-Reimann ist als Gartenhistorikerin genau in der Schnittstelle zwischen Natur und Kunst tätig. Die Deutsche aus Essen ist somit eine der wenigen, die der Symbolik der Pflanzen nachgeht und ihre Verwendung in der Geschichte, der Religion, der Kunst und der Kultur erforscht. Sie schreibt nicht nur Bücher über die Kulturgeschichte bestimmter Pflanzen (siehe Buchtipp), sondern ist auch regelmäßig im Domradio Köln zu hören, wo sie von den Besonderheiten der Pflanzen erzählt. 

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Grünes in einer dunklen Zeit 

Die Symbolik mancher Weihnachtspflanzen geht bis in die Antike zurück und wurde dann von den Christen übernommen. „Schon die Griechen und Römer haben Pflanzen, die im Winter blühen, sehr verehrt, manche haben daher wirklich eine sehr lange Symbolik“, so Antje Peters-Reimann. Die meisten Legenden der Pflanzen und ihre Brauchtümer gehen auf das Mittelalter zurück. Es wurde versucht, den Volksaberglauben mit christlichen Festen und christlicher Heilung zu verbinden. „Früher hat man probiert, die Heilkräfte der Pflanzen zu aktivieren und gehofft, dass es der Glaube ist, der in diese Pflanze seine Kraft hineingibt. In jeder Pflanze sind in mehr oder weniger größeren Mengen Heilstoffe vorhanden“, weiß die Gartenhistorikerin. Heute ist bekannt, welcher Wirkstoff wie wirkt, früher im Mittelalter war das nicht der Fall. „Das Brauchtum ist immer ein Erklärungsversuch, um Phänomene aus der Natur einzuordnen. Wenn man christlich orientiert war, hat man es als Gottes Eingreifen bezeichnet“, erzählt Peters-Reiman. Auch über den deutschsprachigen Raum hinaus hat das Brauchtum der Pflanzen Tradition: In der ganzen Welt versuchen Menschen, Pflanzen in der Weihnachtszeit zum Blühen zu bringen.
 

Pflanzen zu Weihnachten: Mehr Kitsch, weniger Inhalt  

„Früher hat man sich Geschichten über die Pflanzen erzählt, dadurch hatte man eine viel intensivere Beziehung zu den Pflanzen.“ Durch die Aufklärung, die Industrialisierung und die Verstädterung hat man die Beziehung zu den Pflanzen verloren. Diese verlorenen Geschichten und Besonderheiten der Pflanzen versucht Antje Peters-Reimann wieder auszugraben. Dabei fällt ihr auf, dass Weihnachtspflanzen immer mehr wie Dekoobjekte und Wegwerfartikel behandelt werden und nicht als Lebewesen. „Mülltonnen-Deckel auf, Pflanze rein, Mülltonnen-Deckel zu“, gibt Anje Peters-Reimann zu bedenken. „Je weniger christlich die Leute sind, desto mehr Dekoration haben sie.“ Um den hohen Energieaufwand zu vermeiden, der beim Transport von Pflanzen von weither entsteht, empfiehlt die Gartenhistorikerin, die Pflanzen in heimischen Gärtnereien zu kaufen. Gibt es auch bei Pflanzen Trends ähnlich dem Christbaumschmuck? In diesem Jahr sind Pflanzen mit großen und üppigen Blüten modern, weiß die Expertin. 
 

Die Stechpalme

Die Stechpalme.
Die Stechpalme. ©istock

Die Stechpalme gibt es in unseren heimischen Mischwäldern schon seit vielen Jahrhunderten. Auch heute fällt sie dort noch durch ihre stacheligen Zweige und ihre schönen roten Beeren auf. Pflücken sollte man diese aber nicht, da sie unter strengem Naturschutz stehen und leicht giftig sind. Viele Mythen und Legenden sind mit der Stechpalme verbunden. „In Amerika ist es Brauch, sich mit Stechpalmenzweigen zu beschenken, da sie ein Symbol der Freundschaft sind“, berichtet die Gartenhistorikerin. Aber auch zu Ostern findet die Stechpalme Verwendung: Am Palmsonntag wurde sie in Mitteleuropa statt Palmzweigen für die Prozession erwendet. Für Hogwarts-Fans der Romanserie von Joanne K. Rowling weiß Antje Peters-Reimann auch ein Faktum: „Der Zauberstab von Harry Potter ist aus dem Holz der Stechpalme gefertigt“.

Die Christrose

Die Christrose.
Die Christrose. ©istock

Der Name der Christrose geht auf das Lied „Es ist ein Ros entsprungen“ zurück. Angeblich ist die Christrose in der Nacht vor Jesu Geburt zum ersten Mal erblüht. Jeder brachte dem Jesuskind ein Geschenk, außer einem kleinen Hirtenjungen. Er fing an zu weinen, da er kein Geschenk hatte. Dort, wo seine Tränen auf den Boden fielen, wuchs ein kleines weißes Blümchen, die Christrose, die er dem Jesuskind schenkte. Aus Dankbarkeit darf diese Blume nun der Legende nach zur Weihnachtszeit blühen. Die Christrose soll auch Mut symbolisieren. „Es geht immer wieder von Neuem los, verliere nicht den Mut. Auch in einer dunklen Zeit wie dem Winter kann wieder etwas Neues entstehen.“ Sie ist auch eine alte Medizinpflanze, hat aber gleichzeitig sehr giftige Inhaltsstoffe und wird auch als Orakelblume gesehen. 

Der Weihnachtskaktus

Der Weihnachtskaktus
Der Weihnachtskaktus ©istock

„Der Weihnachtskaktus ist streng genommen kein Kaktus, sondern eine Sukkulente“, erklärt die Expertin Antje Peters-Reimann. Ursprünglich kommt die Pflanze aus dem brasilianischen Regenwald. Daher braucht sie bei uns dementsprechend viel Wärme im Gewächshaus, um zum Blühen zu kommen. Das beansprucht viel Energie. Wenn man sie nachhaltig pflegt, kann sie jedoch jahrelang Freude bereiten. Die Gartenhistorikerin gibt den Tipp, die Pflanze nicht zu viel zu gießen und auch ihre Position nicht zu oft zu wechseln. 

Die Barbarazweige

Die Barbarazweige
Die Barbarazweige ©istock

Der 4. Dezember ist der Gedenktag der heiligen Barbara. Sie lebte am Ende des 3. Jahrhunderts in der heutigen Türkei. Aufgrund ihres Glaubens wurde sie von ihrem Vater in einem Turm eingesperrt und umgebracht. Auf dem Weg in den Turm verfing sich ein kleiner brauner Zweig in ihrem Gewand. Diesen Zweig stellte sie in Wasser. Als sie den Turm verlassen musste, begann er zu blühen. Heute ist es verbreitet, dass wir am Barbara­tag Kirschzweige in eine Vase mit Wasser stellen. Verliebte ritzen in den Stamm den Namen ihres Geliebten. Wenn er zu Weihnachten erblüht, dann wird geheiratet – so die Hoffnung. Chefredakteurin Sophie Lauringer empfiehlt, die Zweige in einer Winternacht (um Null Grad) ins Freie  oder für einen Tag in den Gefrierschrank zu legen. Wenn die Zweige einmal durchgefroren sind, sollen sie zu Weihnachten erblühen.

Buchtipp:

Antje Peters-Reimann: Geschichten aus Floras Reich, Band 2, Hummelshain Verlag, 128 Seiten, ISBN: 978-3-943322-637, € 16,00.

Zur Buchbestellung

Autor:
  • Judith Winkler-Ebner
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