Unerkannter Verfasser

Ausgabe Nr. 36
  • Heiter bis heilig
Autor:
Karl Borromäus gilt als Erfinder des Hirtenbriefes. Er verfasste zu Ostern an die Gläubigen im Erzbistum Mailand ein Rundschreiben. ©kathbild.at

Bernadette Spitzer erzählt gerne Heiteres aus der Welt der Kirche.

Franz Gabmayer zählt zu den ältesten Lesern des SONNTAG, ist er doch bereits 98 (!) Jahre alt. Er hat uns folgende Episode erzählt. Es ist schon eine längere Zeit her, da gab es in einem Dorf des Weinviertels eine Visitation. Der Bischof unterhielt sich jeweils mit der Jugend, mit den Frauen und zuletzt auch gesellig in einem Gasthaus mit den Männern. Unter anderem fragte er die Runde, wie sie so mit ihrem Pfarrer zufrieden seien. Zu seiner Freude hörte er hauptsächlich Positives über ihn. Einer allerdings hatte eine Kritik anzubringen: „Manchmal predigt er zu lang, und wenn ihm gar nichts einfällt, dann kommt er mit so einem depperten Hirtenbrief daher und liest ihn vor.“ Es ist allerdings nicht überliefert, wie der Bischof darauf reagiert hat – war er doch selbst der Verfasser der „depperten“ Hirtenbriefe!

Werbung

Stichwort Hirtenbrief

Hirtenbriefe haben eine lange Tradition, wenn man schon die Briefe der Apostel Paulus und Petrus an die ersten christlichen Gemeinden als solche betrachtet. Der erste Bischofsbrief der Neuzeit wurde zu Ostern an die Gläubigen im Erzbistum Mailand geschrieben. Autor war der damalige Erzbischof, der später heiliggesprochene Karl Borromäus (1538–1584). Im deutschen Sprachraum entwickelten sich später Advent- und Fastenhirtenbriefe. Inhaltlich können sie belehren oder auch zu ethischen, gesellschaftspolitischen oder seelsorglichen Fragen Stellung nehmen. Durch die zahlreichen, vor allem digitalen, Informationskanäle, haben Hirtenbriefe als Kommunikationsmittel mit den Gläubigen heute weniger Bedeutung. Das letzte Hirtenwort der österreichischen Bischöfe wurde übrigens 2021 zum synodalen Prozess veröffentlicht. Kardinal Schönborn schrieb 2015 einen Hirtenbrief zu den Entwicklungsräumen in der Erzdiözese Wien.

Autor:
  • Bernadette Spitzer
Werbung

Neueste Beiträge

| Leben
Jüdische Familiengeschichte

Die deutsch-israelische Journalistin Sarah Cohen- Fantl steht für eine Generation von Jüdinnen und Juden, die den Holocaust selbst nicht erlebten, aber dessen Spuren bis ins eigene Leben tragen. Als Enkelin von Überlebenden macht sie sich auf eine Reise durch das Trauma ihrer Familie.

| Kunst und Kultur
Buchtipps - Folge 5

"Frieden" ist eine Ursehnsucht des Menschen. Zu kriegerisch waren und sind oft die Auseinandersetzungen. Schon die hebräische Bibel kennt den ersehnten "Shalom", die erfüllte Friedensepoche.

| Spiritualität
Glaubenszeugnis

Im Leben von Manfred Edelmann, 49, Winzer in Göttlesbrunn, fließen Geschäftliches und Privates ineinander. In seinem Beruf, so der leidenschaftliche Gastgeber, „muss man die Menschen lieben“.