Das ist Erzbischof Grünwidl

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Josef Grünwidl war vor seiner Ernennung zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese Wien noch nicht über die Diözesangrenzen hinaus bekannt.
Josef Grünwidl: „Ich möchte Seelsorger und Brückenbauer sein.“ ©St. Elisabeth Stiftung

Mit Josef Grünwidl hatte der Papst im Jänner einen Apostolischen Administrator für Wien ernannt. Eine Vorstellung des neuen Wiener Erzbischofs, der am 24. Jänner 2026 die Bischofsweihe im Stephansdom empfangen wird.

Sich in den Vordergrund zu drängen, war nie die Art des 62-Jährigen. Doch durch sein stilles Wirken in der Seelsorge hat er sich über Jahrzehnte bewährt und überzeugte damit nicht nur in der Erzdiözese, sondern offenbar auch Kardinal Christoph Schönborn.

Dieser hatte ihn einst zum Sekretär und später zum Bischofsvikar bestellt – und ihn dann wohl auch im Vatikan als Apostolischen Administrator empfohlen. Diesen Übergangsauftrag erfüllte der gebürtige Weinviertler in den vergangenen Monaten mit Bravour, womit er sich in den Augen der Kirchenleitung für höhere Aufgaben qualifizierte.

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Der neue Wiener Erzbischof stammt aus Hollabrunn

Josef Grünwidl wurde am 31. Jänner 1963 in Hollabrunn geboren und wuchs im nahegelegenen Wullersdorf auf, unweit des Benediktinerpriorats Maria Roggendorf. Nach der Matura am erzbischöflichen Aufbaugymnasium in Hollabrunn trat er 1981 ins Wiener Priesterseminar ein und studierte Theologie an der Universität Wien.

Gleichzeitig belegte er das Konzertfach Orgel an der Musikuniversität. Während eines Studienjahrs in Würzburg fiel die Entscheidung: „Musik bleibt mein Hobby, Priester wird mein Beruf.“ 1987 empfing er durch Weihbischof Helmut Krätzl die Diakonenweihe, 1988 folgte die Priesterweihe durch Kardinal Franz König.

Der seelsorgliche Weg von Erzbischof Grünwidl

Sein seelsorglicher Weg führte ihn zunächst als Kaplan nach Wien-Sankt Johann Nepomuk (ab 1988), dann als Kurat an die Dompfarre Wiener Neustadt (1991) und als Diözesanjugendseelsorger (1993) in die überregionale Arbeit.

Von 1995 bis 1998 war er Sekretär des frisch ernannten Erzbischofs Christoph Schönborn. Danach war Grünwidl viele Jahre Pfarrer in mehreren Gemeinden des südlichen Niederösterreichs, darunter Kirchberg am Wechsel, Feistritz, Sankt Corona und Trattenbach. 2007 wurde er Dechant, ab 2014 Pfarrer von Perchtoldsdorf.

2016 folgte die Wahl zum geschäftsführenden Vorsitzenden im Wiener Priesterrat, 2023 die Ernennung zum Bischofsvikar für das Vikariat Süd, 2024 zum Ehrenkanoniker des Stephansdoms.

Dialogbereiter Interimschef

Nach der Emeritierung von Kardinal Schönborn als Erzbischof von Wien wurde Grünwidl am 22. Jänner 2025 zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese Wien bestellt. Seine Aufgabe ist seither die interimistische Leitung der Erzdiözese inklusive Verwaltung, seelsorglicher und personeller Koordination, jedoch ohne langfristige Entscheidungen, um dem künftigen Erzbischof nicht vorzugreifen.

In dieser Phase profilierte sich Grünwidl als seelsorglich geerdeter Leiter, geschätzter Prediger und verständiger Gesprächspartner. Diözesanintern wurde sein zuhörender Führungsstil breit geschätzt.

Grünwidl schon früh als potentieller neuer Wiener Erzbischof gehandelt

Mit der Ernennung zum Übergangsleiter rückte Grünwidl auch in den Kreis potentieller Nachfolger von Kardinal Schönborn auf dem Bischofsstuhl.

Von Medien auf kirchliche „heiße Eisen“ angesprochen, zeigte sich das frühere Mitglied der Pfarrer-Initiative offen für Reformen. Er betonte, der Zölibat sei für ihn persönlich eine bewusst gewählte Lebensform, aber „keine Glaubensfrage“ – und sollte daher für Priester nicht zwingend vorausgesetzt werden.

Beim Thema Frauen in der Kirche ortete er „dringenden Klärungsbedarf“: Das Frauendiakonat sollte weiter diskutiert werden, auch eine Aufnahme von Frauen ins Kardinalskollegium wäre für ihn denkbar. Als Administrator nahm er gleich drei Frauen ins diözesane Leitungsteam auf.

©Erzdiözese Wien/Stephan Schönlaub

Informationen zum Amt des Erzbischofs

Der Diözesanbischof steht an der Spitze einer Teilkirche (Diözese). Damit ist er Mitglied des Bischofskollegiums und trägt gemeinsam mit dem Papst Sorge für die gesamte Kirche.

Bischöfe werden vom Papst ernannt. Das Bischofsamt ist die höchste Stufe des Weihesakramentes. Zuvor muss ein Bischof immer zum Diakon und dann zum Priester geweiht worden sein. Die Weihe zum Bischof erfolgt durch einen anderen Bischof.

Erzbischöfe stehen Diözesen mit besonderer Bedeutung – den Erzdiözesen – vor und haben die Leitung von Kirchenprovinzen inne. Eine Kirchenprovinz ist ein Verband mehrerer Diözesen der katholischen Kirche. In Österreich gibt es zwei Kirchenprovinzen: Wien und Salzburg.

Zur Wiener Kirchenprovinz gehören die Erzdiözese Wien sowie die Diözesen Sankt Pölten, Eisenstadt und Linz. Zur Salzburger Kirchenprovinz gehören die Erzdiözese Salzburg sowie die Diözesen Graz-Seckau, Gurk-Klagenfurt, Innsbruck und Feldkirch.

Mystik statt Kulturchristentum

Trotz aller Strukturfragen sieht Grünwidl die Zukunft der Kirche nicht primär darin, sondern in der geistlichen Erneuerung. Die Seelsorge brauche weniger Funktionäre, sondern vielmehr „Mystikerinnen und Mystiker“, so sein Credo. Wer kirchlich tätig sei, müsse zuerst das eigene geistliche Leben pflegen. Menschen mit „abweichender Lebensführung“ oder Glaubenszweifler sollten auf „ein liebendes Herz“ treffen, und statt oberflächlichem „Kulturchristentum“ brauche es eine persönliche Christusbeziehung sowie regelmäßiges Gebet, das Lesen der Heiligen Schrift und die Feier der Eucharistie. In einer Zeit, in der die Zugehörigkeit zur Kirche zunehmend zur bewussten Entscheidung werde, sei er für stärkere Begleitung und eine glaubwürdige Verkündigung: Das Evangelium sei „die beste Botschaft, in der es um Frieden, Versöhnung, Gemeinschaft und Hoffnung geht“.

Herausforderungen für den neuen Erzbischof

Die schrumpfenden personellen und finanziellen Ressourcen der Kirche sind Grünwidl bewusst, musste er doch schon als Pfarrer und Administrator damit haushalten.

Insbesondere beim Umgang mit kirchlichen Gebäuden plädiert er für behutsame, gemeindenahe Entscheidungen, die vom Erhalt über die Umwidmung bis zur möglichen Veräußerung reichen könnten. Die beste Lösung sei „eine lebendige Gemeinde, damit Kirchen im Dorf bleiben“ und weiterhin die spirituelle Grundversorgung sichern könnten. 

Zur Frage der Synodalität forderte Grünwidl bisher eine „heilsame Dezentralisierung“, müsse doch nicht jede einzelne Frage zentral in Rom entschieden werden. Neue Beratungs- und Entscheidungsformate könnten helfen, „kirchliche Schwerhörigkeit gegenüber dem Evangelium und den Lebensrealitäten“ zu überwinden.

Ob und in welcher Weise er sich künftig in politische Debatten einbringen wird, bleibt abzuwarten. Eine Kirche, „die ständig mit dem Zeigefinger zur Tagespolitik Stellung nimmt“, lehnt der künftige Erzbischof ab; wo es jedoch um Menschenwürde, Gerechtigkeit und den Schutz Benachteiligter gehe, seien klare Worte unbedingt geboten.

Neuer Erzbischof: Bergliebhaber und Organist

Ausgleich zum kirchlichen Alltag findet Grünwidl in der Natur, beim Wandern oder Musizieren. Musik war für ihn stets „Lebensmittel“ und „ein Weg zu Gott“, sei es am Klavier oder an der Orgel, berichtete er in einem Interview. Freunde bezeichnen ihn als feinsinnigen und humorvollen Menschen und geben an, er sei Fan von Loriot.

Zu seinen geistlichen Leitbildern zählen die Benediktsregel („Bete, arbeite und lies“) und die heilige Teresa von Ávila, deren Gottvertrauen und „zweite Bekehrung“ ihn besonders beeindrucken.

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  • KAP/Red
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