Gottes Segen und Gottes Willen
Prüller
Vor gut 40 Jahren bekam ich beim Fernseh-Zappen zufällig eine Szene einer deutschen Fernsehserie zu sehen. Den Namen der Serie habe ich längst vergessen. Aber die Szene rührt mich heute noch: Der Krieg von 1870 hatte begonnen, und die beiden jungen Söhne melden sich freiwillig. Der Vater ist gläubiger Pazifist und empört und im Herzen tief getroffen. „Aber den Segen wirst du ihnen doch nicht verweigern“, sagt die Mutter. So knien die Söhne nieder, und der Vater segnet sie: „Gott sei mit euch!“
Diese Szene ist mir in den Sinn gekommen, als ich in diesen Tagen die Kritik an der Gottes-Rhetorik im Zusammenhang mit dem Israel/USA-Iran-Konflikt las. So hat etwa Präsident Trump nach dem amerikanischen Bombardement gesagt: „Ich möchte allen danken. Besonders Gott. Ich will sagen: Wir lieben dich, Gott. Und wir lieben unsere großartigen Streitkräfte. Schütze sie. Gott segne den Nahen Osten. Gott segne Israel und Gott segne Amerika!“ Das offenbare eine Theologie, „die Gott für ihre Zwecke vereinnahmt“, meinte dazu der in Wien lehrende Theologe Jan Heiner Tück. Und der US-Theologe Massimo Faggioli sieht den Übergang von der Lehre des „gerechten Krieges“ zu der eines „heiligen Krieges“.
Es ist hier nicht der Platz, das zu hinterfragen, und die beiden Theologen haben ja auch mehr im Blick als nur ein Zitat. Mir kommt es auf eines an: dass der Segen Gottes immer erfleht werden darf, selbst wenn man dabei ist, Unrecht zu begehen. Nicht das Unrecht soll Gott segnen, aber die Menschen. Blasphemisch kann es freilich sein, wenn man Gott die Verantwortung für das eigene Handeln zuschiebt: Gott will es so! Das kann man bestenfalls für Werke der Barmherzigkeit beanspruchen. Gott will es – „Deus lo vult“ – war das Motto des Ersten Kreuzzugs. Es ist aber auch das Motto der Grabesritter geworden, jenes katholischen Ritterordens, der gar nicht direkt aus den Kreuzzügen stammt – und dem Frieden dienen will.