„Tradwives“ und ihre Verbindung zum Christentum

Social-Media-Phänomen
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Symbolbild Hausfrau mit Kind in der Küche, Videokamera, die alles filmt
Sie filmen sich unter anderem beim Kochen und Backen und laden die Inhalte dann auf den sozialen Netzwerken hoch. Die „Tradwives" erreichen so Millionen von Menschen und stehen für ein Familienleben, das eigentlich schon längst nicht mehr aktuell ist. ©Canva

Sie stellen ein perfektes Leben zur Schau. Sie haben alles, was sich viele wünschen: eine funktionierende Ehe, ein großes, schönes Haus und eine Schar entzückender Kinder, um die sie sich als „stay-at-home mother“ den ganzen Tag über kümmern können. Denn es sind ihre Ehemänner, die das Geld nach Hause bringen. Für den Haushalt und die Kindererziehung sind sie zuständig, die sogenannten „Tradwives“, Hausfrauen im digitalen Zeitalter.

Der Begriff ist die Kurzform von traditional wife, zu Deutsch „traditionelle Ehefrau“ und meint den sich auf Social Media abzeichnenden Trend zur Retraditionalisierung. Junge Frauen entschließen sich aus freien Stücken, wie sie so oft betonen, dazu, ein Familienleben wie in den 1960er-Jahren zu führen. Sie filmen sich bei ihren alltäglichen Haushaltsroutinen oder in der Küche und veröffentlichen diese Inhalte dann auf Social-Media-Plattformen wie Instagram. Was dabei entsteht, ist ein ästhetischer Feed von Bildern ihrer süßen Kinder, ihrem immer aufgeräumten Haus und natürlich von ihnen selbst.

Alles ist glatt, alles ist normschön, vor allem auch die Tradwives.

Sie malen ihren Followern ein Bild von einer nicht zu erreichenden Familienidylle und idealisieren ein Frauenbild, das eigentlich schon längst aus der Zeit gefallen ist.

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Ein Trend, wie aus der Zeit gefallen

Woher kommt also ein solcher „Trend“? (Wenn man in diesem Kontext dieses Wort überhaupt verwenden möchte – immerhin ist diese Retraditionalisierung eher ein Symptom eines tief verwurzelten gesellschaftlichen Wertesystems.) Eine mögliche Erklärung ist, dass man sich in Zeiten der Unsicherheit auf das Altbekannte, auf das „Bewährte“ rückbesinnt, in einer Art Versuch, dieser Unsicherheit entgegenzuwirken. Dass der Begriff „Tradwife“ in Zeiten der Pandemie an Viralität gewonnen hat, ist somit wenig verwunderlich. Die Tradwives sind durch ihr modern vermarktetes, dennoch veraltetes Familienleben unfassbar erfolgreich geworden, mit Followerschaften in Millionenhöhen. Sie verkörpern ein vermeintlich weniger anstrengendes Leben als das moderner Mütter, in Abhängigkeit ihrer Männer, das viele ihrer Zuseherinnen und Zuseher so gar nicht mehr kennen.

Symbolbild einer traditionellen Hausfrau mit Schürze wie in den 1950ern mit Brot
Ein Familienleben wie „in den guten alten Zeiten". Den Tradwives ist es auch oft ein Anliegen alles selbst und von der Pike auf zu machen - sei es das Sauerteigbrot oder die Butter. ©Adobe Firefly/KI-generiert

Gemeinsamer Nenner der Tradwives: der christliche Glaube

Auffällig ist, dass diese Influencerinnen oft eine Verbindung zum christlichen Glauben haben:

Die Tradwife schlechthin, Hannah Neeleman, ist zum Beispiel Mormonin, also Angehörige der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Neben Videos, in denen die achtfache Mutter ihre Care-Arbeit auf romantisierte Art und Weise präsentiert, veröffentlicht sie auch immer wieder Inhalte, wo die Familie beim sonntäglichen Besuch der Kirche zu sehen ist.

Andere Tradwives zeigen sich auch beim Bibellesen oder posten Videos, in denen sie die heilende Kraft Jesu preisen.

Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, nur wird die tiefe Gläubigkeit der Influencerinnen von manchen als Ursprung ihrer gesegneten Lebensrealität verstanden. Die Message lautet dann: „Sei so verbunden mit Jesus wie ich, dann wirst du auch so ein schönes Leben haben.“ Eine fatale Botschaft.

Denn für diesen Lifestyle benötigt man eine privilegierte finanzielle Lage. Viele Ehemänner der Tradwives gelten als reich – sehr reich.

Alles ist glatt, alles ist normschön, vor allem auch die Tradwives selbst.

Scheinwelt Social Media

Die Online-Präsenz der Tradwives holt mit ihrer besänftigenden Gestaltung und den idyllischen Szenerien eines traditionellen Großfamilienlebens viele Menschen da ab, wo unsere moderne Gesellschaft dabei versagt, Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten. Diese Frauen leben dafür, ihren Mann und ihre Kinder glücklich zu machen.

Die Rolle der Hausfrau wird extrem idealisiert

Vermeintliche „Eitelkeiten“ der modernen Gesellschaft, wie etwa Geld, überlassen sie in ihrer selbstgewählten Unterwürfigkeit ihren Ehemännern. Zumindest in der Scheinwelt Social Media, denn realistisch ist daran gar nichts! Was viele nicht sehen: Die Influencerinnen verdienen mit ihren Inhalten viel Geld. Sei es durch Werbepartner, eigene Online-Shops oder durch die Tatsache, dass sie durch ihren Social-Media-Account berühmt geworden sind.

Fazit: Tradwives performen eine Abhängigkeit, obwohl sie in Wahrheit mehr als eigenständige Frauen sind. Sie propagieren öffentlich ein Ideal des makellosen Großfamilienlebens, das wohl nur für wenige Privilegierte realisierbar ist. Ihr perfektes Leben ist also mit Vorsicht zu genießen!

Autor:
  • Miriam Pühringer
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