„Befriedige ich bloß meine Eitelkeit?“

Glaubenszeugnis
Ausgabe Nr. 26
  • Spiritualität
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Der Dominikanerfrater lebt seine Berufung mit tiefer Freude.
Seine Berufung lebt Dominikanerfrater Xaver M. Propach mit tiefer Freude. ©privat

Rational betrachtet hätte der Dominikanerfrater Xaver M. Propach, 35, die Jobangebote annehmen müssen, die er als junger Akademiker bekam. Sein Bauchgefühl sagte ihm aber etwas anderes. Heute ist der Doktor der Theologie und Philosophie Dominikaner in Wien.

Frater Xaver Propach wuchs in einer protestantischen, liberal eingestellten Familie in Nordrhein-Westfalen auf. Als 14-Jähriger ließ er sich katholisch taufen.

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Frater Xaver, wie kam es dazu, dass Sie mitten in der Pubertät entschieden, sich taufen zu lassen?

Ich stellte mir damals für Teenager typische Fragen wie ‚Was ist der Sinn von allem?‘. Ich besuchte den evangelischen Religionsunterricht, hatte auch eine kurze marxistische Phase – Antworten auf meine Fragen fand ich weder dort noch da. Aus diesen Gründen beschloss ich, zum katholischen Religionsunterricht zu wechseln. Der Lehrer, ein junger, charismatischer Priester, überzeugte mich als Person und konnte darüber hinaus meine Fragen beantworten. Ich wollte den nächsten Schritt tun und erhielt an einem Tag die Taufe, die Erstkommunion und die Firmung.

Sie sind mit achtzehn in ein diözesanes Priesterseminar eingetreten, drei Jahre später wieder ausgetreten. Die Frage, was der Wille Gottes für Ihr Leben ist, hat Sie stark beschäftigt. Welche Antworten haben Sie gefunden?

Als ich nach drei Jahren aus dem Seminar ausgetreten bin, war das Berufungsthema erst einmal lange weg. Ich schlug eine akademische Laufbahn ein, aber nach meiner ersten Promotion dachte ich mir dann: Wozu das Ganze eigentlich? Befriedige ich meine Eitelkeit oder möchte ich meine Talente in ein großes Ganzes hineingeben? Zu diesem Zeitpunkt kam auch die Frage wieder auf, was Gott eigentlich von mir will. Später, schon im Noviziat der Dominikaner, befasste ich mich mit Thomas von Aquin, was mein Bild von Berufung stark prägte. Er sagt nämlich: Es geht nicht darum, zu erkennen, was Gott will – das können wir immer erst im Nachhinein. Sondern es geht darum, zu wollen, wovon Gott will, dass wir es wollen. Und das erkennen wir, indem wir entdecken, was für Sehnsüchte und Charaktereigenschaften Gott in uns hineingelegt hat. Das zu verwirklichen heißt Berufung zu leben.

Was hat Sie bewogen, Dominikaner zu werden?

Ich habe gemerkt, allein bin ich zu schwach. Ich brauche die Anstöße meiner Mitbrüder, das gemeinschaftliche Leben. Das habe ich bei den Dominikanern gefunden. Außerdem bildet das akademische Arbeiten und das Ordensleben bei den Dominikanern eine wunderbare Einheit.

Gab es auf dem Weg zum Ordenseintritt Momente des Haderns?

Natürlich gab es die. Ich habe ja meinen Job, meine wunderschöne Wohnung in München, ja ein ganzes Leben aufgegeben. Das alles aus der Hand zu legen, war ein großer Schritt. Deswegen habe ich viel überlegt und geprüft: Was spricht dafür, was dagegen? Der letzte Schritt aber, habe ich gemerkt, war ein Bauchgefühl, eine Intuition. Während eines Forschungsaufenthalts in Japan bekam ich unverhoffter Weise zwei akademische Jobangebote. Das war so, als ob man als Kind immer schon Astronaut werden wollte, und dann meldet sich die NASA. Natürlich habe ich mich sehr gefreut. Rational gesehen hätte ich diese Angebote annehmen müssen, aber innerhalb weniger Stunden war dieses Bauchgefühl da: Das ist nicht das, was mich glücklich machen wird, weil es nicht das ist, wovon Gott will, dass ich es will.

„Es geht darum, zu wollen, wovon Gott will, dass wir es wollen.“

Xaver M. Propach

Seit zwei Jahren sind Sie Dominikaner. Was finden Sie am Ordensleben großartig?

Trotz aller Schwierigkeiten, die es im Gemeinschaftsleben immer gibt, ist mir in allen Häusern immer eine Grundfreude begegnet. Es ist nicht so, dass alle ständig lachen oder Witze machen, sondern da ist eine tiefe Freude. Und dann sind es besonders die alten Mitbrüder, die mich beeindrucken. An ihnen sehe ich, wie man sich auch im Alter Neugierde und Wachheit behalten kann, ohne dass der Geist eng wird, und dass Ordensleben gelingen kann.

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Autor:
  • Sandra Lobnig
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