Diese Wandbehänge erschienen schon Zeitgenossen als ein Wunder
Ausstellung „Raffael. Gold & Seide“
Mit „Raffael. Gold & Seide“ zeigt das Kunsthistorische Museum (KHM) in Wien die monumentalen Tapisserien des 16. Jahrhunderts in ihrer luxuriösen Erstklassigkeit als Ausdruck von Macht und Reichtum. „Sie waren das Beste vom Besten, das Teuerste vom Teuren“, unterstrich KHM-Generaldirektorin Sabine Haag bei der Präsentation die Stellung der gezeigten Arbeiten. Im Zentrum steht die von Raffaello Sanzio da Urbino, gen. Raffael (1483–1520), entworfene Serie mit Darstellungen des Lebens und der Wundertaten der Apostel Petrus und Paulus. Die Ausstellung skizziert, wie sehr Raffaels Kompositionen die stilistische Entwicklung insbesondere der flämischen Wandbehänge beeinflussten.
„Wir haben die zweitgrößte Tapisseriesammlung der Welt nach der spanischen Krone“, freute sich Sabine Haag mitteilen zu können und drückte aus, welche Bedeutung den 750 Wandteppichen im Haus zukommt. Diese sind nach dem Ende der Monarchie in die Bestände der Kunstkammer gewandert.
Geschaffen für die Sixtinische Kapelle
Katja Schmitz-von Ledebur hat die Ausstellung kuratiert und die Begleitpublikation verfasst. Vom Boden bis zur Decke gespannte Fäden bestimmen als Design- element die Ausstellungsgestaltung von Michael Embacher und Constantin Schweizer und sollen nach der Schau recyclet werden.
Das Herz der im Halbdunkel präsentierten 18 Wandarbeiten bildet die zehnteilige Apostelserie zum Leben von Petrus und Paulus. Raffael schuf sie im Auftrag des kunstsinnigen Medici-Papstes Leo X. für die Sixtinische Kapelle. Raffaels Entwürfe wurden von der Brüsseler Manufaktur von Pieter van Aelst umgesetzt. Der luxuriöse Charakter der Wandbehänge kam allein schon durch die Verwendung teurer Materialien wie Gold- und Silberfäden, Seide und Wolle sowie durch die langjährige und damit kostenintensive Anfertigung zum Ausdruck.
„Das Werk erscheint eher als ein Wunder denn als das Werk eines Menschen, weil es in ihm Wasser, Tiere, Häuser gibt, die so gut gemacht sind, dass sie nicht wie gewebt, sondern wie mit dem Pinsel gemalt erscheinen“, zeigte sich Giorgio Vasari (1511–1574), italienischer Künstler und Künstlerbiograf, von den Tapisserien begeistert.
Sieben Tugenden und Sieben Todsünden
Für den Tapisserie-Entwurf tätige Künstler wie Barend van Orley (1488–1541), Pieter Coecke van Aelst (1502–1550) und Michiel Coxcie (um 1499–1592) ließen sich von den Raffaelschen Kompositionen beeindrucken. Van Orleys Entwürfe der „Geschichte von Romulus und Remus“ sowie Michiel Coxcies „Sieben Tugenden“ sind ebenso vertreten wie die nach Vorlagen des Pieter Coecke van Aelst gestalteten „Sieben Todsünden“.
Zum Abschluss der Schau begegnen die Besucherinnen und Besucher der eindrucksvollen Tapisserie „Die Schule von Athen“, der Raffaels populäres Fresko aus der Stanza della Segnatura im Vatikan als Vorlage diente.