Das Comeback von Weihrauch und Räuchern
Wenn es nicht nur gut riechen soll
Die berühmtesten biblischen Nennungen des schon in der Antike geschätzten und schon damals wertvollen Weihrauchs finden sich im Alten wie im Neuen Testament. Im Buch Jesaja (Kapitel 60, Vers 6) heißt es: „Aus Saba kommen sie alle, Gold und Weihrauch bringen sie und verkünden die Ruhmestaten des HERRN.“ Und das Matthäusevangelium (Kapitel 2, Vers 11) berichtet: Die Sterndeuter „gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar.“
Wenn Gebete wie Weihrauch aufsteigen
Seit vielen Jahren kann durchaus von einem Comeback des Weihrauchs gesprochen werden. Zum einen durch das private Räuchern in den eigenen vier Wänden, zum anderen durch die Wiederentdeckung des Rituellen und Sinnlichen in den Gottesdiensten der Kirche. Weihrauch ist mehr als festlich und feierlich. Er steht auch für das (tägliche) Gebet. „Mein Bittgebet sei ein Räucheropfer vor deinem Angesicht, ein Abendopfer das Erheben meiner Hände“, heißt es bereits im Psalm 141, Vers 2. Und die Offenbarung des Johannes (Kapitel 8, Vers 4) weiß: „Aus der Hand des Engels stieg der Weihrauch mit den Gebeten der Heiligen zu Gott empor.“
Wie der wohlriechende Rauch zum Himmel aufsteigt, so steigen die Gebete der Gläubigen zu Gott auf. Der Seher von Patmos nennt den Weihrauch auch an anderer Stelle: „Die vier Lebewesen und die vierundzwanzig Ältesten fielen vor dem Lamm nieder; alle trugen Harfen und goldene Schalen voll von Räucherwerk; das sind die Gebete der Heiligen.“ (Offenbarung, Kapitel 5, Vers 8).
Weihrauch diente der kultischen Verehrung
Weihrauch diente immer auch der kultischen Verehrung: in den Gottesdiensten etwa durch die sogenannte Inzens, das „Beweihräuchern“ des Evangeliars, der verwandelten Gaben oder der Monstranz. Oder auch das „Beweihräuchern“ von Personen, die liturgische Dienste verrichten, wie auch der versammelten Gemeinde. Dass Weihrauch auch mit Reinigung zu tun hat, darauf verweist das räuchernde Umkreisen des Altars oder der Gaben auf dem Altar.
Weihrauch in den Raunächten – vom 21.12. bis zum 6.1.
Die reinigende und wohltuende Wirkung des Weihrauchs findet sich auch beim vornehmlich ländlichen „Ausräuchern“ von Haus und Hof. Heute kommen städtischerseits private Räucherrituale hinzu, wo Zimmer und Häuser unter anderem auch von schädlichen Einflüssen gereinigt werden sollen. Dabei ist der Unterschied des Duftes auch finanzieller Natur. Billige Räucherstäbchen aus dem Energetikerladen von nebenan riechen nun mal anders als Qualitätsweihrauch, der verbunden mit Räucherkohle edle Wohlgerüche erzeugt. Eine besondere Zeit des privaten Räucherns sind die sogenannten Raunächte zwischen der „Thomas-Nacht“ am 21. Dezember und Dreikönig, in der Nacht auf den 6. Jänner.
Räuchern und Raunächte
Das bis heute vielerorts gepflegte Brauchtum im Alpenraum mit seinen Ritualen im Jahreslauf stellt Christoph Frühwirth in seinem Buch „Magisches Räuchern und gestohlene Maibäume“ vor. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf dem traditionsreichen Bauernjahr und den unsere Gesellschaft bis heute prägenden kirchlichen Festkreisen wie Weihnachten und Ostern.
Buchtipp: Christoph Frühwirth, Magisches Räuchern und gestohlene Maibäume. Alpenländische Bräuche und Rituale im Jahreslauf, Servus-Verlag, 192 Seiten, ISBN: 978-3-7104-0375-0, EUR 26,00.
Empfehlung zu den Raunächten
Geschichten zu den sagenumwobenen Raunächten (zwischen dem 21. Dezember und dem 5. Jänner) aus verschiedenen Orten Österreichs und Anleitungen für Räucherrituale bieten die „Nächte zwischen der Zeit“.
Buchtipp: Christoph Frühwirth, Nächte zwischen der Zeit, Raunachtgeschichten und Räucherrituale, Servus-Verlag, 200 Seiten, ISBN: 978-3-7104-0264-7, EUR 22,90.