Die größte Chance wurde genützt
Prüller
Alberto Melloni, ein italienischer Kirchenhistoriker – Spezialist für das Zweite Vatikanische Konzil –, hat kürzlich über Papst Franziskus geschrieben, er habe mit der Weltsynode zum Thema Synodalität wohl die größte Chance seiner Amtszeit verspielt: „Synodalität wurde nicht zum Gegenstand von Entscheidungen, sondern zum Gegenstand von Enttäuschungen.“ Die Kritik verwundert nicht, denn Melloni ist ein prominenter Vertreter jener Schule, die im Konzil nicht einen Meilenstein einer sich kontinuierlich entwickelnden Theologie sehen, sondern den Beginn von etwas Neuem, das sich in massiven Reformen entfalten solle. Reformen, die aber bisher ausgeblieben sind.
Alberto Mellonis Kritik zum Thema Synodalität
Professor Melloni weiß sicher viel mehr als ich. Aber vielleicht hat er doch etwas übersehen: Der Fokus, den Papst Franziskus auf Synodalität gelegt hat, war von Anfang an erkennbar kein taktischer Trick, um die Synodenbischöfe auf den Reformweg zu führen. Es ging nicht um Entscheidungen, aber um Entscheidendes: Zur Bestimmung des künftigen Kirchenkurses (auf allen hierarchischen Ebenen) nicht einfach weiter die alten Argumente und Gegenargumente vorzubringen. Sondern mit neuer Anstrengung einender zuzuhören – und gemeinsam dem Heiligen Geist. Der ist nicht nur eine rhetorische Figur. Und Franziskus hat schon zu Beginn seiner Amtszeit betont, dass er die Kirche nicht für Reformen öffnen will, sondern für alle Menschen – und für den Anruf des Heiligen Geistes.
Und je nachdem, was der Heilige Geist will (und ob sich die Bischöfe ihm öffnen), wird es Reformen geben oder auch nicht. Maßgeblich ist am Ende nicht, ob Kirchenfunktionäre, Theologen oder Historiker enttäuscht sind, sondern der Herr der Kirche (und damit ist nicht der Papst gemeint).