Welche Opfer noch auf mich warten ...
Prüller
Das Interview, mit dem der Autor und Lehrer Niki Glattauer in der Vorwoche seinen Entschluss zum Suizid vorab verbreitet hat, hat viele bestürzt. Ich möchte nicht einen weiteren Kommentar hinzufügen. Sondern auf ein Zeugnis aufmerksam machen, das mich in diesen Tagen gestärkt hat – durch das Vertrauen in den Wert des eigenen Lebens, der darin zum Ausdruck kommt.
Wert des eigenen Lebens
Eduard Profittlich war katholischer Bischof in Estland und wurde dieser Tage als Märtyrer (gestorben 1942 an Entkräftung in einem sowjetischen Gefängnis) selig gesprochen. Nachdem die Sowjetunion Estland überfallen hatte, hätte er seinen Posten verlassen und in sein Geburtsland Deutschland zurückgehen können. Nach langer Überlegung entschied er sich, zu bleiben, um seiner „Herde“ willen. Er schrieb nachhause: „Wenn ich auch in keinerlei Weise voraussagen kann, [...] welche Opfer noch auf mich warten, so gehe ich diesen Weg mit großem Vertrauen auf Gott, fest überzeugt, dass, wenn Gott mit mir gehen wird, ich nie allein sein werde. Und ich habe auch sichere Hoffnung, dass das Opfer, das ich so für die Interessen des Reiches Gottes hier im Lande bringe, auch so oder so nicht ohne Frucht sein wird.“ Und mehr noch: „Als es dann endlich klar war, dass ich bleiben sollte, war meine Freude so groß, dass ich vor Freude und Dank ein Te Deum gebetet habe. Überhaupt habe ich dabei so sehr das Gnadenwirken Gottes an meiner Seele gespürt, dass ich wohl selten in meinem Leben mich so glücklich gefühlt habe, wie am Abend nach der Entscheidung.“
Niemand von uns weiß, was er angesichts von Qual und Tod empfinden würde. Aber dieses Erlebnis von Glück und Freude, die einem in der Not geschenkt werden können – das ist eine leuchtende Botschaft in grauer Zeit.