Wurlitzer a la Strauss
Anekdoten
Auch im Schottenstift findet sich so ein Stück, das um 1820 gebaut worden ist. Auf dem Kasten war eine Stockuhr befestigt, die durch Schnurzüge mit dem Spielwerk verbunden war und so zu bestimmten Zeiten das Flötenwerk auslöste. Die Grundausstattung umfasste in der Regel sechs Walzen. Der Stiftsautomat hat 28. Zunächst stand er im Speisezimmer, wo Gäste bewirtet wurden. Um 1900 wurde er ins Billardzimmer verlegt, und nach dem Zweiten Weltkrieg verliehen. Erst seit 2017 ist er wieder vollständig mit allen 28 Walzen im Stift.
Doch was hörte man so im 19. Jahrhundert mit dem Abt, wenn man sein Gast war? Um diese Frage zu beantworten, trafen sich im Jänner dieses Jahres sieben Experten, darunter radio klassik Stephansdom-Programmdirektor und Altschotte Christoph Wellner, sowie der technische Leiter des Radios, Martin Macheiner. Sie erwarteten natürlich geistliche Musik, dem Ort angemessen, und aus der Zeit vor 1850, denn danach wurden keine Automaten mehr produziert. Doch sie täuschten sich. Unter den Stücken sind hauptsächlich populäre und gar nicht geistliche Hits aus Opern, meist von Rossini und Bellini. Aber auch Franz Schubert ist dabei.
Zur großen Überraschung aller aber identifizierte das Team auf einer Walze, deren Beschriftung unleserlich war, jüngere Melodien, etwa das Fiakerlied und Melodien aus dem Zigeunerbaron von Johann Strauss (Sohn). Das machte gleich zwei Sensationen: das Alter der Walze, denn die Melodien sind 1885 komponiert worden, also viel später als die anderen. Und, dass das Schottenstift – wenngleich zufällig - einen höchst originellen Beitrag zum Strauss-Jahr leisten konnte.

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