Pfingsten: „Geburtstag“ der Kirche
PfingstenNach mehr als 25 Jahren Tätigkeit in den Bereichen Personalentwicklung, Kommunikation und Medien in der Diözese Graz-Seckau schuf Georg Plank ab 2014 den Begriff „Pastoralinnovation“. Gegenüber dem SONNTAG erklärt der selbstständige Unternehmensberater sein mutmachendes und innovatives Konzept.
Pfingsten als Ursprung der Kirche
Wie lässt sich das Programm der „Pastoralinnovation“ in wenigen Sätzen beschreiben?
GEORG PLANK: Bei der Gründung lagen mir die Menschen am Herzen, die sich in der Kirche engagieren, egal, ob in Pfarrgemeinden, in Ordenseinrichtungen, in der Bildungsarbeit oder in der Caritas. Diese Menschen verdienen mehr Unterstützung. Oft leiden sie darunter, dass ihre Bemühungen kaum erfolgreich sind. Viele haben jahrelang Rückschläge erlebt. Oft müssen sie sich für ihr kirchliches Engagement rechtfertigen. Was tun wir? Wir vermitteln einfache und verständliche Erkenntnisse und Werkzeuge aus der modernen Innovationsforschung, damit gute Arbeit mehr und vor allem auch gute Früchte bringt, Früchte im Geist des Evangeliums. Besonders ist bei Pastoralinnovation die Kombination von Innovationsexpertise mit theologischen und geistlichen Prinzipien.
Wie kann unsere Kirche hierzulande kreativ, inspiriert und kompetent erneuert werden?
Diese Frage bewegt Gott sei Dank viele. Es gibt viele Antworten darauf, aber oft übersehen wir, wie viel wir dazu von anderen lernen können. Jedes kleine Unternehmen oder jeder Verein wird nur dann Zukunft haben, wenn sie bestimmte Gesetzmäßigkeiten beachten. Zum Beispiel, was eine gesunde Kultur ausmacht und wie man sie entwickeln kann. Oder wie man Traditionen ernst nehmen und mit Innovationen auffrischen kann. Oder was es bedeutet, Wirkungen ehrlich auszuwerten. Denn gut gemeint reicht bekanntlich nicht, es muss auch gut gemacht werden und dann hoffentlich gut wirken. Letzteres ist immer die Gnade, die auf uns Menschen aufbauen will.
„Manche sind kreativer geworden, viele allerdings noch phantasieloser.“
Georg Plank
Die Kirche nach der Pandemie
Vereinfacht gesagt, herrscht seit der Corona-Pandemie mancherorts eine Phase des kirchlichen Stillstands. Warum wagen wir so wenig Neues?
Die Pandemie hat Trends verstärkt. Manche sind noch mutiger und kreativer geworden. Viele allerdings noch phantasieloser. Daher klammern sie sich an Bisheriges, auch wenn es offensichtlich nicht mehr funktioniert. Neues wagen können wir dann, wenn wir wie Maria und die Jünger von der Geistkraft Gottes erfüllt werden. Dann verwandeln sich Angst in mutiges Zeugnis, Verschlossenheit in Offenheit und Vorurteile in neues Verständnis.
Warum helfen tiefes Gottvertrauen, theologische Reflexion und fachspezifische Erkenntnisse anderer Wissenschaften?
Es ist genau diese Kombination, mit der gläubige Menschen einen Unterschied in allen Bereichen dieser Welt machen können, innerhalb und außerhalb der Kirchen. Oft ermutige ich, so gut arbeiten zu wollen wie gute Handwerker. Dieser Gedanke kann hilfreich sein, egal, ob man einen Elternabend gestaltet, ein Trauercafé gründet oder eine Finanzsitzung leitet.
Weg vom Ist zum Soll
Sie sprechen von „Innovation“ und meinen damit Erneuerung. Wie kann es gelingen, dass – biblisch gesprochen – mehr Früchte wachsen?
Zunächst müssen die Beteiligten wissen, was sie überhaupt erreichen wollen. Was ist das Ziel der Erstkommunion? Oder des Umbaus des Altarraums? Oder des Entwicklungsprojektes in einem Partnerland? Was meint man also konkret mit Früchten? Dann bedarf es einer wertschätzenden und zugleich schonungslosen Analyse des Istzustandes. Im dritten Schritt erst wird der konkrete Weg vom Ist zum Soll entwickelt. Das beinhaltet sowohl unfruchtbar Gewordenes zu verabschieden, als auch für Neues zu begeistern.
Warum trägt auch ein geschäftiges pastorales „Zu-viel-zu-schnell-und-zu-laut“ kaum Früchte?
Das kann doch nicht funktionieren, davon bietet die „Welt“ genug und immer mehr Menschen spüren diesen Suchtcharakter des ständigen „Mehr“. Kirchliche Orte und Initiativen sollten als positive Gegenkultur wahrgenommen werden, weil sie eine gesunde Balance zwischen kreativer Muße und herzhaft-kompetentem Handeln anbieten.
Pfingsten der Geburtstag der Kirche
Beachten wir genug, dass die Steigerung von „gut“ einfach „besser“ ist und nichts mit „viel“ oder „mehr“ zu tun hat? Sind wir bereit genug für ein „Besserwerden“?
Da und dort gelingt das, aber generell sind wir da zu weltlich geworden. Viel wird automatisch als gut bewertet und mehr als besser. Von diesem Irrweg kann uns eine tiefe spirituelle Verwurzelung heilen. Die Sehnsucht, besser zu werden, meint mehr Liebe, mehr Versöhnung, mehr Trost oder mehr Gerechtigkeit. Denn jeder Mensch verdient ein würdevolles Leben. Wir dürfen uns also nicht zurücklehnen oder uns selbst genügen, es geht doch um das Reich Gottes für „alle“, wie Papst Franziskus immer betonte.
Wir feiern Pfingsten – den „Geburtstag“ der Kirche und die Sendung des Heiligen Geistes. Warum spielen der Heilige Geist und Pfingsten so eine geringe innerkirchliche Rolle?
Das frage ich mich auch. Wer vom Geist spricht, wird oft schubladisiert. Vielleicht sollten wir nicht nur die charismatische Dimension betonen, sondern auch die kreative, die praktische und vor allem auch die strukturelle. Die letzten Päpste haben das gewagt, und wir sollten da auch mutiger werden. Was das für Folgen hat, sieht man ja deutlich auf jeder Seite der mehr als abenteuerlichen Apostelgeschichte, aber auch bei allen Gründungsvätern und -müttern in der Kirchengeschichte. Sie alle strotzten von innovativem Geist.
Pfingsten und der Heilige Geist
Sie kommen in Ihrem Buch auch immer wieder auf die Sünde wider den Heiligen Geist zu sprechen. Was ist damit gemeint?
Als Menschen können wir frei entscheiden, letztlich auch gegen Gott. Dann sperren wir uns in unserer kleinen, oft sündhaften Welt ein. Dann kann selbst Gott nicht in und durch uns wirken, weil Liebe und Zwang unvereinbar sind. Aber wir sollten vorsichtig mit Urteilen sein, denn: „There is a crack in everything, that’s how the light gets in“ („Es gibt einen Riss in allem. So kommt das Licht herein“), wie schon Leonard Cohen ahnte. Durch das Thema Innovation habe ich viele Atheisten und Kirchenkritiker kennengelernt, die jedoch phantastische Initiativen wagen in einem Spirit, der für mich etwas Heiliges ausstrahlt.
„Kirchenmusik kann ein Wachstumsfaktor sein.“
Georg Plank
Eine attraktive Sonntagskultur
Wie können unsere Sonntagsgottesdienste bestehen angesichts der sonntäglichen Konkurrenz von Ausschlafenwollen, Sport, Brunchen und Ausflügen?
Das ist nicht so schwer, man muss es wirklich wollen und dann konkret lernen, wie das möglich ist. Und dann beginnt der lange und erfüllende Weg der Umsetzung. Ich besuchte gerade die „Rebuilt Conference“ unserer Partnerpfarre in Baltimore. Da kann man sehen, was alles möglich ist. In unseren LIVT-Kursen ist eine attraktive Sonntagskultur daher ein zentrales Thema. LIVT steht für „Leben, Inspirieren, Vitalisieren und Transformieren“.
Welche Bedeutung hat die Kirchenmusik für den Gottesdienst? Worauf kommt es da an?
Musik ist ein Begeisterungsfaktor. Das kann enthusiastisch oder meditativ sein. In der Liturgie wachsender Gemeinden sagen viele: Ich konnte nicht glauben, aber in der Musik erlebte ich plötzlich Gott. Das wusste schon Augustinus: Wer singt, betet doppelt. An dieser Frucht sollte sich Kirchenmusik vor allem messen, dann wird sie zum Wachstumsfaktor.
Beten wir genug?
Die Freude ist laut Galaterbrief eine Frucht des Heiligen Geistes: Beten wir genug um diese Früchte des Heiligen Geistes?
Die Freude war Hauptthema des Antrittsschreibens von Papst Franziskus, „Evangelii Gaudium“. Für mich war dieser geistvolle Text wie eine Programmatik für meine Gründung. Wie wunderbar ist es, wenn durch kirchliches Handeln diese Freude durch die Ritzen dringt. Beten wir genug? Ja und nein. Denn oft spüre ich ein tiefes Sehnen in mir. Auch das gilt vor Gott hoffentlich als Gebet.
Dürfen wir auch Fehler machen oder gar manchmal scheitern, um voranzukommen?
Wir dürfen nicht nur, wir müssen. In allen Innovationsgeschichten hören wir von Krisen, von Sackgassen und von Scheitern. Und wer die Bibel liest, trifft vom Anfang bis zum Schluss auf diese universelle Wahrheit: Der Weg zum Erfolg ist gepflastert mit Misserfolgen. Deshalb sage ich oft: Innovatoren sind nicht die Menschen mit den besten Ideen, sondern die, die nicht zu früh aufgeben.

Zur Person
Dr. Georg Plank ist Gründer der Pastoralinnovation.

Erneuerung ist möglich
Georg Plank, der Gründer von Pastoralinnovation, ist Theologe, Sozialmanager und Innovator aus Graz. Seit der Gründung von Pastoralinnovation legt er einen besonderen Schwerpunkt auf die Integration fachlicher Aspekte, theologischer Begründung und geistlicher Weisheiten. Dieses Lehr- und Lernbuch ist ein Hoffnungsspender in einer Zeit der innerkirchlichen Verunsicherung. Es will nicht den Untergang verwalten, sondern den Übergang innovativ gestalten.
Buchtipp: Georg Plank, Pastoralinnovation. Mit Kreativität, Inspiration und Kompetenz KIRCHE erneuern, Herder-Verlag, 256
Seiten, ISBN: 978-3-451-39436-2, EUR 26,80
Mehr dazu: pastoralinnovation.org