Sommerfrische im Museum
Empfehlenswerte AusstellungenEine Einladung, Kunst und Kultur als Erfrischung für Geist, Herz und Sinne zu erleben – anregend und oft überraschend aktuell.
100 Jahre Österreich: Photographische Zeitreise im Prunksaal

Die Österreichische Nationalbibliothek zeigt im Prunksaal noch bis 2. November die Ausstellung „Ein Jahrhundert in Bildern. Österreich 1925–2025“. Durch ausgewählte Photographien österreichischer Künstlerinnen und Künstler entsteht ein vielschichtiges Panorama der vergangenen hundert Jahre. Die Zeitreise führt von den Zerwürfnissen der Zwischenkriegszeit über die Schrecken des Zweiten Weltkriegs bis hin zu Meilensteinen wie dem Staatsvertrag von 1955 und dem EU-Beitritt 1995. Besonders eindrucksvoll: Die Ausstellung beschränkt sich nicht auf die großen politischen Ereignisse. Sie gewährt intime Einblicke in den österreichischen Alltag verschiedener Epochen – von Familienleben und religiösen Traditionen bis hin zu gesellschaftlichen Umbrüchen und kulturellen Entwicklungen.
Schieles letzte Suche und die stille Kraft des Biedermeier

Das Leopold Museum lädt derzeit zu zwei eindrucksvollen Ausstellungen ein: „Zeiten des Umbruchs“ beleuchtet bis 13. Juli Egon Schieles letzte Lebensjahre – eine Phase intensiver künstlerischer Auseinandersetzung mit Vergänglichkeit, Spiritualität und existentiellen Fragen. Ergänzend dazu zeigt „Biedermeier. Eine Epoche im Aufbruch“ bis 27. Juli die stille Kraft einer Zeit, in der sich das Private als Rückzugsort entfaltete. Zwischen familiärer Geborgenheit und gesellschaftlichem Wandel öffnet sich ein Panorama, das auch heutige Fragen nach Identität und innerem Halt berührt. Gemälde der österreichischen Gletscher wirken wie mahnende Zeitzeugen. Auch sakrale Bauwerke wie der Stephansdom oder der Mailänder Dom prägen die Bildwelten der Schau.
Theologische Türöffnerin Jeanne Peyrebère

Die Universitätsbibliothek Salzburg widmet Jeanne Peyrebère Marquise de Guilloutet (1875–1961) bis Mitte Juli eine Ausstellung anlässlich ihres 150. Geburtstags. Als erste Frau lehrte sie an der Katholisch-Theologischen Fakultät Salzburg und engagierte sich intensiv für den französisch-österreichischen Kulturaustausch. Peyrebère war eine schillernde Persönlichkeit mit bewegter Biographie: Nach dem tragischen Tod ihres Mannes verließ sie Frankreich und ließ sich in Salzburg nieder. Sie unterrichtete von den 1930er-Jahren bis 1961 an der Theologischen Fakultät – mit Unterbrechung während des NS-Regimes. Nach dem Krieg kehrte sie zurück und setzte ihre Lehrtätigkeit fort. Ihre finanzielle Lage blieb rätselhaft – umso überraschender war das Vermögen von 1,5 Millionen Schilling, das sie der Stadt Salzburg hinterließ. Daraus wird bis heute ein Interkulturstipendium vergeben. Peyrebère wurde am Petersfriedhof beigesetzt. Die Schau würdigt auch ihren Beitrag zur Universitätsbibliothek – eine Bücherschenkung aus Frankreich. Dekan Dietmar Winkler bezeichnete sie als „Pionierin“ in einer Zeit, in der Frauen an theologischen Fakultäten kaum zugelassen waren.
Aus der Kraft des Feuers

In Feuer geboren“ lautet der Titel der heurigen Jahresausstellung im Museum am Dom in Sankt Pölten. Die Schau spürt unterschiedlichen Bedeutungen des Feuers für das Christentum nach und zeigt sakrale Objekte, bei deren Herstellung Feuer eine wesentliche Rolle spielte. Gespannt wird der Bogen über verschiedene Motive des Feuers in der christlichen Kunst, von Gottes Offenbarung im brennenden Dornbusch bis zum Feuermartyrium bekannter Heiliger.
Neu im Kino: Unrecht zwingt Tell zum Handeln

Mit seiner Neuverfilmung der Tell-Sage wagt sich Nick Hamm an ein nationales Urgestein der Schweizer Identität – und zugleich an einen Stoff, der durch Schillers Drama tief im kulturellen Gedächtnis verankert ist. Hamm erzählt die Geschichte des legendären Apfelschützen nicht als klassisches Heldenepos, sondern als düsteres, bildgewaltiges Drama über Krieg, Gewissensnot und den Preis der Freiheit.
Wilhelm Tell (Claes Bang) erscheint hier als ein traumatisierter Kreuzzugsveteran, der sich nach Frieden sehnt, aber in eine Spirale der Gewalt gezogen wird. Die berühmte Apfelschuss-Szene ist eindrucksvoll inszeniert. Der Film erzählt von der Zerrissenheit eines Mannes, der nicht zum politischen Märtyrer geboren ist, sondern durch das Unrecht zum Handeln gezwungen wird. Die Frage, ob Widerstand mit Gewalt gerechtfertigt ist, durchzieht den Film wie ein roter Faden – und berührt damit auch ethische und theologische Grundfragen.
Zwar bleibt die Figurenzeichnung oft holzschnittartig, und die Schwarz-Weiß-Malerei zwischen guten Eidgenossen und bösen Habsburgern wirkt mitunter plakativ. Doch gerade in seiner Unvollkommenheit regt der Film zur Auseinandersetzung an – nicht zuletzt mit Friedrich Schiller.