„Die Kirche sollte für die Armen da sein“
Priesterseminar in BurundiAbbé Giscard Hakizimana leitet das Priesterseminar in Kiryama seit 2018. Regens Hakizimana ist zudem Priester der Eichstätter Partnerdiözese Gitega und ehemaliger Kaplan der Pfarreien Gungolding, Schambach und Walting im Bistum Eichstätt. Gemeinsam mit Missio und dem Bistum Eichstätt bekämpft der Geistliche die Armut in seinem Heimatland Burundi, wie er im Interview erzählt.
Armut in Burundi
Welche drückendsten Probleme gibt es derzeit in Burundi?
Abbé Giscard Hakizimana: Das größte Problem im Land ist momentan die wachsende Armut. Damit sind wir alle konfrontiert, auch in unserem großen Haus für die Ausbildung der Priester. Dank der Unterstützung von Missio Österreich, aber auch vom Petrus-Werk in Rom, können wir vieles tun, aber nicht alles. Das andere Problem, mit dem wir konfrontiert sind, ist der Klimawandel. Wälder werden abgeholzt, und die Erderwärmung, die merken wir auch bei uns. Wir kümmern uns aber auch um andere Probleme im sozialen Bereich, denn die Kirche sollte insbesondere für die Armen da sein.
Stichwort Klimawandel: Wie macht sich dieser bei Ihnen bemerkbar?
Das macht sich bemerkbar durch die Abholzung der Wälder und vor allem auch durch die Erosion der Felder. Dazu kommen Überschwemmungen, die wir in den letzten Jahren erlebt haben.
Priesterausbildung in Burundi
Kommen viele Priester zu Ihnen oder ins Priesterseminar?
Wir haben viele Berufungen. Manche müssen sogar zu Hause bleiben oder in den Pfarreien, wo wir sie hingeschickt haben, für ein oder zwei Jahre. Oder sie müssen ein Studium abschließen, damit sie später einen Studienplatz im Seminar bekommen. Wir haben sehr großen Zulauf.
Wie viele beenden die Ausbildung am Priesterseminar?
Wir haben vier Seminare, zwei für Philosophie und zwei für Theologie, und alle vier Seminare sind für das ganze Land Burundi zuständig. Am Seminar, wo ich Regens bin, haben wir durchschnittlich 23 bis 25 Personen. Aber es gibt auch Jahre, wo wir fast 40 Neupriester haben. Durchschnittlich haben wir zwischen 60 und 70 Neupriester in ganz Burundi.
Burundi: Versöhnungsarbeit nach dem Bürgerkrieg
Sie sind nicht nur Regens des Priesterseminars, sondern setzen sich auch für die Versöhnungs- und Friedensarbeit in Burundi ein. Vor allem mit Blick auf die Geschichte des Bürgerkrieges ist das nicht immer leicht. Was sind die größten Herausforderungen, speziell wenn es um die Versöhnung zwischen Tutsi und Hutu geht?
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die Kirche in Burundi sich die Versöhnung als Grundanliegen in der Pastoral eingeschrieben hat. Dazu gab es auch eine Diözesan-Synode, die das Thema in allen Diözesen aufgearbeitet hat und auch Grundlinien für die Pastoren entwickelt hat. Und das hat auch viele Früchte hervorgebracht!
Bei uns am Seminar schauen wir auf die zukünftigen Priester, die sowieso dafür da sind, dass sich die Menschen durch das Evangelium mit Gott versöhnen und sich dann auch untereinander versöhnen. Wir schauen darauf, dass die Priester selber mit Gott versöhnt sind und dass auch Harmonie im Seminar herrscht. Wir haben an sich keine Spannungen im Seminar, was die Volksgruppen anbelangt. Die Seminaristen kommen aus allen Regionen unseres Landes, also aus allen Diözesen, und sie kommen auch aus allen Volksgruppen. Und wichtig ist, dass der Seminarist beherzigt, dass er als Priester selbst für alle da ist. Schon durch das Studium, das vier Jahre dauert, wird er darauf vorbereitet. Und sollten wir feststellen, dass der Seminarist nicht bereit ist, als Mitarbeiter an der Versöhnung der Menschen unter sich und der Menschen mit Gott mitzuwirken, dann würde er sofort rausfliegen. Durch die Vorarbeit der Kirche in den Familien, in den Pfarreien, in den Basisgemeinden finden die Menschen immer mehr zur Versöhnung und sind auch miteinander versöhnt. Natürlich ist das ein Prozess, der lange dauert, bis die Wunden geheilt sind.
Die Arbeit als Priester in Burundi
Merken Sie da schon eine Änderung durch diese Arbeit der Priester?
Ich kann sogar ein Beispiel geben. Angefangen hat es nach dem Krieg 1993, als viele Menschen in die Flüchtlingslager gekommen sind. Sie haben ihre Häuser verlassen. Und die Priester mit den Gläubigen haben die Menschen in den Flüchtlingslagern im Inland besucht. Dadurch kam es zur Bewegung, dass die Menschen Schritt für Schritt die Flüchtlingslager verlassen haben und in die Dörfer zurückgekehrt sind. Oder dass Menschen Häuser in den Lagern gebaut haben, damit sie miteinander leben können. Aber auch Menschen aus den Pfarreien haben Gaben, Körbe voll von Nahrungsmitteln, für die Menschen in den Flüchtlingslagern gebracht.
Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat in Burundi?
Die Zusammenarbeit ist gut. Wir haben eine Art Konkordat zwischen dem Staat Burundi und dem Vatikan. Unter diesem Konkordat arbeiten wir. Es gibt auch Kooperationsverträge, zum Beispiel im Schulwesen. Dabei bezahlt der Staat die Lehrer und Lehrerinnen, die an den kirchlichen Schulen arbeiten. Und auch in den Krankenhäusern: Wenn wir Geräte, Baumaterial aus dem Ausland ins Land einführen, bekommen wir Zollbefreiungen.
Sauberes Trinkwasser
Was darüber hinaus können Sie im Priesterseminar tun oder erreichen, um diese Versöhnungsarbeit voranzutreiben?
Erstens organisieren wir Spiele, zum Beispiel zwischen den Priesterseminaren. Manche Berührungsängste werden so überwunden. Es gibt auch Turniere mit den Hochschulen in der Umgebung: Fußball, Basketball und Volleyball.
Zweitens ist es auch die Ausbildung, die dazu beiträgt, dass die Priester auf ihren zukünftigen Dienst vorbereitet sind.
Drittens: Wir machen auch Projekte, wie das Wasserprojekt, das dazu geführt hat, dass die Menschen ins Seminar kommen und Wasser schöpfen, unabhängig von ihrer Konfession. Wir haben vor dem Seminar eine evangelische Pfarrkirche. Die evangelische Pfarrkirche hatte einen Wasserhahn vor der Kirche. Die Menschen zapfen Wasser an. Die Schüler und Schülerinnen vom Gymnasium hatten kein Wasser. Wir haben einen Wassertank gebaut. Sie trinken aus unserem Brunnen, das Wasser leiten wir bis zum Gymnasium. Wir tragen dazu bei, dass Menschen unabhängig von ihrer Konfessionszugehörigkeit kostenlos Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Das gelingt dank der Zusammenarbeit mit Missio Wien.
Armutsbekämpfung in Burundi
Was tragen Sie und das Priesterseminar zur Armutsbekämpfung in Burundi bei?
Wir haben in unserem Seminar-Budget einen kleinen Topf für Sozialfälle. Zum Beispiel, wenn ein Mann mit seiner kranken Frau kommt und er kein Geld für das Spital hat, dann können wir helfen. Oder wenn jemand stirbt und sich die Familie die Beerdigung nicht leisten kann – auch da helfen wir.
Ein anderer Weg der Armutsbekämpfung ist durch Projekte. Gemeinsam mit Missio Österreich, dem Bistum Eichstätt und dem Bistum Augsburg haben wir ein Schweinezucht-Projekt. Jedes Jahr vergeben wir neun Ferkel an arme Familien in katholischen und evangelischen Gemeinden. Es handelt sich dabei um kleine Gemeinschaften innerhalb der Pfarre mit zwölf bis zwanzig Familien. Die Basisgemeinde bekommt das Ferkel als Beitrag für die Weiterentwicklung. Sie sorgen für das Ferkel und dieses kann nach sechs Monaten schon neue Ferkel zur Welt bringen. Durch die gemeinsame Sorge um diese Ferkel entsteht eine Solidaritätskette in der Bevölkerung.
Welche drei Eigenschaften sollte ein guter Priester oder jemand, der Priester werden möchte, mitbringen?
Also erstens muss er ein Mensch sein, der mit beiden Füßen am Boden steht. Er muss menschlich sein. Zweitens sollte er für die Gemeinschaft tauglich sein. Ein Individualist kann nicht Priester werden. Drittens muss es ein Mensch sein, der gläubig ist, der daran glaubt, dass Gott jede und jeden beruft und auch ihn berufen hat. Der daran glaubt, dass Gott ihn begleitet und dass er ein Instrument in Gottes Hand ist.
Gibt es noch etwas, was Sie unseren Leserinnen und Lesern mitgeben möchten?
Dass sie jetzt gerade im Jubiläumsjahr 2025 fest in der Hoffnung auf Gott bleiben. Sie sollen sich nicht von den Herausforderungen der Zeit entmutigen lassen, denn Gott spricht uns gerade in den Herausforderungen und Krisenzeiten an. Gott schafft immer Räume – bei jedem einzelnen Menschen. Wenn der Mensch wieder zu Gott findet, dann wird er auch den Urgrund seines Glücks wiederfinden.

Zur Person
Pater Giscard Hakizimana, Missio-Projektpartner und Leiter des Priesterseminars in Kiryama (Burundi).
Ferkel für Burundi
Zum Projekt
Informationen zum Projekt „Ferkel für Burundi“ von Missio.