Fünf Fragen an eine Festivalseelsorgerin
DonauinselfestRund 40 Festivalseelsorger und Festivalseelsorgerinnen sind am Wiener Donauinselfest vom 20. Juni bis 22. Juni 2025 auf der Donauinsel unterwegs und haben ein offenes Ohr für all jene, die mit ihnen sprechen möchten. Die Wienerin Sabine Kräutel-Höfer ist schon zum dritten Mal beim Wiener Donauinselfest ein bis zwei Tage als Seelsorgerin im Einsatz. Frau Kräutel-Höfer ist nun seit drei Jahren in der Personalentwicklung der Erzdiözese Wien tätig und war früher im Vikariat-Süd und in der Pfarre Brunn am Gebirge im Einsatz. Sie hat auch die Bibelpastoral geleitet und war in der Jungschar bei der Jungen Kirche angestellt. Wir haben Sabine Kräutel-Höfer einige Fragen gestellt...
Drei Themen für die Festivalseelsorgerin
Mit welchen Themen kommen die Menschen am häufigsten zu euch? Kannst du drei nennen?
Sabine Kräutel-Höfer: Die meisten fragen nach dem Weg, der Toilette oder einer bestimmten Bühne oder einem Act. Da ist es sehr hilfreich, dass wir einen Inselplan mit dem Programm darauf haben. Es ist gut, dass wir auch bei so kleinen organisatorischen Themen als AnsprechpartnerInnen da sein können.
In den letzten Jahren waren es aber vor allem Lebensthemen, die die Leute beschäftigt haben, wie Freundschaften, die zerbrechen oder Liebesbeziehungen die Enden oder Probleme mit den Eltern. Ich erinnere mich zum Beispiel sehr gut an einen Jugendlichen, der mir von seiner Wettsucht erzählt hat. Wir haben fast eine dreiviertel Stunde geredet und dann hat er erzählt, in welchen Dynamiken er feststeckt und wie das im Internet so einfach funktioniert, dass man schnell einmal mit dem Handy aufs Klo geht und am Klo wieder 1.000 Euro verzockt hat. Geld ist auch immer wieder ein großes Thema. Der Einstieg ist oft so, dass mir jemand erzählt: „Hast du schon gehört: Ein Red Bull kostet sieben Euro! Ich kann mir hier nichts leisten und alles kostet so viel.“ Das bemerke ich gerade bei jungen Menschen sehr stark.
Kommen zu euch zur Festivalseelsorge vermehrt jüngere Menschen? Wie alt waren dein jüngster und dein ältester Gesprächspartner bis jetzt?
Die jüngsten sind Jugendliche oder Kinder, die noch mit ihren Eltern unterwegs sind. Der Jüngste, der mit mir gesprochen hat, war ungefähr zehn Jahre alt. Dabei ging es vor allem darum, warum es so heiß ist, warum es den Klimawandel gibt und warum Gott nicht einschreitet und den Menschen und Tieren nicht hilft, dass sie weiter auf dieser Welt leben können. Viele Donauinselfest-BesucherInnen sind durchaus schon im rüstigeren Alter. Ich erinnere mich konkret an eine Frau, die mir erzählt hat, dass sie jetzt bald 70 Jahre alt wird. Sie hat mir über Enkelkinder erzählt und, dass diese nicht mehr in die Kirche gehen, aber dass sie gute Menschen sind und sie sich trotzdem freut. Sie glaubt, dass trotzdem viel von dem christlichen Glauben an ihre Enkel weitergegeben wurde, auch, wenn sie nicht mehr am Sonntag in die Kirche gehen.
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Viel zu tun für die Festivalseelsorgerin
Wieviel Leute kommen so im Schnitt an einem Festivaltag zu dir?
Es gibt hier einen Unterschied zwischen den stationären Festivalseelsorge-Teams, die hier am Stand bleiben und jenen die in Zweier-Teams unterwegs sind. Wir haben Schichten von jeweils vier Stunden und da sind es zirka 50 bis 100 Kontakte. Das reich von „Wo ist das Klo?“ bis hin zu „Ich muss dir erzählen, was mir gerade Schreckliches passiert ist.“
Wie man Festivalseelsorger oder Festivalseelsorgerin wird
Wie wird man Festivalseelsorger? Wie bist du Festivalseelsorgerin geworden?
Ich bin Pastoralassistentin und habe in der Erzdiözese Wien die Ausbildung gemacht. Es gibt eine Kurzschulung zur Festivalseelsorge. Dabei lernen wir, mit welcher Haltung wir den Festivalseelsorger-BesucherInnen begegnen sollen. Wir wollen niemanden missionieren, sondern wir sind selbst die Mission. Es geht darum, einfach für die Leute da zu sein. Wir hören zu und gehen mit. Gerade auch durch den Amoklauf in Graz, ist es wichtig zuzuhören und Hoffnung mitzugeben. Ich weiß nicht, welchen Glauben eine Person hat, die zu mir kommt. Das finde ich sehr gut. Manche haben vielleicht ein Kreuz als Halskette oder eine christliche Tätowierung, dann weiß man es, aber sonst finde ich es sehr gut, dass ich das nicht weiß und ich ihnen einfach als Menschen begegne, die da sind. Manchmal zeigt es sich im Gespräch, ganz oft geht es aber um die Themen des Lebens. Dann spielt der Glaube eine sehr untergeordnete Rolle. Wir sind für alle da. Für alle FestivalbesucherInnen, aber auch für die Menschen die hier arbeiten. Wir sind Teil des Awarness-Teams und tragen damit zum Gelingen des Festes bei.
Was war die bewegendste Erfahrung als Festivalseelsorgerin?
Ich erinnere mich an eine Gruppe von Jugendlichen, die extra aus der Steiermark mit einem Bus zum Donauinselfest gekommen sind. Sie waren noch recht jung. Es waren sieben bis acht Jugendliche. Zuerst haben nur zwei mit mir gesprochen und dann sind die anderen dazugekommen. Und dann ist da eine Stimmung entstanden, bei der ich gemerkt habe, dass es gut ist da zu sein und zu zuhören.
Bei einem anderen Gespräch ist ein Jugendlicher gekommen und hat erzählt, dass er immer wieder Suizid-Gedanken hat. Er hatte auch einen Zettel aus seiner Tasche gezogen, der schon sehr oft gefaltet war und auf den Notrufnummern darauf standen. Mit ihm zu reden und zu hören, wie er schon am Weg ist und dass ihm bewusst ist, dass es eine Situation ist, aus der er gerne ausbrechen möchte und ihn dabei zu bestärken war gut. Es war wichtig ihn zu fragen: „Was hilft dir in der Situation? Was tut dir gut? Was ist dir wichtig, wo du dranbleibst, auch wenn es dir wieder besser geht?“. Mit ihm zu reden, was ihm etwas Stabilität oder ein „Netz“ im Leben geben könnte, war sehr berührend für mich. Ich habe einfach so eine große Hochachtung gemerkt von dem Weg, den er schon gegangen ist. Und ihn einfach darin zu bestärken war schön.
Kontakt:
Festivalseelsorge Österreich
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Das Zelt der Festivalseelsorge befindet sich in der "Heute - die Tageszeitung Area" bei der Obi/Kronehit Electronic Music Bühne.