Zur Ermordung von Charlie Kirk
Ein toter Aktivist spaltet die USA
© Rod Lamkey
Eine schwarze Sonnenbrille verdeckt ihre Augen, als Erika Kirk die Gangway der Air Force Two hinunterschreitet. Donnerstag vergangener Woche war der erste öffentliche Auftritt der Witwe des erschossenen Aktivisten Charlie Kirk, einen Tag nach dem Mordanschlag auf ihren Mann in Utah. Begleitet wurde sie von US-Vizepräsident J.D. Vance und dessen Frau Usha. Vance ehrte mit dem Transport des Sarges im zweitwichtigsten Flugzeug des Landes das Anschlagsopfer, mit dem er persönlich befreundet war. Präsident Donald Trump erklärte zur bevorstehenden Beerdigung des zweifachen Vaters: „Ich fühle die Verpflichtung, dabei zu sein.“ Er teilte unterdessen die Verhaftung eines Tatverdächtigen mit. Trump verlieh Kirk posthum die Freiheitsmedaille des Präsidenten, eine der beiden höchsten zivilen Auszeichnungen der USA. Die „New York Times“ kommentierte: „Kirks christliche Anhänger trauern um ihn als Märtyrer“, und sie zitierte Pastor Jackson Lahmeyer aus Oklahoma: „Charlie starb für das, woran er glaubte; er starb für etwas, das größer war als er selbst.“ Lahmeyer hatte seinerzeit das Netzwerk „Pastors for Trump“ gegründet. „Wir hoffen und beten, dass Charlies Tod nicht umsonst war.“
Digitales Denkmal für Charlie Kirk
Inzwischen haben christliche Anhänger Kirks damit begonnen, in den sozialen Netzwerken dem Aktivisten des „Make America Great Again“ und Influencer mit Millionenreichweite ein digitales Denkmal zu setzen. Besonders abgerufen werden verbale Gefechte, die zeigen, dass hier Weltanschauungen und konträre Wertverständnisse aufeinanderprallten. „Wenn ich mein Gesicht schwarz anmale, dann bin ich trotzdem kein Schwarzer. Ich bin deshalb auch keine Frau, wenn ich mich als Mann als solche bezeichne“, lautet eine seiner Aussagen, die millionenfach abgerufen werden. Kirks Aussagen polarisierten. Unter anderem wurde ihm Rassismus vorgeworfen. Kirk hielt dagegen, er gebe nur die Fakten wieder. Der teils niedrige Bildungserfolg und hohe Kriminalitätsraten unter der afroamerikanischen Bevölkerung seien beispielsweise auch darauf zurückzuführen, dass 70 Prozent der schwarzen Väter ihre Familien verließen und lieber auf den Wohlfahrtsstaat vertrauten, statt ihren Kindern als starkes Vorbild zu dienen. Hier liege ein tiefes gesellschaftliches Problem. Um es lösen zu können, müsse man es aber erst einmal öffentlich aussprechen. Ähnlich provokant aus Sicht seiner Gegner behandelte Kirk auch andere Reizthemen wie Abtreibung, Migration, Waffenrecht, Transgender-Fragen oder den Umgang mit dem Islam. Oft begründete er dabei seine Position auch mit Bibelzitaten und rief die Jugend zur Umkehr zu Jesus auf.
Charlie Kirk: Gesicht des Kulturkampfs
In diesem Kulturkampf zwischen christlich-konservativ und links-„woke“ wurde Kirk damit zum bekanntesten und am meisten polarisierenden Gesicht der USA, als eine Art Martin Luther King von rechts. Sofort nach dem Mord setzte sich die Schlacht denn auch in den Reaktionen darauf fort. Auf Social Media trafen hämisch-schadenfrohe, oft unwürdige Kommentare linker User auf Verklärung und Rachefantasien von Anhängern Kirks.
Im konservativen Lager, das dank Kirk in den USA gerade dabei war, auch unter jungen Leuten immer mehr Zustimmung zu gewinnen, hinterlässt der Mord nun eine tiefe Lücke. Inzwischen berichten die US-Medien verstärkt auch über seine Ehefrau Erika. Der ehemaligen Basketballspielerin und Miss Arizona wird zugetraut, irgendwann nach der Trauerphase die Arbeit ihres Mannes fortzusetzen und vielleicht auch eine politische Rolle in Washington zu übernehmen. Den Bibelvers, den seine Frau wenige Stunden vor dem Mordanschlag postete, haben inzwischen rund 38 Millionen Menschen gelesen: Psalm 46,2: „Gott ist uns Zuflucht und Stärke, als mächtig erfahren, als Helfer in allen Nöten.“ Ihre Follower-Zahlen haben sich seit dem Mord verdoppelt.