Gebetszeiten als Alternative zum Alltag

Zum „Ordenstag“ in Wien
Ausgabe Nr. 47
  • Wien und Niederösterreich
Autor:
Gastfreundschaft und Ökumene: Abtprimas Jeremias Schröder im Gespräch zum Ordenstag.
Gastfreundschaft und Ökumene: Abtprimas Jeremias Schröder im Gespräch zum Ordenstag. ©Erzabtei Sankt Ottilien

Sie sind eine der großen Ordensfamilien weltweit: die Benediktinerinnen und Benediktiner. Seit rund 1.500 Jahren orientieren sie sich an der Regel des heiligen Benedikt, des großen abendländischen Mönchsvaters. Jeremias Schröder, als Abtprimas der weltweit ranghöchste Benediktiner, im Gespräch.

Pilgern und Hoffen – Was Ordensleben ausmacht, immer noch“: Darüber spricht Abtprimas Jeremias Schröder, oberster Repräsentant der weltweiten Benediktinischen Konföderation, am 25. November beim „Österreichischen Ordenstag“ im Wiener Kardinal König Haus. Gegenüber dem SONNTAG skizziert Schröder die nachhaltige Kraft des benediktinischen Ordens­ideals. Diese Klöster waren von Anfang an Vorreiter hinsichtlich der Bewahrung der Schöpfung.

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Ordenstag: Schröder über Ordensvater Benedikt

Sie vertreten als Abtprimas rund 18.000 Benediktinerinnen und Benediktiner in aller Welt. Was begeistert Sie am Ordensvater Benedikt?

JEREMIAS SCHRÖDER: Der heilige Benedikt ist ja ein eher zurückhaltender Heiliger. Wir haben eine sehr schöne Lebensbeschreibung aus der Feder von Papst Gregor dem Großen, mit vielen eindrücklichen Szenen, Taten und Wundern. Aber er tritt uns nicht so kraftvoll gegenüber wie zum Beispiel der heilige Franziskus. Benedikt wirkt vor allem durch die Regel, die er vor rund 1.500 Jahren geschrieben hat und die die Lebensordnung für zahllose Menschen in den Klöstern und auch außerhalb geworden ist. Diese Regel zeigt einen Weg zu einem guten, vom Evangelium geprägten Leben, anspornend und zugleich maßvoll, voller Weisheit und sehr lebbar.

Was Mönch-Sein ausmacht

Sie sind seit 40 Jahren Mönch. Was macht das Mönch-Sein heutzutage aus? Warum sind Sie gerne Mönch?

Ich liebe das Leben in Gemeinschaft: Wenn wir zusammenkommen, in der Kirche, beim Essen, beim Arbeiten, bei der Beratung oder der Rekreation, dann geht mein Herz auf. Zum Benediktinerleben gehört auch der Rhythmus: Die Gebetszeiten strukturieren unseren Tag. Das durchbricht das Hamsterrad der täglichen Aktivitäten und gibt mir ein paarmal am Tag die Chance, bei Gott zu sein. Mir entspricht das sehr, und ich freue mich bis heute an diesem Leben.
 

Ordenstag: Hoffnungsvolles weltweit

Als Missionsbenediktiner von Sankt Ottilien haben Sie immer auch die Weltkirche im Blick. Wenn Sie auf Ihren Orden schauen, was sehen Sie da weltweit an Hoffnungsvollem?

Es gibt ein paar Regionen, in denen neue Klöster entstehen oder wo die Klöster wachsen und neue Aufgaben übernehmen. Ich nenne mal als Beispiel Vietnam, Ostafrika und auch Ungarn. Sehr beeindruckend finde ich aber auch Orte, wo kleine Gemeinschaften unter widrigen Umständen wacker das Zeugnis der Treue abgeben. Da fallen mir die Mönche in Haiti und in Kuba ein oder die Benediktinerinnen in Betlehem.
 

Beitrag zur Ökumene

Welchen Beitrag zur Ökumene können die Benediktiner leisten? 

Es ist jetzt gerade einige Wochen her, dass der englische König Charles III. in Rom von den Mönchen von Sankt Paul vor den Mauern zum „Royal Confrater“, also zum königlichen Mitbruder gemacht wurde. Das war so ein ökumenisches Zeichen, das gut zu uns Benediktinern passt. Wir pflegen ja Gastfreundschaft in den Klöstern, und die ist oft auch ökumenisch. Die Päpste Leo XIII. und Pius XI. haben die Benediktiner außerdem beauftragt, sich besonders für die Beziehungen mit den Ostkirchen einzusetzen. Unser Orden ist ja vor der Kirchenspaltung entstanden, der heilige Benedikt wird auch in den Ostkirchen verehrt, und das Mönchtum spielt dort eine besondere Rolle. Einige Klöster pflegen diese Beziehungen sehr intensiv. Ich selber plane gerade eine Reise nach Russland, die die Beziehungen zum orthodoxen Mönchtum vertiefen soll.
 

„Wir sind nur Treuhänder der Erde, nicht Besitzer.“

Jeremias Schröder

„Ora et labora et lege“

Die Benediktregel lässt sich vereinfacht mit „Ora et labora et lege“ („Bete, arbeite und lies“) zusammenfassen. Wie leben die Benediktiner, deren Klöster oft Land besitzen, die Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung?

Viele unserer Klöster sind da echte Vorreiter: Naturnahe Bewirtschaftung, tiergerechte Haltung, Biogasanlagen, Holzschnitzelheizungen, Wasserkraft und Solar spielen für viele Klöster eine ganz wichtige Rolle. In Rom kämpfen wir gerade darum, dass wir unsere Hochschule mit Strom aus Sonnenenergie versorgen können, nicht ganz einfach in einer Stadt der Denkmäler. Der Grundgedanke ist, dass wir nur Treuhänder der Erde sind, nicht Besitzer. Das passt zum langfristigen Denken unserer Gemeinschaften, die seit vielen Generationen bestehen. 

Autor:
  • Stefan Kronthaler
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