Wie die Bibel Hitze deutet

Glut und Gnade
Ausgabe Nr. 2
  • Leben
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Glut und Gnade: Die Bibel ist voll von Bildern und Geschichten, in denen Hitze eine wichtige Rolle spielt.
Glut und Gnade: Die Bibel ist voll von Bildern und Geschichten, in denen Hitze eine wichtige Rolle spielt. ©iStock/Alex_Vinci
Das Mosaik in der Basilika San Marco in Venedig zeigt Noah.
Das Mosaik in der Basilika San Marco in Venedig zeigt Noah. ©Wikimedia Commons/Anonymous Master/PD-old-70

Glühende Mittagshitze und Angst vor Hitzeschlag auf der einen Seite, göttlicher Schatten und erfrischende Gnade auf der anderen – in der Heiligen Schrift gibt es viele Bezüge zum Thema Hitze.

Bibelwissenschaftlerin Katrin Brockmöller erzählt uns, wie die Menschen des Alten und Neuen Testaments brütende Temperaturen erlebten und welche Hitze-Geschichten der Bibel besonders berühren. Biblisch angehauchte Rezepte laden zu kühlender Kulinarik.

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Hitze in der Bibel

Die Bibel ist voll von Bildern und Geschichten, in denen Hitze eine wichtige Rolle spielt. Die Negev-Wüste im Süden nimmt mehr als die Hälfte des heutigen Israel ein. Auch an der Küste zum Mittelmeer herrschen im Sommer heiße Temperaturen. „Hitze gehört in der Bibel ganz normal zum Alltag und sie ist Teil der Schöpfung“, sagt Katrin Brockmöller, Bibelwissenschaftlerin und Direktorin des Deutschen Katholischen Bibelwerks im Gespräch mit „Himmel & Erde“. 

Gottes Besuch in der Mittagshitze

Schon die ersten Israeliten kannten die Belastungen durch extreme Hitze sehr gut. In biblischen Geschichten wird die sengende Sonne als Teil des alltäglichen Lebens beschrieben. So sitzt Abraham während der Mittagshitze am Eingang seines Zeltes (Gen 18,1), als er göttlichen Besuch empfängt. Es heißt: „Der Herr erschien Abraham bei den Eichen von Mamre. Abraham saß zur Zeit der Mittagshitze am Zelteingang. Er blickte auf und sah vor sich drei Männer stehen. Als er sie sah, lief er ihnen vom Zelteingang aus entgegen, warf sich zur Erde nieder.“


„Ich stelle mir das so vor: Abraham sitzt im Schatten, er ist ein alter Mann und vielleicht ein bisschen schläfrig. Die Begegnung in der Hitze hat auch so etwas wie von verschiedenen Welten, wie zwischen Traum und Wirklichkeit“, kommentiert Katrin Brockmöller. Die Bibelstelle erzählt ebenso anschaulich, welche Energien in Abraham trotz seines fortgeschrittenen Alters und der ermüdenden Mittagshitze durch die Begegnung mit Gott freigesetzt werden: Er eilt dem Besucher entgegen und arrangiert in kürzester Zeit ein üppiges Mahl für den unerwarteten Gast. Doch damit nicht genug: Ein Jahr später wird Abrahams und Saras langersehntes Kind Isaak geboren.
 

Ein Dialog mit Gott – In der Hitze

Ein besonderes Wetterphänomen im Nahen Osten sind heiße, trockene Wüstenwinde. Ein solcher macht dem Propheten Jona zu schaffen, nachdem er sich östlich der Stadt Ninive hinsetzte (Jona 4,5–11). Hintergrund ist, dass Gott die Stadt Ninive nach der reuevollen Umkehr ihrer Bewohner verschont und mit Barmherzigkeit auf sie schaut. Dies ärgert Jona, der sich außerhalb der Stadt niederlässt. Es heißt: „Da ließ Gott, der HERR, einen Rizinusstrauch über Jona emporwachsen, der seinem Kopf Schatten geben und seinen Ärger vertreiben sollte. Jona freute sich sehr über den Rizinusstrauch. Als aber am nächsten Tag die Morgenröte heraufzog, schickte Gott einen Wurm, der den Rizinusstrauch annagte, sodass er verdorrte. Und als die Sonne aufging, schickte Gott einen heißen Ostwind. Die Sonne stach Jona auf den Kopf, sodass er fast ohnmächtig wurde. Da wünschte er zu sterben und sagte: Es ist besser für mich zu sterben als zu leben.“ 

Katrin Brockmöller meint dazu: „Jona ist der Hitze ausgeliefert. Wir würden sagen, er hat Angst, dass er einen Hitzeschlag bekommt. Dann kommt es zu einem Dialog zwischen Gott und Jona“. Gott nutzt diese Situation, um Jona seine Haltung der Fürsorge und Barmherzigkeit vor Augen zu führen. Er fragt Jona, warum er um die Pflanze trauert, die er nicht selbst gepflanzt oder gepflegt hat, während er gleichzeitig die Rettung der vielen Menschen und Tiere in Ninive nicht akzeptieren kann. Gott macht deutlich, dass seine Barmherzigkeit und Liebe allen Menschen gilt, auch denen, die sich von ihren bösen Wegen abwenden.

Ich werde niemals wieder alles Lebendige schlagen, wie ich es getan habe. Niemals, so lange die Erde besteht, / werden Aussaat und Ernte, / Kälte und Hitze, / Sommer und Winter, / Tag und Nacht ­aufhören.

(Gen 8,22)

„Bei Tag fraß mich die Hitze“

 An vielen Stellen der Bibel wird deutlich, dass Hitze zum täglichen Leben der Menschen gehörte. So klagt Jakob in seinem Streit mit seinem Schwiegervater Laban: „Bei Tag fraß mich die Hitze, der Frost bei Nacht“ (Gen 31,40) und beschreibt damit die harten Arbeitsbedingungen eines Hirten.
Aus dem Alltag der Menschen entnommen ist auch das Gleichnis vom Sämann im Markusevangelium, wo es heißt „Als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.“ (Mk 4,6) „Das ist einfach realistisch aus dem Leben gegriffen“, erklärt Katrin Brockmöller: „Wenn die Hitze kommt, dann braucht man einen guten Boden, sonst wächst es einfach nicht.“
 

Schutz vor der Hitze

Die Menschen der Bibel suchten auf verschiedene Weise Schutz vor der brütenden Sonne. „Das Wichtigste ist natürlich, dass man Dächer baut, Zelte aufschlägt oder sich im Schatten von Bäumen zurückzieht“, erläutert die Bibelwissenschaftlerin. Auch entsprechende Kleidung war wichtig: „Mit langen Ärmeln und einem Tuch auf dem Kopf war man auch vor Wind und Sand besser geschützt.“
 

Die Sommerresidenz des Herodes

Die Menschen der Bibel entwickelten verschiedene bauliche Strategien, um sich vor den oft extremen Temperaturen zu schützen. Bibelwissenschaftlerin Katrin Brockmöller erläutert: „Für die Wohlhabenden, wie König Herodes, bot sich die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Residenzen zu wechseln. Im Winter hat er den Palast in Jericho am Toten Meer bewohnt, wo es immer schön warm ist. Für die heißen Sommermonate, wenn die Temperaturen in Jericho auf unerträgliche 40 Grad steigen konnten, zog Herodes nach Jerusalem in seinen Zweitpalast.“


Für die normale Bevölkerung waren solche Ausweichmöglichkeiten nicht gegeben. Stattdessen passte man die Bauweise der Häuser an das Klima an. Brockmöller verweist auf archäologische Funde in Kafarnaum, wo man eine gut erhaltene Siedlungsanlage besichtigen kann: „Die Fenster sind im Orient sehr klein. Damit hat man versucht, die Hitze draußen zu lassen.“ Die Häuser eines Dorfes wurden meist als eine Art Insel eng aneinander gruppiert. „Durch dieses enge Aneinander-Stehen der Häuser konnte die Hitze durch die Mauern nicht durchbrennen.“
 

Hilfe gegen Hitze: Gott gibt Schatten

Biblische Texte vermitteln Hoffnung, dass der Mensch in Not nicht allein ist. Immer wieder finden sich Bilder der Erfrischung und des göttlichen Beistands „Es gibt berühmte Texte, in denen der Schutz vor der Hitze auch in Gebeten formuliert ist“, sagt Katrin Brockmöller. Berühmt ist Psalm 121, in dem es heißt: „Der HERR ist dein Hüter, der HERR gibt dir Schatten zu deiner Rechten. Bei Tag wird dir die Sonne nicht schaden noch der Mond in der Nacht. Der HERR behütet dich vor allem Bösen, er behütet dein Leben. Der HERR behütet dein Gehen und dein Kommen von nun an bis in Ewigkeit.“

Psalm 1 vergleicht einen Mann, der „Freude hat an der Weisung des Herrn“, mit einem „Baum, / der an Wasserbächen gepflanzt ist, / der zur rechten Zeit seine Frucht bringt / und dessen Blätter nicht welken.“ Lassen sich in den biblischen Texten Anknüpfungspunkte zum Thema Klimawandel oder Umweltbewusstsein finden? Brockmöller sieht durchaus Parallelen: „Die prophetische Kritik zielt immer darauf, dass die Menschheit es nicht geschafft hat, soziale Gerechtigkeit zu leben, sondern dass die Armen ausgebeutet werden und die Reichen immer reicher werden.“
 

Hitze, Dürreperioden und Klimakapriolen

Angesichts jährlich wiederkehrender Hitzewellen, Dürreperioden und Klimakapriolen erscheinen die Worte aus dem Buch des Propheten Joel (Joel 1,10ff) erstaunlich aktuell: „Vernichtet ist das Feld, der Ackerboden trauert; / denn vernichtet ist das Korn, vertrocknet der Wein, / versiegt das Öl. Die Bauern sind ganz geschlagen, / es jammern die Winzer; denn Weizen und Gerste, / die Ernte des Feldes ist verloren.  Der Weinstock ist dürr, der Feigenbaum welk. / Granatbaum, Dattelpalme und Apfelbaum, alle Bäume auf dem Feld sind verdorrt; / ja, verdorrt ist die Freude der Menschen.“


Katrin Brockmöller kommentiert: „Einerseits ist es ganz normal, dass es Zeiten der Hitze gibt – sie gehört zu den Abläufen der Natur, wenn sie aber zu übermäßig wird, wird es sehr schnell bedrohlich. Dann kann Gott zu der Kraft werden, die schützt, aber gleichzeitig kann es zeigen, dass Gottes Gegenwart nicht da ist, wenn übermäßige Hitze da ist oder dass die Menschen die Gegenwart verlassen haben, je nachdem, wie man das interpretiert.“
Die biblischen Texte zur Hitze erinnern uns daran, dass Extreme in der Natur schon immer Teil des menschlichen Lebens waren. Sie mahnen uns jedoch auch, sorgsam mit der Schöpfung umzugehen und die Zeichen der Zeit ernst zu nehmen. In Zeiten zunehmender klimatischer Herausforderungen können wir aus der Weisheit der Bibel schöpfen: Gemeinschaft, gegenseitige Unterstützung und ein respektvoller Umgang mit der Natur sind zentrale Werte, die uns durch schwierige Zeiten tragen können.  

Dr. Katrin Brockmöller ist katholische Theologin und Bibelwissenschaftlerin.
Dr. Katrin Brockmöller ist katholische Theologin und Bibelwissenschaftlerin. ©Katholisches Bibelwerk e.V.

Zur Person:

Dr. Katrin Brockmöller ist katholische Theologin und Bibelwissenschaftlerin. Seit 2014 leitet sie das Katholische Bibelwerk in Deutschland. „Die Lektüre der Heiligen Schrift lehrt Bewältigungskompetenzen, macht robust und ermutigt zu kritischen Urteilen“, ist die gebürtige Niederbayerin überzeugt.

Erfrischung an heißen Tagen mit biblisch angehauchten Speisen und ­Getränken:

Menthol ist entzündungs­hemmend und beruhigend.
Menthol ist entzündungs­hemmend und beruhigend. ©unsplash/mae mu

Kühlendes Minzewasser

Minze erfrischt durch das enthaltene Menthol, das unsere Sinneszellen aktiviert und ein Kältegefühl erzeugt. Zunutze machen kann man sich die kühlenden Eigenschaften der Minze in einem einfach zuzubereitenden Getränk.

 

Zutaten: 
ein Liter Wasser
zwei Bio-Zitronen
zwei Handvoll frische Minze 
Eiswürfel nach Geschmack
 

Zubereitung:
Die Zitronen waschen, eine davon in dünne Scheiben schneiden, diese in einen Wasserkrug geben und mit Wasser auffüllen. Die zweite Zitrone auspressen und den Saft dem Wasser hinzufügen. Minze waschen und ins Wasser geben, so dass sie davon bedeckt ist. Am besten mehrere Stunden im Kühlschrank ziehen lassen und kalt genießen.

Kalium unterstützt die Regulierung des Flüssigkeitshaushalts.
Kalium unterstützt die Regulierung des Flüssigkeitshaushalts. ©unsplash/monika borys

Wassermelonen-Feta-Salat

Wassermelonen wirken kühlend, weil sie viel Wasser enthalten, was den Körper hydratisiert und überschüssige Hitze reduziert. 


Zutaten (für 4 Personen als Vorspeise):
ein Kilogramm Wassermelone (reif)
zwei Jungzwiebeln
eine Handvoll frische Minze 
200 Gramm Fetawürfel
vier Esslöffel Olivenöl
Salz
Saft einer Zitrone
ein Esslöffel Honig

 

Zubereitung: 
Die Zutaten würfeln beziehungsweise zerkleinern und mit dem Dressing aus Öl, Zitronensaft, Salz und Honig vermischen. Im Kühlschrank circa 20 Minuten ziehen lassen und kalt servieren. Der Salat eignet sich auch als Hauptspeise. Dafür die Zutaten einfach verdoppeln und Brot dazu servieren.

Autor:
  • Portraitfoto von Agathe Lauber-Gansterer
    Agathe Lauber-Gansterer
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