Die letzten Stunden des Engelbert Dollfuß

Juliputsch 1934
Ausgabe Nr. 29
  • History
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Bundeskanzler Engelbert Dollfuß wurde Opfer eines Attentats der Nationalsozialisten.
Bundeskanzler Engelbert Dollfuß wurde Opfer eines Attentats der Nationalsozialisten. ©istock/Sujet

Beim gescheiterten nationalsozialistischen Umsturzversuch in Österreich am 25. Juli 1934 kam auch Bundeskanzler Engelbert Dollfuß auf tragische Weise ums Leben.

Am 30. Jänner 1933 war der gebürtige Österreicher Adolf Hitler in Deutschland zum Reichskanzler ernannt worden. Hitler gelangte auf legalem Weg an die Macht. Am 4. März 1933 kam es in Österreich zur sogenannten „Selbstausschaltung des Parlaments“. Bundeskanzler Engelbert Dollfuß errichtete daraufhin eine autoritäre Kanzlerdiktatur: Im Laufe der folgenden Monate wurden Sozialdemokraten und Nationalsozialisten verboten. Dollfuß wollte damit verhindern, dass die Nationalsozialisten auch in Österreich ähnlich wie die deutschen Nationalsozialisten mittels Wahl legal an die Macht gelangten. Dadurch zog sich aber Dollfuß den Zorn des von Hitler geführten Deutschen Reichs zu, das immer aggressiver gegen seinen Nachbarn Österreich vorging. Die Konfliktsituation zwischen den beiden Staaten führte schließlich zu einer mit 12. Juni 1934 einsetzenden nationalsozialistischen Terrorwelle im gesamten österreichischen Bundesgebiet. Laut den Forschungen des  Historikers Kurt Bauer hat Adolf Hitler den Juli-Putsch in Österreich „mit großer Wahrscheinlichkeit persönlich“ angeordnet.
 

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Dollfuß: Gestorben ohne Priester und Arzt

Am 25. Juli 1934, dieser Mittwoch war ein heißer Sommertag, fuhren mittags in Wien Lastwagen mit vermeintlichen Soldaten des österreichischen Bundesheeres und Polizisten schnell durch die Löwelstraße Richtung Bundeskanzleramt am Ballhausplatz. Gegen 12:53 Uhr erreichten die ersten Lastwagen das Tor, die vermeintlichen Soldaten, alles illegale Nationalsozialisten, verteilten sich dann im großen Gebäude. Eine Gruppe der Putschisten erreichte unter Führung des verkleideten „Bundesheer-Leutnants“ Otto Planetta das Eckzimmer des Bundeskanzleramtes. Der illegale Nationalsozialist Planetta war als Stabswachtmeister des Bundesheeres entlassen worden und Unterführer der ebenso illegalen Schutzstaffel-Standarte 89. Sein Auftrag: Er sollte Dollfuß verhaften. Einige der Anwesenden, darunter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß, versuchten indessen, über eine Treppe auf der Rückseite des Hauses den Putschisten zu entkommen, wurden aber gestellt. 

Eine Kugel traf Dollfuß tödlich

Bei einem mutmaßlichen Handgemenge wurde Dollfuß von einer Kugel aus der Waffe von Planetta tödlich getroffen. Der Bundeskanzler erlag gegen 15:45 Uhr im Bundeskanzleramt seiner tödlichen Verletzung. Er starb ohne jegliche ärztliche Hilfe. Die Putschisten waren auch nicht bereit, einen Priester rufen zu lassen, obwohl der gläubige Katholik Dollfuß um einen solchen geistlichen Beistand gebeten hatte. Bei der Obduktion – noch am Abend des 25. Juli – stellte sich heraus, dass Dollfuß von zwei Kugeln getroffen worden war. Bis heute ist nicht klar und umstritten, wer den zweiten Schuss auf den sterbenden Bundeskanzler abgegeben hat. Faktum ist: Es kann nur einer der Putschisten gewesen sein, die sich im Bundeskanzleramt befanden, also ein Mitglied der nationalsozialistischen Schutzstaffel-Standarte 89.
 

Auch der Radiosender wurde besetzt

Während ein Teil der Putschisten in Wien das Bundeskanzleramt besetzte, drang ein anderer Teil in das Gebäude der RAVAG (Radioverkehrs AG) ein und ließ eine Falschmeldung über die angebliche Machtübergabe von Engelbert Dollfuß an den ehemaligen steirischen Landeshauptmann Anton Rintelen senden. Das war als Signal gedacht: Nun sollten österreichweit die Nationalsozialisten den Kampf gegen die Staatsmacht eröffnen. Es kam zu mehrtägigen Kämpfen in Teilen Kärntens, der Steiermark und Oberösterreichs und zu kleineren Aufständen in Salzburg. Der Putsch wurde schließlich bis zum 30. Juli niedergeschlagen. Hinsichtlich der Zahl der Todesopfer rund um den Juliputsch spricht der Historiker Kurt Bauer von 223 Toten: 111 seitens der Nationalsozialisten, 101 seitens der Regierung und 11 Zivilisten. Neuer Bundeskanzler wurde Kurt Schuschnigg.

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Autor:
  • Stefan Kronthaler
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