Leo XIII.: Ein Papst mit vielen Facetten

Blick in die Kirchengeschichte
Ausgabe Nr. 20
  • Papst
Autor:
Leo XIII.
Leo XIII. ist ein Vorgänger von Papst Leo XIV. ©Wikicommons
Michaela Sohn-Kronthaler
Michaela Sohn-Kronthaler ist eine katholische Kirchenhistorikerin. Sie ist Professorin für Kirchengeschichte an der Universität Graz. ©Universität Graz

Der neugewählte Papst hat den Namen Leo XIV. angenommen. Mit dieser Namenswahl knüpft er an Papst Leo XIII. an. Dieser hat von 1878 bis 1903, also an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, die katholische Kirche geleitet.

Es war eine Zeit tiefgreifender Umbrüche, etwa in der Technik und Wissenschaft, eine Zeit großer Herausforderungen, man denke nur an die Folgen der industriellen Revolution auf sozialem Gebiet.

Ein Papstname ist immer auch Programm.

Das Pontifikat von Leo XIII. hat viele Facetten. Papst Leo XIII. ist vor allem bekannt wegen der ersten Sozialenzyklika „Rerum novarum“, der „Mutter der Sozialenzykliken“. Damit schuf der Papst 1891 die Grundlage der katholischen Sozialehre. Ein päpstlicher Beitrag zur Lösung der brennenden Frage, zu den Nöten der Arbeiterschaft war damals überfällig.

Einzelne Personen, etwa Adolf Kolping oder Anton Maria Schwarz mit der spezifischen Wiener Gründung der Kalasantiner haben im Vorfeld schon wesentliche Beiträge geleistet.

Doch Leo XIII. hat als erster Papst dieses Thema lehramtlich aufgegriffen, den Schutz der Arbeiter, die Koalitionsfreiheit und die vom Staat zu leistenden sozialen Verpflichtungen gefordert, Ansätze einer Strukturreform geschaffen.

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Leo XIV. nennt dieses bedeutungsvolle soziale Rundschreiben „Rerum novarum“ als einen Grund für seine Namenswahl.

Wenn man auf das Pontifikat von Leo XIII. blickt, ergeben sich anhand der biographischen Bezugspunkte von Leo XIV. weitere Verbindungslinien und Anklänge.

Erinnert sei an die von Leo XIII. verfasste Enzyklika „Inter graves“ (1894), gerichtet an die Bischöfe von Peru, beginnend mit den Worten „inmitten der vielen schweren Sorgen“. Es geht ihm um die Kirche in Peru, um die Erziehung, die Priesterausbildung, der Mission und eine gute Presse. Der neugewählte Papst Leo XIV. kennt die Kirche in Peru sehr gut, fast zwei Jahrzehnte wirkte er dort, in der Mission, in der Ordensausbildung und als Bischof.

Mission und Menschenrechte sind Themen bei Papst Leo XIII. und bei Papst Leo XIV.

Mission ist also ein konstitutives Element im Leben neugewählten Papstes Leo XIV. Die Förderung der kirchlichen Missionen war ebenso ein wichtiges Thema im Pontifikat von Leo XIII. Damals, Ende des 19. Jahrhunderts, traten verschiedene kirchliche Persönlichkeiten gegen Sklaverei und Menschen­handel auf und fanden in Papst Leo XIII. einen tatkräftigten Unterstützer.

Dieser stellte sich selbst an die Spitze der Bewegung und begrüßte in der Enzyklika „In plurimis“ (1888) die Abschaffung der Sklaverei in Brasilien. Unter Papst Leo XIII. wurden Missionsorden besonders gefördert. Er bestätigte die Gründung der St. Petrus-Claver-Sodalität (Gräfin Maria Theresia Ledochowska), die von Salzburg ausging. Leo XIII. ermöglichte wesentlich mit der Neuerrichtung von fast 300 Diözesen und Apostolischen Vikariaten die Weiterentwicklung der katholischen Kirche zu einer Weltkirche.

Der Papst in Bild und Ton oder im Internet

Leo XIII. war als Papst gegenüber technischen Neuerungen sehr offen. So gibt es von ihm als dem ersten Papst eine Filmaufnahme aus dem Jahr 1896, aus seinem Sterbejahr 1903 stammt die erste Tonaufnahme mit einem Phonographen. Leo XIII. betete auf Latein das Ave Maria.

Als Papst der Öffnung des Vatikanischen Geheimarchivs ging Leo XIII. in die Geschichte ein. Gelehrte ohne Unterschied von Konfession und Religion können dort seitdem ihre wissenschaftlichen Forschungen betreiben. Das Archiv – heute trägt es die Bezeichnung Vatikanisches Apostolisches Archiv – ist somit eine bedeutende Stätte der wissenschaftlichen Forschung.

Im Hinblick auf den damaligen Kulturkampf mit Preußen, der unter seinem Vorgänger Pius IX. begonnen hatte, setzte Leo XIII. deutliche Schritte der Aussöhnung.

Liebenswürdig und sympathisch

Angemerkt sei auch, dass Leo XIII. 1888 den Apostel Wiens, Klemens Maria Hofbauer, seliggesprochen hat. Und: Leo XIII. galt bei den Gläubigen als sehr liebenswürdiger, sympathischer Papst, der eine große Ausstrahlung besaß. Das hat auch der neue Papst Leo XIV. mit ihm gemeinsam.

Leo XIV. ließ sich also bei seiner Namenswahl von Papst Leo XIII. inspirieren. Dieser mag für ihn Leitfigur, ja Vorbild sein. Er wird den einen oder anderen Grundzug des Pontifikats von Leo XIII. übernehmen. Natürlich darf man nicht vergessen, dass Leo XIII. in manchen Fragen dem Denken seiner Zeit verhaftet war, etwa bei der Notwendigkeit des Kirchenstaats als weltliches Herrschaftsgebiet des Papstes. In der Theologie förderte er die Neuscholastik.

Leo XIV. ist nicht Leo XIII. Er wird Leo XIII. sicherlich „nicht völlig kopieren“. Leo XIV. wird durch sein Handeln und Wirken seinem Pontifikat gewiss eine eigene Prägung geben und seine eigenen Akzente setzen.

Autor:
  • Michaela Sohn-Kronthaler
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