Kein Gebot sagt: „Seid sozialrelevant!“
Prüller
In der vergangenen Woche ferfolgte die alljährliche Bekanntgabe der aktuellen Katholikenzahl in Österreich. Der Nebenaspekt der Kirchenaustritte findet dabei regelmäßig die größte Medienbeachtung. Heuer gab es allerdings nicht einmal dafür mediale Resonanz. Rückläufige Austrittszahlen ergeben nun mal keine sexy Story. Man kann das Desinteresse auch interpretieren als Begleiterscheinung der schwindenden gesellschaftlichen Relevanz der Kirche. Wir sind als Kirche für Staat und Volk einfach nicht mehr so wichtig wie in der guten alten Zeit, die bei uns 1945 für ein paar Jahrzehnte wiederaufgerichtet worden war.
„Wie kann dich das kaltlassen?“, hat mich ein Freund gefragt. Meine Antwort: In der Bibel finde ich das Gebot „Seid sozialrelevant!“ kein einziges Mal. Wer die Kirche aufgrund ihres Potentials zur Gesellschaftsveränderung liebt, den wird sie enttäuschen. Wer aber die Kirche liebt, weil in ihr staunende Begegnung mit Christus möglich ist, wird sehen, dass genau das sie relevant für alle macht. Die Christusbegegnung öffnet die Schleusen für Liebe, Lebensmut, Lebenskraft, Liebe zu den Armen, Liebe zur Gerechtigkeit, Geborgenheit und für die Freiheit vom Urteil der anderen und deren Anerkennung. Und das hat die Kirche von Anfang an relevant gemacht. So relevant, dass die römischen Behörden und die jüdischen Autoritäten glaubten, einschreiten zu müssen. Und so relevant, dass seit 2.000 Jahren das Christentum die Welt (und das heißt auch: sich selber) gütiger macht, vielleicht sogar gerechter.
Ob es uns gelingt, auch in dieser mühsam werdenden Zeit, in der das Bezichtigen, das Empören und das Verachten, kurz: die Unduldsamkeit zunehmen, Güte und Gnade in die Welt zu bringen, hängt weniger von unserer zahlenmäßigen Stärke ab als von unserer Treue zu Christus. Also Kopf hoch!