Viel mehr als nur „Internetheiliger“
Prüller
Die an diesem Sonntag vollzogene Heiligsprechung von Carlo Acutis, der im Jahr 2006, nur 15 Jahre alt, an Leukämie gestorben ist, hat auch Kritiker. Zum Beispiel, weil die Liste der eucharistischen Wunder, die Carlo ins Internet gestellt hat, auch Hostienschändungslegenden aufzählt, die oft Vorwand waren, um ganze jüdische Gemeinden in Europa auszurotten. Hier trifft der Vorwurf freilich weniger den von Christus in der Eucharistie tief erfassten Gymnasiasten als vielmehr jene Erwachsenen, die nach seinem Tod aus seiner Liste eine Ausstellung produziert haben, die diese Legenden nicht hinterfragt, sondern bloß das Wort „Juden“ durch „Religionsgegner“ und Ähnliches ersetzt.
Carlo Acutis ist nicht nur "Internetheiliger"
Es ist auch nicht sehr inspiriert, Carlo Acutis als den „Internetheiligen“ zu stilisieren, als ob seine Verwendung des Internets irgendwie eine religiöse Großtat gewesen wäre. Vielleicht hat diese Reduktion auf Nebensächliches damit zu tun, dass manche sich mit dem eigentlich Heiligmäßigen seines Lebens schwer tun: seiner kompromisslosen Entscheidung für Christus („Immer mit Jesus vereint zu sein, ist mein Lebensprogramm“), seiner Liebe zur Eucharistie, zur Kirche, zu „vormodernen“ Dingen wie dem Rosenkranzgebet und seinem Glauben an einen Gott, der auch heute noch Wunder tut. In seinem Leben und Sterben hat Carlo ein Einlassen auf Christus und damit eine Nähe zu Christus gezeigt, die uns Normalkatholiken unheimlich werden kann, weil sie die Gefahr birgt, dass Christus den eigenen Plänen in die Quere kommen könnte.
Heiligenverehrung soll freilich nicht beschämen, sondern ermuntern. Die Geborgenheit in Christus, die Carlos Leben und Sterben kennzeichnet, ist etwas überwältigend Großes. Der heilige Carlo ermuntert auch uns, uns darauf einzulassen.