Kopfkino mit „Dirty Rita“
Hirtenhund
Was haben Schwester Franziska Madl, die Schwestern Rita, Regina und Bernadette, die spanische Popsängerin Rosalia und Shirley MacLaine gemeinsam? Sie alle verkörpern auf ihre je eigene Art und Weise den Stand der Ordensfrau. Und sie alle sind damit auch Spiegelbilder von Erwartungshaltungen, die man Ordensfrauen gegenüber einnimmt. Schwester Madl verkörpert als neue Vorsitzende der Ordenskonferenz die bewährte wie bedachte Ordensfrau. Pragmatisch, bescheiden, kompetent. Rita, Regina und Bernadette verkörpern den Idealtypus der aus der Zeit gefallenen rüstigen Rollator-Rebellinnen. Das spanische Popsternchen Rosalia schließlich ergänzt das Mosaik: Auf dem Cover ihres aktuellen und vom Feuilleton gefeierten Album „Lux“ posiert sie als sinnliche und in ihrem Habit geradezu gefangene Ordensfrau. Wobei das Geheimnis ihres Erfolges wohl das „Gesamtpaket“ darstellt: Denn Rosalia bedient nicht nur optisch alle Klischees, ihre Texte befassen sich mit heiligen Frauen, Nonnen oder Mystikerinnen. Passenderweise singt sie eines ihrer Lieder auch auf Latein.
Ordensfrau auf Instagram
Mit weitaus banaleren Mitteln, nämlich der puren optischen Erregung, spielt „Schwester Eva“. Die junge brasilianische Ordensfrau hat zuvor als Model gearbeitet. Nach dem Eintritt in eine Ordensgemeinschaft, die ihr offenbar weiterhin erlaubt, reichlich Schminke aufzutragen, zählt ihr Instagram-Account bereits über 330.000 Follower. Alle Einträge zeigen nur eines: Ihr Gesicht. Warum? Weil Sex sells – und das offenbar um so mehr, je größer die Klischees sind, die damit verbunden werden.
Die Ordensfrau, die mit Reizen nicht geizte
Das hat bereits die Regisseurin Florentina Holzinger vorgemacht, als sie vor eineinhalb Jahren bei den Wiener Festwochen in „Sancta“ eine Nonne mit ihrer Lust und um ihre sexuelle Befreiung ringen ließ. Ein wohlkalkulierter, gleichsam elendslangweiliger Eklat mit Ansage. Mich langweilt das alles zunehmend. Denn es nutzt nur den um Klicks und Werbeeinnahmen ringenden Plattformen. Nicht aber den ausblutenden Ordensgemeinschaften. Bleibt am Ende noch Shirley MacLaine. Im Western „Ein Fressen für die Geier“ verkörperte sie bereits 1970 eine Ordensfrau, die mit Reizen nicht geizte und den armen Clint Eastwood um den Verstand brachte. Bis am Ende herauskam: Sie war ein verkleidetes leichtes Mädchen. Aufatmen bei Clint und den Zuschauern. Er durfte endlich mit seiner „Nonne“ in die Badewanne steigen.
Ordensfrau im Kopfkino
Mit ihren 91 Jahren wäre MacLaine übrigens eine ideale Besetzung für eine Verfilmung des Dramas von Goldenstein. Regie würde dann wohl der 95-jährige Clint führen: „Das Kloster am Fluss“. Oder als filmischer Dreiteiler beginnend mit „Dirty Rita“. Wobei – das würde wohl wieder ein unschönes Kopfkino ankurbeln.