Ganz einfach

Hirtenhund
Ausgabe Nr. 49
  • Hirtenhund
Autor:
©Der SONNTAG

Der Hirtenhund fragt sich eine - vor allem für Vierbeiner - interessante Frage: Wozu gibt es Priester?

Wozu braucht es Priester? Diese Frage habe ich mir gestellt, nachdem ich einen Sermon von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gelesen habe. In einer Botschaft an französische Seminaristen führte er aus: „Der Priester ist zölibatär – und er will es sein, weil Jesus es war, ganz einfach“. Dieses „ganz einfach“ machte mich hellhörig – denn meist sind die Sachen alles, nur nicht „ganz einfach“. Und Parolin legte noch nach: Niemand habe die Macht, „das Wesen des Priestertums zu ändern, und niemand wird es jemals ändern“. Was war da los? Sprach da ein Großtheologe mit quasi-päpstlicher Autorität? Oder war das eher ein kleiner napoleonischer Ausbruch?

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Wo immer mir jemand mit solcher Gewissheit etwas reinsemmeln will, werde ich skeptisch und grundsätzlich: Wozu braucht es also Priester? Traditionell zu dreierlei: zur Feier der Eucharistie, zur Auslegung des Evangeliums und zur Leitung einer Gemeinde. Aber: Das sind keine Tätigkeiten, die das Neue Testament festgelegt hat. Jesus hat kein Priesteramt eingesetzt. Und auch wenn er laut biblischem Zeugnis ein zölibatäres Leben pflegte, so bedeutet das noch nicht, dass er dies auch seinem Nachfolgepersonal abverlangte. Ketzer-Köter!, höre ich schon empörte Leserbriefschreiber. Aber tatsächlich ist die Sache mit dem Priestertum nicht so einfach, wie uns das Parolin glauben machen möchte. Es entstand in der uns bekannten Form im 3. Jh. n. Chr. – auch der Zölibat wurde da erstmals erwähnt und war keineswegs State of the Priester-Art. Selbst fürs Herrenmahl brauchte es im Ursprung keine Priester im heutigen oder damaligen Verständnis als Opferkult-Manager: Als einziges Kriterium nannte Paulus, dass alle das Gleiche zu essen bekommen müssen und sich als gleiche behandelt fühlen. Wenn „der eine hungert, der andere aber besoffen ist“, ist das kein Herrenmahl (vgl. 1 Kor 11,17-22). Ob das vielen heutigen Eucharistiefeiern ihre Gültigkeit nimmt …?

Das alles stammt nicht von mir, sondern von Martin Ebener, Neutestamentler und – katholischer Priester. Nur um es klarzustellen: Ich will weder den Zölibat noch das Priesteramt abschaffen. Nur flattern mir die Lefzen, wenn unser Spitzenpersonal sich auf den „Ganz einfach“-Standpunkt zurückzieht. Heute ein Priesteramt in Treue zum Ursprung zu leben bedeutet, der eigenen Tradition und Geschichte kritisch gegenübertreten zu können und kein klerikal überhöhtes Selbstverständnis auszubilden, sondern zu wissen, wozu man da ist und wo man herkommt – in aller Bescheidenheit und Demut. Ganz einfach.

Autor:
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