Prophetinnen in der Bibel

Bibel-Pfad 2024
Ausgabe Nr. 39
  • Theologie
Autor:
Schwacher Mann, starke Frau: Die Richterin und Prophetin Debora muss den  zögernden Heerführer Barak ermutigen, in den Kampf zu ziehen.
Schwacher Mann, starke Frau: Die Richterin und Prophetin Debora muss den
zögernden Heerführer Barak ermutigen, in den Kampf zu ziehen.
©Irene Unger
Ein biblischer Streifzug mit dem Schwerpunkt Prophetinnen, als Hinführung zum „Bibelpfad“ am 27. September in Wien.
Ein biblischer Streifzug mit dem Schwerpunkt Prophetinnen, als Hinführung zum „Bibelpfad“ am 27. September in Wien. ©pixabay
Es gibt im Alten und im Neuen Testament auch Prophetinnen.
Es gibt im Alten und im Neuen Testament auch Prophetinnen. ©pixabay

Propheten wie Jesaja oder Ezechiel, Mose oder Amos sind bekannt. Aber es gibt im Alten und im Neuen Testament auch Prophetinnen. Gleich zwei Kapitel des Richter-Buches handeln von der Prophetin Debora. Ein biblischer Streifzug als Hinführung zum „Bibelpfad“ am 27. September in Wien.

Nur wenige Frauen werden im Alten und im Neuen Testament als Prophetinnen bezeichnet. Eine berühmte Prophetin ist Mirjam, die Schwester des Mose und des Aaron, die nach dem Durchzug durch das (Rote) Meer äußerst aktiv wird (Buch Exodus 15,20) und den Siegeszug anführt: „Die Prophetin Mirjam, die Schwester Aarons, nahm die Pauke in die Hand und alle Frauen zogen mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her.“

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Bekannte Prophetinnen: Als Debora einen Heerführer motivierte

Die umfangreichste und wohl schönste Erzählung über eine Prophetin findet sich in den Kapiteln 4 und 5 des Richter-Buches. Es handelt sich um jene Zeit, als das Volk Israel nach dem vierzigjährigen Aufenthalt in der Wüste endlich in das gelobte Land Kanaan einzog und es – Phase um Phase – mühsam in Besitz nahm. Damals gab es Richter wie Gideon oder Simson und die Richterin Debora. Ihr Name lautet übersetzt: „Biene“. Richter hatten weniger eine juristische Aufgabe zu erfüllen, vielmehr waren sie charismatische Führer mit einer administrativ-politischen Funktion. Die Ausgangslage: Die Israeliten wurden vom Heerführer Sisera „zwanzig Jahre lang grausam unterdrückt“. Sisera war dem Jabin, dem König von Kanaan, unterstellt. „Damals war Debora, eine Prophetin, die Frau des Lappidot, Richterin in Israel. Sie hatte ihren Sitz unter der Debora-Palme zwischen Rama und Bet-El im Gebirge Efraim und die Israeliten kamen zu ihr hinauf, um sich Recht sprechen zu lassen“, weiß das Buch der Richter. Die starke Richterin Debora sandte hin und rief Barak, den Sohn Abinoams aus Kedesch-Naftali, herbei.

Prophetinnen in der Bibel

Zweite Buch der Chronik und das Zweite Buch der Könige (22,14) kennen auch eine namentlich bekannte Prophetin, die Rat erteilt: „Da gingen der Priester Hilkija, Ahikam, Achbor, Schafan und Asana zur Prophetin Hulda. Sie war die Frau Schallums, des Sohnes Tikwas, des Sohnes des Harhas, des Verwalters der Kleiderkammer, und wohnte in Jerusalem in der Neustadt. Die Abgesandten trugen ihr alles vor.“ Von einer nicht wohlgesonnenen Prophetin weiß das Buch Nehemia (6,14), über die Nehemia klagt: „Mein Gott, vergiss dem Tobija und dem Sanballat nicht, was sie getan haben, auch nicht der Prophetin Noadja und den übrigen Propheten, die mir Angst machen wollten.“ Eine weitere Prophetin kennt der Prophet Jesaja (8,3): „Dann nahte ich mich der Prophetin, sie wurde schwanger und gebar einen Sohn.“ Im Neuen Testament wird die Prophetin Hanna genannt (Lukasevangelium 2,36): „Damals lebte auch Hanna, eine Prophetin, eine Tochter Penuëls, aus dem Stamm Ascher. Sie war schon hochbetagt.“ Die Apostelgeschichte (Kapitel 21, Verse 8–9) berichtet, dass Philippus, einer von den Sieben, vier Töchter hatte – „prophetisch begabte Jungfrauen“. Äußerst negativ gezeichnet wird das Wirken einer Frau in der Offenbarung des Johannes (2,20): „Aber ich habe gegen dich, dass du Isebel, eine Frau, gewähren lässt; sie gibt sich als Prophetin aus und lehrt meine Knechte und verführt sie, Unzucht zu treiben und Götzenopferfleisch zu essen.“
 

Debora, eine Prophetin und Richterin in Israel,  hatte ihren Sitz unter der Debora-Palme. 

Prophetinnen in der Bibel: Debora

Sie sagte zu ihm: „Befiehlt der HERR, der Gott Israels, nicht: Geh hin, zieh auf den Berg Tabor und nimm zehntausend Mann von den Naftalitern und den Sebulonitern mit dir? Ich werde Sisera, den Heerführer Jabins, mit seinen Wagen und seiner Streitmacht zu dir an den Bach Kischon lenken und ihn in deine Hand geben.“ Und der Mann agierte zurückhaltend angesichts dieser Aufgabe, denn Barak sagte zu Debora: „Wenn du mit mir gehst, werde ich gehen; wenn du aber nicht mit mir gehst, werde ich nicht gehen.“ Debora sagt ihm ihr Mitgehen zu, macht ihn aber sofort darauf aufmerksam, dass nicht er, Barak, den Feldherrn Sisera töten werde, sondern eine Frau. Debora sagte: „Ja, ich gehe mit dir; aber der Ruhm wird auf dem Weg, den du gehen wirst, dann nicht dir zuteil, sondern in die Hand einer Frau wird der HERR Sisera ausliefern. Und Debora machte sich auf und ging zusammen mit Barak nach Kedesch. Barak rief Sebulon und Naftali in Kedesch zusammen und zehntausend Mann folgten ihm auf den Tabor hinauf. Auch Debora ging mit ihm. Als man nun Sisera meldete, dass Barak, der Sohn Abinoams, auf den Berg Tabor gezogen sei, beorderte Sisera alle seine Wagen – neunhundert eiserne Kampfwagen – und das ganze Kriegsvolk, das er bei sich hatte, von Haroschet-Gojim an den Bach Kischon. Da sagte Debora zu Barak: Auf! Denn das ist der Tag, an dem der HERR den Sisera in deine Hand gegeben hat. Ist nicht der HERR vor dir her ausgezogen? Barak zog also vom Berg Tabor herab, zehntausend Mann hinter sich. Und der HERR brachte Sisera, alle seine Wagen und seine ganze Streitmacht mit scharfem Schwert vor Barak in große Verwirrung. Sisera sprang vom Wagen und floh zu Fuß. Barak verfolgte die Wagen und das Heer bis nach Haroschet-Gojim. Das ganze Heer Siseras fiel unter dem scharfen Schwert; nicht ein einziger Mann blieb übrig.“
 

Eine Frau bereitet einen Mord vor

„Sisera war zu Fuß zum Frauenzelt der Jaël, der Frau des Keniters Heber, geflohen.“ Jaël bedeutet „Wildziege“ und stand im Alten Orient auch als Bezeichnung für eine sehr schöne Frau. Sie „trat heraus, Sisera entgegen, und sagte zu ihm: Kehr ein, Herr, kehr ein bei mir, hab keine Angst! Da kehrte er ein bei ihr im Zelt und sie deckte ihn mit einem Teppich zu. Er sagte zu ihr: Gib mir doch etwas Wasser zu trinken, ich habe Durst. Sie öffnete einen Schlauch mit Milch und gab ihm zu trinken; dann deckte sie ihn wieder zu. Er sagte zu ihr: Stell dich an den Zelteingang, und wenn einer kommt und dich fragt: Ist jemand hier?, dann antworte: Nein.“ Und dann brach die Frau das heilige Recht der Gastfreundschaft. Denn Jaël holte einen Zeltpflock, „nahm einen Hammer in die Hand, ging leise zu Sisera hin und schlug ihm den Zeltpflock durch die Schläfe, sodass er noch in den Boden drang, während er erschöpft in tiefem Schlaf lag. So fand Sisera den Tod.“ Barak, der Sisera nachjagte, traf dann auf Jaël. Sie „trat heraus, ihm entgegen, und sagte zu ihm: Komm, ich zeige dir den Mann, den du suchst. Er ging mit ihr hinein; Sisera lag tot, den Pflock in seiner Schläfe.“

Wasser erbat er, Milch gab sie, in einer prächtigen Schale reichte sie Sahne.

Debora, die „Mutter in Israel“

Gemeinsam stimmten dann die Prophetin und Richterin Debora und der israelitische Heerführer Barak ein Siegeslied an, von dem das ganze Kapitel 5 des Richter-Buches berichtet. Dabei steht das Engagement der Debora im Mittelpunkt: „Dass Führer Israel führten und das Volk sich bereit zeigte, dafür preist den HERRN! Hört, ihr Könige, horcht auf, ihr Fürsten!“ So wird Debora besungen: „Bewohner des offenen Landes gab es nicht mehr, es gab sie nicht mehr in Israel, bis du dich erhobst, Debora, bis du dich erhobst, Mutter in Israel.“ Und weiter: „Wach auf, wach auf, Debora! Wach auf, wach auf, sing ein Lied! Erheb dich, Barak, führ deine Gefangenen heim.“ Inmitten einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft werden die Heldentaten zweier Frauen besungen, auch der Himmel wird in den Krieg gegen den übermächtigen Feind eingespannt: „Vom Himmel her kämpften die Sterne, von ihren Bahnen aus kämpften sie gegen Sisera.“ 
 

Wenn Frauen zur Kriegsbeute werden 

Auch die Heldentat der Jaël wird nochmals in Erinnerung gerufen: „Gepriesen sei Jaël unter den Frauen, die Frau des Keniters Heber, gepriesen unter den Frauen im Zelt. Wasser erbat er, Milch gab sie, in einer prächtigen Schale reichte sie Sahne. Ihre Hand streckte sie aus nach dem Pflock, ihre Rechte nach dem Hammer der Arbeiter. Sie hämmerte auf Sisera ein, zermalmte sein Haupt, zerschlug, durchbohrte seine Schläfe. Zwischen ihren Füßen brach er in die Knie, stürzte, lag da, zwischen ihren Füßen brach er in die Knie, stürzte. Wo er in die Knie brach, da lag er vernichtet.“ Das Siegeslied der beiden erinnert auch an die Brutalität der Kriege, damals wie heute, wonach die Gefangenen – meist Frauen – wie die übrige Beute einfach verteilt oder gar vergewaltigt werden. So singen Debora und Barak: „Durch das Fenster blickte Siseras Mutter und klagte durch das Gitter: Warum säumt sein Wagen zu kommen, warum zögert der Hufschlag seiner Gespanne? ... Sicher machen und teilen sie Beute, ein, zwei Frauen für jeden Mann, bunte Tücher als Beute für Sisera, als Beute Buntgewirktes, ein buntes Tuch, doppelt Buntgewirktes für meinen Hals zur Beute.“ Die große Leistung der Prophetin Debora zeitigte Früchte, weil sie den eher zaghaften und zaudernden Barak motivieren konnte, in den Krieg zu ziehen. „Dann hatte das Land vierzig Jahre lang Ruhe“, weiß das Buch der Richter. 

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Schlagwörter
Autor:
  • Stefan Kronthaler
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