Wir waren Kirche

Hirtenhund
Ausgabe Nr. 45
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©Der SONNTAG

Der Hirtenhund bellt diese Woche über „Wir sind Kirche“. Eine Bewegung, die zweifellos ihre Berechtigung hatte und von der Grundidee weiterhin hat.

Es gibt Dinge, die haben sich überlebt. Videorekorder etwa. Oder Schallplattenspieler und Overheadprojektoren. Ähnliche Lebenszyklen gibt es auch in der Kirche. Wenngleich die Halbwertszeit in unseren heiligen Hallen bekanntlich wesentlich länger ist. Für manche ist Kirche ja per se „out“, doch gibt es gottseidank immer noch jene, die an Kirche festhalten wie an einer lieb gewonnenen Marotte, wie an einem Overheadprojektor, der seinen Dienst zwar noch unverwüstlich tut, auch wenn er weiß, dass er einem Beamer hoffnungslos unterlegen ist. 

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"Wir sind Kirche“

In die Kategorie Overheadprojektor fällt für mich „Wir sind Kirche“. Eine Bewegung, die zweifellos ihre Berechtigung hatte und von der Grundidee weiterhin hat. Geboren aus der tiefen Krise, die die „Causa Groer“ und die Bischofsbestellungen in Österreich seit Mitte der 1990er Jahre auslöste, hat die Bewegung konsequent die Mitverantwortung der Laien eingeklagt. Aber eben nicht nur das. Eine ihrer Zentralfiguren, Martha Heizer, feiert seit 2011 und bis heute „private Eucharistiefeiern“ ohne Priester – ein schwerwiegendes Delikt, für das sie 2014 exkommuniziert wurde – und sie plädiert für eine „priesterlose Kirche“. Bis heute steht Heizer „Wir sind Kirche“ vor; und man darf wohl darüber spekulieren, ob sie den Anliegen des Vereins durch ihr Agieren mehr geschadet als genutzt hat. 

Wir sind Kirche international

Zuletzt stand eine Einladung zum Treffen der Synodenteams nach Rom im Raum. Plötzlich witterte man so etwas wie eine späte Anerkennung, ja, synodale Adelung. Allein: Aus der Sache wurde nichts. Zwar war „Wir sind Kirche international“ vertreten, Martha Heizer und ihr Mann zogen ihre Teilnahme dann jedoch auf Bitte des Synodenbüros zurück. Man stelle sich das nur mal vor: Eine wegen anhaltender schwerer Vergehen gegen einen Kernbestand kirchlichen Lebens – die Eucharistiefeier – Exkommunizierte, die noch dazu für eine priesterlose Kirche eintritt, nimmt an Beratungen zum Fortgang des Synodalen Prozesses im Vatikan teil. Was wollte sie dort tun? Am runden Tisch dem Leo die priesterlichen Leviten lesen und ihn zu ihrer eucharistischen Tafelrunde einladen? 

Gleichwohl, wackere Kirche-Seienden, Kopf hoch, also quasi Overhead! Schließlich ist altes Eisen heute „vintage“! Das machte auch die oberösterreichische Pfarre Lenzing zuletzt deutlich, als sie – kein Witz! – mit einem Gottesdienst das 50-jährige Bestehen ihres Overheadprojektors in der Kirche feierte. Seit 1975 ist das Gerät im Einsatz und projiziert Texte und Noten an die Kirchenwand. Nach dem Gottesdienst hat man sich vor dem Gerät versammelt und Kuchen gegessen. Vielleicht ein Fingerzeig für die Heizers: Erst der priesterliche Gottesdienst, dann das Essen. 

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