„Freude in den Gesichtern der Kinder“
Interview mit Manuel Baghdi
Manuel Baghdi, 1961 in Syrien geboren, gehört der armenisch-katholischen Kirche an. Er wanderte nach dem Studium in Damaskus Ende 1989 nach Österreich aus. Der Vater von vier Kindern arbeitet seit 1996 mit Kardinal Christoph Schönborn zusammen, als Beauftragter für Flüchtlinge und als Nahostbeauftragter. Seit 1994 engagiert sich Baghdi im Verein „Bewegung Mitmensch – Maria Loley“, um Menschen in Not zu helfen. „Wenn in Österreich ein Flüchtling bei uns anklopft und um Hilfe bittet, springen wir ein und helfen, so gut wir können“, erzählt er.
Warum Baghdi Syrien verließ
Warum er von Syrien weggegangen ist? „Es waren die politischen Umstände, aber auch die Tatsache, dass ich mit den vielen Ungerechtigkeiten des Regimes nicht einverstanden war“, erzählt Baghdi. Für die christlichen Minderheiten im Land war es damals nicht leicht. „Und die meisten Staaten des Nahen Ostens sorgten für ethnische und religiöse Feindseligkeit unter der jeweiligen Bevölkerung, auch mittels Armut, um sich an der Macht zu halten“, sagt er: „Diese Diktaturen sperrten die Intellektuellen, die Studierenden, überhaupt die Regime-Gegner einfach ins Gefängnis. Als später so manche der Regime auch im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling stürzten, fehlten vielfach die Intellektuellen, nur die radikalen Islamisten waren die einzige vorhandene Macht.“ Mit verheerenden Folgen: So stürzten 2003 die Amerikaner die fürchterliche Diktatur des Saddam Hussein im Irak, allerdings übernahmen dann radikale Gruppen die Macht. Fast eineinhalb Millionen Christen flüchteten damals aus dem Irak. Ein gutes Beispiel sei hingegen mittlerweile Ägypten: „Hier leben jetzt alle Minderheiten und verschiedenen Religionen in Frieden“, weiß Baghdi. Und er lobt Österreich: „2015 nahm Österreich viele Flüchtlinge auch aus Syrien auf. Ich bin ein Zeuge dieser Zeit, Kardinal Schönborn hat ein großes Herz für Flüchtlinge, es war ihm ein großes Anliegen, zu helfen.“ Österreich habe „großartige Arbeit geleistet“, was Flüchtlinge betrifft. Baghdi: „So haben die zuständigen Beamten die Anträge individuell, aber auch schnell erledigt. Großartig waren auch die Kurse bis hin zur Integration.“
Baghdi: Christen sollen das Positive sehen und unterstützen
Jetzt, nach dem Sturz des Assad-Regimes, dürfe jedoch nicht vergessen werden, „dass es auch ethnische oder religiöse Minderheiten gibt, die nicht nach Syrien zurückkehren können oder dürfen, etwa die alawitische Gemeinde“. Baghdi: „Man muss Racheakte gegen Christen, Alawiten oder Kurden befürchten. Vor dem Aufstand gegen das Assad-Regime lebten an die 2,5 Millionen Christen in Syrien, mehrheitlich Orthodoxe. Ich bin in ständigem Kontakt mit vielen Patriarchen, Bischöfen und auch einfachen Menschen, Christen und Nicht-Christen. Natürlich gibt es auch schreckliche Nachrichten aus Syrien. Wir Christen sollen aber das Positive sehen und unterstützen.“ Die Hilfe für die Christinnen und Christen im Orient ist Kardinal Schönborn ein Herzensanliegen, weiß Baghdi. „Unser Motto hat der Kardinal immer so ausgedrückt: ,Wir werden nicht allen Menschen helfen können, nicht vieles ändern können, wir werden nicht Kriege stoppen können. Aber dort, wo wir gefragt sind, wo jemand bei uns anklopft, da sollen wir mit unseren besten Möglichkeiten helfen.‘“
„Wichtig ist, dass ich immer auch Schokolade und Geschenke für die Kinder mitbringe“, so Baghdi
Vor Weihnachten reiste Baghdi in den Libanon, mit Spendenmitteln von Kardinal Schönborn und der Badener Pfarre Sankt Stephan im Gepäck. Damit wurde 700 Kindern ein schönes Weihnachtsfest ermöglicht. Die Weihnachtsaktion war ein Gemeinschaftsprojekt des Kardinals mit der Pfarre Baden-Sankt Stephan sowie dem Seelsorgeraum Baden-Sooß. „Wichtig ist, dass ich immer auch Schokolade und Geschenke für die Kinder mitbringe“, berichtet Baghdi: „Und diese Freude in den Gesichtern dieser Kinder ist dann einfach unbeschreiblich.“

Radio-Tipp: Perspektiven
Ein Porträt von Manuel Baghdi hören Sie am 14. Februar um 17:30 Uhr auf ▶ radioklassik.at