Neuanfang in Gaza

„Irgendwo müssen wir anfangen“
Ausgabe Nr. 42
  • Chronik
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Momente der Hoffnung: Die israelischen Geiseln sind frei.
Momente der Hoffnung: Die israelischen Geiseln sind frei. ©istock/mariloutrias

Nach rund zwei Jahren Krieg in Gaza haben Israel und die radikal-islamische Hamas einem Waffenstillstand zugestimmt. Der mithilfe mithilfe der USA, Ägyptens, der Türkei und Katars ausverhandelte Stufenplan sorgte für die Freilassung von Geiseln und Gefangenen auf beiden Seiten. Wie geht es weiter in der fragilen Situation?

Er ist das christliche Gesicht aus dem Krisengebiet, in dem seit wenigen Tagen die Waffen verstummt sind: Gabriel Romanelli, katholischer Pfarrer von Gaza-Stadt, rechnet damit, dass angesichts der schwierigen Lage dort jetzt manche Palästinenser versuchen werden, das Gebiet zu verlassen. Der italienischen Zeitung „La Repubblica“ sagte er: „Wir lieben unser Land, aber wie lange wird es dauern, bis wir neu anfangen können? Und unter welchen Bedingungen werden wir leben?“ Wichtig sei auch die Frage, wer das Land künftig regieren und die öffentliche Ordnung aufrechterhalten werde. 

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Gaza: An der Zeit, mit und nicht über die Palästinenser zu reden

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, ist froh über den Abschluss des Abkommens. Man sei aber „nicht naiv“ und wisse um die zahlreichen Hindernisse und Unwägbarkeiten: „Doch irgendwo müssen wir anfangen.“ Die Bekanntgabe des Abkommens habe neue Energie und eine neue Atmosphäre gebracht. Die Rolle der Kirche ist laut Pizzaballa neben der humanitären Hilfe, wo immer sie nötig ist, Begegnungen und Dialoge zu ermöglichen. Ein dauerhafter Frieden könne nur erreicht werden, wenn die Wurzeln des israelisch-palästinensischen Konflikts angegangen würden. Dabei müssten die Palästinenser dringend Teil des Plans für ihre Zukunft sein und dürften nicht ausgeschlossen werden. „Es ist an der Zeit, nicht über die Palästinenser zu sprechen, sondern mit den Palästinensern“, so der Kardinal, der als anerkannte Autorität gilt. Auch Papst Leo XIV. hat das Friedensabkommen als Hoffnungsfunken bezeichnet. Er ruft die Verhandlungsparteien auf, den Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden fortzusetzen.
 

Die Hilfe in Gaza läuft an

Mit dem Waffenstillstandsabkommen zwischen der Terrororganisation Hamas und Israel ist auch die humanitäre Hilfe der katholischen Kirche im Gazastreifen wieder aufgenommen worden, wie der lateinische Patriarch bestätigt. Hilfsorganisationen wie die Caritas bereiten eine Ausweitung der Hilfe in Gaza vor. „Unsere Kolleginnen und Kollegen vor Ort leisten seit Monaten Unglaubliches – sie behandeln Verwundete, versorgen Kranke und begleiten Trauernde“, so Alexander Bodmann, Vizepräsident der Caritas Österreich. „Gemeinsam mit der Caritas Jerusalem werden wir medizinische Hilfe, Nahrungsmittel und psychosoziale Unterstützung bereitstellen“.

 

Großangriff der Hamas

Der Krieg hatte mit dem Großangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 begonnen, bei dem nach israelischen Angaben 1.200 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Bei der anschließenden israelischen Militäroffensive sind nach Angaben der Gesundheitsbehörden bisher mehr als 67.000 Palästinenser gestorben. Die 20 noch lebenden israelischen Geiseln sind am vergangenen Montag nach 738 Tagen aus dem Gazastreifen freigekommen. Im Gegenzug erfolgte die Freilassung von 250 palästinensischen Sicherheitsgefangenen mit lebenslänglichen Haftstrafen sowie 1.700 Palästinensern. 

Kardinal Filoni: „Christen  bringen Hoffnung.“
Kardinal Filoni: „Christen bringen Hoffnung.“ ©Lambert Attila

Schwieriger Frieden in Gaza

 

Warum ist Frieden im Heiligen Land so schwer? „Die Antwort ist einfach und zugleich schmerzlich“, sagt  Kardinal Fernando Filoni, ehemaliger Vatikanbotschafter im Irak und als Großmeister des Ordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem ein Kenner der Region: „Viele glauben, die Heilige Stadt sei ihr exklusives Erbe. Juden, Christen und Muslime beanspruchen das Heilige Land für sich. Doch die Offenbarung Gottes ist für alle. Wenn wir das nicht verstehen, wird es keinen Frieden geben.“ Er plädiert für einen radikalen Perspektivwechsel, gerade mit Blick auf Jerusalem. „Die Heilige Stadt gehört nicht exklusiv den Juden, obwohl Jesus ein Jude war. Nicht den Christen, obwohl dort die Kirche geboren wurde. Und auch nicht den Muslimen. Die Heilige Stadt gehört allen – im gegenseitigen Respekt. Nur dann ist Zusammenleben möglich.“ Und speziell in Gaza seien Christen keine politische Kraft, sondern ein kleines Licht – aber gerade dieses Licht könne Hoffnung bringen. 

(sol)

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  • KAP/Red
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