Wenn ein Politiker das WC repariert

Anekdoten
Ausgabe Nr. 30
  • Heiter bis heilig
Autor:
In den 1960er-Jahren sollte im Erzbischöflichen Palais die Toilette am Ende der Feststiege erneuert werden. ©Invisigoth67

Die Karriere vom Gewerkschaftsführer und Politiker Fritz Verzetnitsch begann auf ungewöhnliche Weise: als junger Installateur im Erzbischöflichen Palais.

Der bekannte Gewerkschaftsfunktionär (ÖGB) und Politiker Friedrich „Fritz“ Verzetnitsch verstarb am 18. Juli. Wolfang Linhart, langjähriger Kollege in der SONNTAG-Redaktion (Anmerkung: In der vergangenen Ausgabe erinnerten wir an seinen Arbeitsbeginn bei der Wiener Kirchenzeitung) schickte dazu folgende Geschichte: 

Werbung

Vom Installateur zum Politiker

Im Erzbischöflichen Palais gibt es am Ende der Feststiege in der Mitte der Doppeltür zum Erzbischöflichen Sekretariat eine kleine Toilette. In den 1960er-Jahren sollte diese erneuert werden und man beauftragte dafür einen örtlichen Installateurbetrieb, der einen jungen Mitarbeiter ins Palais schickte. Der Wiener Erzbischof war immer an der Lebensgeschichte der Menschen um ihn herum interessiert und so sah er dem jungen Installateur bei der Arbeit zu und plauderte mit ihm über dessen Leben und Arbeitsalltag. 

"Sie haben doch einst bei mir die kleine Toilette montiert.”

Viele Jahre später war ÖGB-Präsident Anton Benya wieder einmal zu einem Gespräch bei Kardinal König zu Gast. Diesmal brachte er den leitenden Sekretär des ÖGB, Fritz Verzetnitsch, mit. Als Benya jedoch dazu ansetzte, seinen Begleiter – und möglichen Nachfolger – dem Kardinal vorzustellen, lächelte dieser nur und soll geantwortet haben: „Danke, wir kennen uns bereits. Sie haben doch einst bei mir die kleine Toilette montiert.” Und eine gute Gesprächsbasis war sofort gegeben. 

Fritz Verzetnitsch, 1945 in Wien geboren, war ab 1970 Angestellter des ÖGB. Zusätzlich war er Funktionär der SPÖ und Mitglied des Nationalrates. Im März 2006 wurde bekannt, dass die im Besitz des ÖGB befindliche Bank BAWAG im Jahr 2000 durch spekulative Geschäfte knapp vor der Insolvenz gestanden war. Die Bank hatte dadurch enorme Verluste erlitten. Infolge des Skandals trat Verzetnitsch von allen seinen gewerkschaftlichen und politischen Funktionen zurück.

©fotosAPA picturedesk.com /Franz

Zur Person

Fritz Verzetnitsch (1945–2014) arbeitete vor seiner Tätigkeit als ÖGB-Funktionär als Lehrling auch einmal im Erzbischöflichen Palais.

Schlagwörter
Autor:
  • Bernadette Spitzer
Werbung

Neueste Beiträge

Advertorial
Advent- und Weihnachtszeit
Kunst und Kirche

Wer für Advent und Weihnachten auf der Suche nach Dingen ist, die nicht nur das Herz erfreuen, sondern auch die Sehnsucht nach Tiefe stillen, ist bei „Kunst und Kirche“, dem Fachgeschäft für religiöses Kunsthandwerk und Kultur am Stephansplatz genau richtig.

| Spiritualität
Himmel und Erde

Am 23. November erscheint es: Unser Weihnachtsmagazin 2025 mit dem Titel "Mehr Licht". Dieses Jahr steht unser "Himmel & Erde"-Magazin ganz im Zeichen des Ehrenamtes.

Advertorial
Kapuzinergruft
Kapuzinergruft

Die Kaisergruft in Wien, das ist zunächst die Grablege der Familie Habsburg, die wie keine andere mit Weltgeschichte in allen ihren Widersprüchlichkeiten verwoben ist.