„Wien ist die vierte Protagonistin“
Interview mit Wiener KrimiautorinAlbich lieferte mit „Tod am Nussdorfer Wehr“ bereits ihren dritten Krimiroman, der in der österreichischen Hauptstadt spielt. Zuvor kamen die beiden Bände „Mexikoplatz“ und „Wiener Todesmelodie“ heraus. Bald gibt es den vierten Roman der Krimiautorin: „Wienerberg“ erscheint am 16. Oktober 2025.
Auch das vierte Buch hat einen religiösen Bezug: Auf dem Cover ihres vierten Werkes ist die "Spinnerin am Kreuz" zu sehen. Das Wahrzeichen im gotischen Stil in der Triester Straße im 10. Bezirk ist Mittelpunkt vieler Sagen. Eine Sage gibt Wien-Geschichte-Wiki wieder: "Mit der Spinnerin am Kreuz verbinden sich mehrere Sagen. Der bekanntesten zufolge hat eine jungvermählte Frau genau an jener Stelle am Wienerberg, an der sie sich von ihrem Mann verabschiedete, als dieser zu einem Kreuzzug aufbrach, Tag für Tag auf dessen Heimkehr gewartet. Sie vertrieb sich die Zeit und die trüben Gedanken durch Spinnen. Vom Erlös für ihr Gesponnenes und und für ein Haus in der Stadt, das sie verkaufte, ließ sie nach zweijähriger Arbeit eine Bildsäule errichten, wo bislang nur ein schlichtes hölzernes Wegkreuz stand. Sie wartete nun bei diesem von ihr gestifteten Bauwerk wiederum Tag für Tag auf Heimkehr ihres Gatten. Der Volksmund hieß die fleißige und treue Gattin bereits "Spinnerin am Kreuz". Als der Kreuzfahrer endlich nach dreijähriger Abwesenheit heimkehrte, fand das ersehnte Wiedersehen just bei der Bildsäule am Wienerberg statt. Dieser Sage nach hatte der Heimkehrer auch ein neues Gewürz, nämlich den Safran aus dem Orient nach Wien gebracht."
Krimiautorin mit Faible für Kirchen
Welchen Schauplatz fanden Sie bei der Recherche für Ihre Bücher am interessantesten bis jetzt?
Ich finde prinzipiell alle Schauplätze interessant, weil Wien einfach so viel bietet, was man zeigen kann. Für die Covers suche ich mir immer etwas aus, was einen hohen Wiedererkennungswert hat. Aber passieren kann überall was.
Sie haben auch immer wieder Kriminalfälle vor Wiener Kirchen, wie in ihrem Debütroman „Mexikoplatz“ oder vor der Karlskirche in „Wiener Todesmelodie“. Warum?
Also im Debütroman ist es tatsächlich vor der Kirche, wo der Mord passiert. Ich muss gestehen, bei der „Wiener Todesmelodie“ nicht. Da habe ich die Karlskirche als Cover gewählt oder gebeten, dass man sie nimmt, weil das einfach so ein schönes Motiv ist. Im zweiten Roman findet der Mord woanders statt. Das ist ein bisschen künstlerische Freiheit. Es hat einen gewissen Wiedererkennungswert. Im zweiten Roman, in der „Wiener Todesmelodie“, gibt es dann tatsächlich eine Szene, die nichts mit der Karlskirche zu tun hat, sondern mit einer meiner Lieblingskirchen, der Malteserkirche in der Kärntnerstraße, wo mein Ermittler mit vollem Kopf, also vielen Gedanken im Kopf, über die überfüllte Kärntnerstraße geht und dann Schutz in der Malteserkirche sucht. Da gibt es dann eine sehr nette Begegnung mit dem dortigen Pater.
Welches Verhältnis haben Sie zum Glauben?
Ein sehr entspanntes. Ich würde mich als gläubig bezeichnen. Also katholisch sozialisiert.
Die Krimiautorin und interessante Menschen
Wie erschaffen Sie Charaktere wie Ihren Herrn Inspektor Grohsman? Wo lassen Sie sich da inspirieren?
Das klingt jetzt wieder sehr pauschal: überall. Ich weiß, das sagen die meisten Autoren, aber einfach mit offenen Augen durch die Welt gehen. Meine Figuren sind meistens nicht an einer Figur, die mir begegnet, aufgehängt, sondern da begegnet mir ein interessanter Mensch, der diese Eigenschaften hat. Bei einem anderen ist es die Optik, bei einem dritten ist es vielleicht irgendeine Bewegung. Und so bastle ich mir dann meine Figuren zusammen.
Also es gibt nicht das eine Vorbild?
Nein. Meine Figuren sind auch tatsächlich alle frei erfunden. Bis auf ein paar Nebenfiguren, die es vielleicht sogar wirklich in der Realität gibt, aber meine Protagonisten sind frei erfunden.
Bei der „Wiener Todesmelodie“, gab es da ein historisches Dokument, welches Sie inspiriert hat, den Roman zu schreiben?
Das Dokument ist nicht historisch. Sie sprechen das Fragment von Franz Liszt an. Es gibt tatsächlich ein verschollenes Original von Franz Liszt, das dann wieder aufgetaucht ist. Also dieser Hintergrund hat gestimmt und auch mit dem nationalsozialistischen Hintergrund, dass das dadurch verschollen war, aber das Werk, das ich anspreche, das ist frei erfunden. Das habe ich mich dann nicht getraut, das echte zu nehmen, weil da kann es wieder Probleme geben. Das liegt in einem Museum und wenn man da plötzlich etwas dazu erfindet, dass das in Privathand ist und wenn dann noch ein Mord darum herum stattfindet – das war mir zu heikel.

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Musikalische Krimiautorin
Sie haben bei Ihrer Biographie drei große Interessen angesprochen. Eines davon ist Musik. Wie drückt sich das aus bei Ihnen im Alltag?
Im Alltag drückt es sich so aus, dass ich sehr gerne Musik höre, und zwar querbeet. Ich höre vor allem klassische Musik, die ich sehr schätze, speziell Vokalmusik, aber ich mag auch die Popmusik aus meiner Generation, so die 80er-, 90er-Jahre. Und ich mag auch Rockmusik. Also ich bin breit aufgestellt, was meinen Hörergeschmack betrifft. Ich habe aber auch klassischen Gesang studiert. Das übe ich jetzt nicht mehr aus, weil der Tag leider nur 24 Stunden hat.
Sind Sie Franz-Liszt-Fan?
Ich war vor dem Buch nicht so ein Franz-Liszt-Fan. Also ich mochte ihn, aber ich habe ihn durch die Recherchen erst so richtig schätzen gelernt. Mir war seine Stellung in der Musik als großer Wegbereiter bewusst. Und dennoch hatte ich das gleiche Vorurteil wie wahrscheinlich sehr viele, dass er einfach schnell spielt und Phrasen drischt. Das ist gerade beim späten Liszt aber ein Vorurteil, das nicht zutrifft. Es ist lohnend, sich mit der Musik zu beschäftigen.
Herausforderungen für die Krimiautorin
Wie sehen Sie persönlich das Verhältnis von künstlerischem Erfolg und mentaler Gesundheit?
Speziell die jungen Künstler sind heute mehr denn je wirklich großen Herausforderungen ausgesetzt. Und ich denke, der Wettbewerb wird immer größer, speziell auch durch die diversen Kanäle, soziale Medien, YouTube ... Man kann viel mehr vergleichen, man ist viel präsenter. Man muss alles sofort perfekt abliefern. Der Druck ist enorm. Ich habe leider auch sehr viele junge Studenten schon scheitern gesehen, wo wahrscheinlich ein Weg gewesen wäre, aber nicht an die Weltspitze. Und es wird manchmal auch durch das Fernsehen, Stichwort Castingshows, vorgegaukelt, dass der Ruhm alles ist. Mein Grund, Gesang zu studieren, war die Beschäftigung mit der Musik. Natürlich bin ich gerne vor Menschen aufgetreten, sonst wäre das eine Lüge, wenn man das nicht zugibt. Aber das war für mich nicht der erste Aspekt, sondern die Beschäftigung mit der Musik und die Beschäftigung mit der Kunst ist meiner Meinung nach das Vorrangige. Und wenn das jungen Menschen bewusst ist, dann macht das was mit der Psyche, damit steht ein großer Weg offen. Aber es ist ein steiniger Weg. Vor allem mit dem Konkurrenzdruck, und die Frage, wie man es sich finanziert, ist wahrscheinlich noch härter. Daran kann man leider schon mal zerbrechen.
Und als Autorin, haben Sie da auch Herausforderungen, vor denen Sie stehen?
Jeder Mensch steht vor Herausforderungen. Autorin zu sein ist nicht mein Brotberuf. Davon leben können in Österreich circa vier Prozent, zu denen ich nicht gehöre, was für mich keine Rolle spielt. Ich schreibe gerne und möchte eigentlich mein Lebensglück nicht davon abhängig machen, ob ich davon leben kann oder nicht. Dennoch, das zeitlich unter eine Decke zu bringen – also den Alltag zu managen – das ist manchmal eine Herausforderung, der ich mich aber sehr gerne stelle.
Wien und Wienbezug im Krimi
Sie sind Wienerin. Wie viel Wienbezug und Wiener Sprache ist Ihnen wichtig, dass in Ihre Romane einfließt?
Das ist mir ganz, ganz wichtig. Also meine Romane, das bestätigen mir auch die Leserinnen und Leser, die könnten gar nicht woanders spielen. Ich habe drei Protagonistinnen und Protagonisten, Wien ist die vierte, denn Wien hat ein Flair, Wien hat einen Charme, die ich auch versuche zu zeigen. Und auch die Sprache! Ich finde es sehr schade, dass die wienerische Sprache immer mehr verschwindet. Ich bin auch noch mit sehr alten wienerischen Begriffen aufgewachsen, die ich teilweise dann auch versuche in die Romane noch hineinzuverarbeiten. Die muss ich dann allerdings wirklich erklären, weil das meistens nicht einmal mehr die Wiener verstehen.
Was ist Ihr Lieblingsbegriff im Wienerischen?
Der kam sogar vor im „Mexikoplatz“! Ich geh´ über´d Schrämsen. Das heißt ein Eck abkürzen. Einer der Zeugen im „Mexikoplatz“ geht mit seinem Hund über´d Schrämsen.
Zur Person:
Mina Albich ist Wienerin mit Leib und Seele. Die Krimiautorin ist ausgebildet unter anderem in Sozial- und Verhaltenswissenschaften, literarischem Schreiben, klassischem Gesang und Mentaltraining. Als ihre drei größten Interessen bezeichnet sie Menschen, Sprache und Musik. „Mexikoplatz“, ihr erster Kriminalroman, war 2023 für den Glauser-Preis in der Kategorie „Debüt“ nominiert.

Krimiroman „Wienerberg“
Der vierte Krimi von Mina Albich, „Wienerberg“, erscheint am 16. Oktober 2025:
„Wienerberg“ von Mina Albich, Emons Verlag (16. Oktober 2025), Taschenbuch: 320 Seiten (auch als E-Book erhältlich), ISBN-13: 978-3-7408-2506-5, EUR 16,–