Geheiligt werde dein Name

Das Vaterunser - Teil 1
Ausgabe Nr. 35
  • Spiritualität
Autor:
Wie heiligt man Gottes Namen, fragt sich Beatrice von Weizsäcker, wenn sie über das Vaterunser nachdenkt. ©fotos kallejipp/Photocase.de
Beatrice von Weizsäcker ist Juristin und Autorin. ©privat

Das Vaterunser. So vertraut und doch so fremd: das Gebet, das Jesus uns zu beten gelehrt hat. Wie kann man es nach den unzähligen Malen immer wieder ehrlich und aufrichtig beten? Teil 1/4

Um sich dem Wort zu nähern, lohnt ein Blick ins Glaubensbekenntnis. Dort kommt der Begriff „heilig“ gleich viermal vor. Einmal als Substantiv, bei der „Gemeinschaft der Heiligen“, dreimal als Adjektiv. „Empfangen durch den Heiligen Geist“, „Ich glaube an den Heiligen Geist“, „… die heilige katholische Kirche“. Kein anderes Wort erscheint im Credo so oft wie dieses. Nicht Gott, nicht Vater, nicht Jesus Christus, nicht die Auferstehung, nicht das ewige Leben. Das Heilige spielt beim Glauben offensichtlich eine große Rolle. Darum fängt auch das Vaterunser damit an.

Werbung

Großes oder kleines „H“

Und doch gibt es im Glaubensbekenntnis einen kleinen, aber feinen Unterschied. Während beim Geist das Wort großgeschrieben wird, ist es bei der katholischen Kirche kleingeschrieben. Der Geist ist der „Heilige“, unangreifbar. Die katholische Kirche hingegen bloß „die heilige“. Es ist, als hätten die Verfasser geahnt, dass es mit dem Heiligen in der katholischen Kirche nicht weit her ist. Wie recht sie damit behalten sollten, war ihnen vermutlich nicht klar. Ich nenne nur ein Stichwort: die sexualisierte Gewalt. Die Kirchenaustritte legen ein beredtes Zeugnis von dem Desaster ab.

Kirche Gottes, nicht der Amtsträger

Viele scheinen zu vergessen, dass die Kirche für die Menschen da ist und nicht umgekehrt die Menschen für die Kirche mit ihren geweihten Amtsträgern. Die Kirche ist nicht ihnen geweiht, sondern Gott. Jesu Worte sind da ganz eindeutig: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ (Mt 16,18) Er sagte nicht, auf diesen Felsen sollt ihr eure Kirche bauen. Er spricht von seiner Kirche. Nur so verdient sie den Namen „heilige katholische Kirche“. Sie gehört den Amtsträgern nicht, sie ist ihnen bloß anvertraut. Ihnen und uns allen.

Freilich sind wir fehlbar. Wir sind schwach, eitel, verführbar, berechnend und manche auch machthungrig. Gott hat die Verantwortlichen in seiner Kirche aber nicht zu Göttern gemacht. Sie sind verantwortlich für das, was geschieht.

Der heilige Name

Wenn es im Vaterunser heißt, geheiligt werde dein Name, bedeutet das, dass Gottes Name unantastbar ist, das Allerheiligste. Gottes Namen am Anfang des Vaterunsers zu ehren, heißt nicht nur, dass alles mit Gott beginnt, sondern auch, dass alles damit beginnt, Gott zu loben und ihn zu preisen. Dass sich sein Name über die ganze Welt und über jeden Menschen wölbt. Dass Gott immer da ist. Deswegen spreche ich die Worte: „Dein Reich komme. Dein Wille geschehe. Wie im Himmel, so auf Erden.“ Denn Gott ist überall, auch wenn ich ihn nicht sehe. Auch wenn ich nicht verstehe, was ich bete. Auch wenn ich Fragen über Fragen habe. Ich heilige seinen Namen. Weil er heilig ist.

Autor:
  • Beatrice von Weizsäcker
Werbung

Neueste Beiträge

Advertorial
Advent- und Weihnachtszeit
Kunst und Kirche

Wer für Advent und Weihnachten auf der Suche nach Dingen ist, die nicht nur das Herz erfreuen, sondern auch die Sehnsucht nach Tiefe stillen, ist bei „Kunst und Kirche“, dem Fachgeschäft für religiöses Kunsthandwerk und Kultur am Stephansplatz genau richtig.

| Spiritualität
Himmel und Erde

Am 23. November erscheint es: Unser Weihnachtsmagazin 2025 mit dem Titel "Mehr Licht". Dieses Jahr steht unser "Himmel & Erde"-Magazin ganz im Zeichen des Ehrenamtes.

Advertorial
Kapuzinergruft
Kapuzinergruft

Die Kaisergruft in Wien, das ist zunächst die Grablege der Familie Habsburg, die wie keine andere mit Weltgeschichte in allen ihren Widersprüchlichkeiten verwoben ist.