Manipulierter Heiliger
Anekdoten
Am 13. Juni wird einer der beliebtesten Heiligen gefeiert, Antonius von Padua. Seit Jahrhunderten gilt er als Hoffnungsträger für das Auffinden von Verlorenem. Nicht ohne Gegenleistung, denn er sammelt für die Armen.
4.300 Bitten an Antonius
Wie auch immer – im Laufe der Zeit haben ihn Menschen nicht nur angerufen, wenn sie etwas verloren hatten, sondern auch, wenn sie etwas haben wollten, dass sie nie gehabt haben. Im Kreuzgang des Minoritenklosters in der Wiener Alserstraße finden sich viele Zeugnisse des Danks und der Bitte an Antonius, nämlich rund 4.300 Votivtafeln. Die meisten vermitteln ihm kurz und knackig, was sie wollen, etwa: „Dank, bitte hilf weiter.“ Erst ein höflicher Dank und danach gleich die Bitte, so weiterzumachen. Andere sind schlicht selig, weil sie etwas gefunden haben, was ihnen entscheidend weitergeholfen hat: „Dank der Muttergottes und dem hl. Antonius für bestandene Maturaprüfung.“ Vermutlich fand der Maturant rechtzeitig die richtigen Antworten.
Dank an den heiligen Antonius
Wieder andere haben manipulative Anliegen an den Heiligen, etwa Mizzi J. 1929: „Mit der Bitte an den heiligen Antonius, dass ich meinen Otto für immer bekomme.“ Ob sie ihn bekommen hat, ist unbekannt. Die makaberste Tafel hat folgenden Text: „Aufrichtigen Dank dem hl. Antonius für das rasche Ableben meiner Frau. Sepp Krautwurm.“ Der Publizist Reinhard Rinnerthaler kennt den Hintergrund: „Frau Krautwurm lag schon tagelang in elendem Zustand im Sterben. Sie tat ihrem Mann leid, und so fragte er, ob man etwas tun könne, um ihr Leid abzukürzen.“ Umbringen wollte er sie aber nicht. „Die Pflegerin riet ihm, den heiligen Antonius anzurufen. Gesagt, getan. Und kurz darauf schlief die Frau friedlich ein.“ Das erleichterte den Mann derart, dass er besagte Votivtafel anfertigen ließ.

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Adaptiert aus Rinnerthaler, Reinhard: Kirchenwitze ohne Bart, Verlag Engelsdorfer, Leipzig 2025