Wenn der Papst ein Telegramm schickt
Staatsgrüße auf PapierDer Vatikan ist Weltmeister in der Bewahrung alter Traditionen – das gilt auch für die Formen der Verbreitung seiner Botschaften. Zwar nutzt er seit 1995 das Internet. Mit der weltweit anerkannten Domain „.va“ untermauert er auch im globalen Datennetz seine Souveränität. Und längst gehören E-Mails, Videobotschaften auf Youtube und Posts auf Netzwerken wie X zu den Kommunikationswegen des Papstes. 19 Millionen Follower hat allein der englischsprachige X-Account mit der Kennung @pontifex, auf Instagram sind es über 14 Millionen.
Doch daneben nutzt der Vatikan auch weiterhin ältere Formen der Kommunikation, etwa bei der Diplomatenpost und der Überbringung sogenannter Verbalnoten, formeller diplomatischer Mitteilungen zwischen Staaten oder internationalen Organisationen. Manche davon werden bis heute über Kuriere überbracht – was die Kommunikation langsamer, aber auch diskreter und sicherer macht.
Im Vatikan hat das Telegramm überlebt
Eine weitere altertümliche Kommunikationsform ist das päpstliche Telegramm. Anders als in Österreich, wo das letzte Telegramm schon Ende 2005 zugestellt wurde, hat diese Form der Übermittlung im Vatikan bis heute überlebt. Beim vatikanischen Postamt können weiterhin Telegramme aufgegeben werden, und auf der Internetseite der Vatikan-Post kann man bequem private Telegramme auf den Weg bringen, die ausgedruckt und archivierbar beim Empfänger ankommen.
Auch der Papst höchstselbst verschickt Telegramme, und das ganz amtlich und nicht gerade selten. Meist geschieht dies über den Kardinalstaatssekretär (dessen Staatssekretariat ist mit dem Bundeskanzleramt vergleichbar) und betrifft Beileidsbekundungen des Kirchenoberhaupts nach Todesfällen oder Katastrophen.
Ein Telegramm vom Papst persönlich
Das liest sich dann so: „Tief betrübt über die Tragödie, die ein Flugzeug der Air India bei Ahmedabad betraf, übermittelt seine Heiligkeit den Familien und Freunden der ums Leben Gekommenen seine tief empfundene Anteilnahme und versichert, dass er für alle betet, die an den Bergungen beteiligt sind. Zugleich empfiehlt er die Seelen der Verstorbenen der Gnade des Allmächtigen … Kardinal Pietro Parolin – Staatssekretär.“
Bemerkenswert dabei nicht nur der eigenartige Stil mit Bandwurmsätzen und vielen Partizipien, der sich in den 60 Jahren seines Bestehens kaum geändert hat, sondern auch die Form, denn das Telegramm wird mit den charakteristischen Großbuchstaben geschrieben.
Die zuständigen Mitarbeiter im Staatssekretariat achten bei der Formulierung peinlich genau auf religiöse und diplomatische Empfindlichkeiten. Während in Telegrammen an christliche Staatsoberhäupter überflogener Länder auch gerne mal die christlichen Werte beschworen werden, ist in Telegrammen an muslimische Staatsoberhäupter abstrakt vom „Allmächtigen“ die Rede – damit die Adressaten sich nicht vor den Kopf gestoßen fühlen. Adressat bei derartigen Schreiben ist meist der für das betroffene Gebiet zuständige Bischof oder das jeweilige Staatsoberhaupt.
Telegramme beim Überflug
Letztere erhalten auch stets einen Gruß, wenn der Papst ihr Land bei einer seiner internationalen Reisen überfliegt. Seitdem Paul VI. am 4. Jänner 1964 als erster Papst ein Flugzeug bestieg, um in ein fernes Land zu fliegen, gibt es das in dieser Form: Das Staatssekretariat hat vorab das Grußtelegramm verfasst. Dieses erreicht – damals noch per Fernschreiber, heute meist per E-Mail – das Präsidialamt des überflogenen Landes.
Zusätzlich verbreitet der Vatikan diese Staatstelegramme über die Medien. Als Papst Franziskus 2014 und 2023 China überflog, nutzte er diese Form der Höflichkeit als bemerkenswerten Kontakt zu einem Land, mit dem der Heilige Stuhl keine diplomatischen Beziehungen unterhält.
Besonders warmherzig und oft blumig fallen Papst-Telegramme an den italienischen Staatspräsidenten aus. Das bislang letzte dieser Art schickte Papst Franziskus im Dezember 2024 an Sergio Mattarella, als er für eine kurze Reise nach Korsika italienisches Staatsgebiet überflog. Es endete mit „inbrünstigen Segenswünschen für das geliebte Italien“, dem die Päpste als Bischöfe der Hauptstadt Rom stets besonders verbunden sind – ganz egal aus welchem Land sie selbst stammen.
Diplomatisch gut eingespielt
Noch ist unklar, ob und wie Papst Leo XIV. die antiquiert anmutende, aber diplomatisch gut eingespielte Form der Kommunikation durch Staatstelegramme bei seinen Auslandsreisen fortsetzen wird. Der gebürtige Chicagoer ist der erste Papst, der als Bischof und Kardinal selbstständig E-Mails schrieb und der sein Smartphone nicht bloß zum Telefonieren benutzt. Obwohl er also ein Papst des Internet-Zeitalters ist, wird allgemein erwartet, dass er die mehr als 150 Jahre alte Form der Kommunikation über Telegramme beibehalten will.
Leo XIV. hat für seine erste Auslandsreise übrigens zwei anspruchsvolle Ziele ausgewählt. Vom 27. bis zum 30. November will er in der Türkei sein. Von dort geht es weiter in den Libanon, wo er ebenfalls knapp vier Tage verbringen wird. Die Rückkehr nach Rom ist für den 2. Dezember geplant.
Leica von Papst Franziskus wird in Wien versteigert
Am 22. November wird in Wien ein außergewöhnliches Stück Technikgeschichte versteigert: eine eigens für Papst Franziskus angefertigte Leica- kamera mit der Bezeichnung Leica M-A. Die weiße Kamera samt Gravur der Schlüssel Petri wurde dem Pontifex im Jahr 2024 vom Kamerahersteller überreicht. Franziskus entschied, das Kameraset zugunsten von Bedürftigen versteigern zu lassen. Der Erlös kommt den Angaben zufolge einer Wohltätigkeitsorganisation zugute.
Die Kamera hat zahlreiche Besonderheiten: eine weiße Belederung sowie Gravuren mit dem päpstlichen Wappen und Franziskus‘ Wahlspruch „Miserando atque eligendo“ („Aus Barmherzigkeit erwählt“). Die exklusive Seriennummer 5.000.000 unterstreicht den Seltenheitswert der Kamera.
Der Ausrufungspreis für die Auktion, die im Wiener Hotel Imperial durch das Auktionshaus Leitz Photographica Auction durchgeführt wird, liegt bei 30.000 Euro. Vorangebote können ab dem 22. Oktober hier abgegeben werden. Ob Franziskus die Kamera selbst genutzt hat, ist nicht bekannt.