Das Leben ist besser als sein Ruf!

Sommergespräche - Teil 4
Ausgabe Nr. 31
  • Spiritualität
Autor:
„Was in dir wartet darauf, endlich leben zu dürfen?“ Fragen wie diese stellt Uwe Böschemeyer sehr gerne.
„Was in dir wartet darauf, endlich leben zu dürfen?“ Fragen wie diese stellt Uwe Böschemeyer sehr gerne. ©privat

Mit seinen 80 Jahren weiß Psychotherapeut und Autor Uwe Böschemeyer, wovon er spricht. In seinem gleichnamigen Buch schreibt er über die Möglichkeiten, die das Leben uns bietet und wie wir sie nutzen können.

Schon das Lesen des Buches lässt es ahnen, im Gespräch merkt man es sofort: Hier spricht einer, der das Leben (mit all seinen Fragen und Herausforderungen) liebt und die Freude daran weitergeben möchte. 

Werbung

Leben in Salzburg

Danke, dass wir heute bei Ihnen in Salzburg zu Gast sein dürfen. Das ist deshalb erwähnenswert, weil Sie erst mit 71 Jahren von Hamburg hierhergezogen sind. Wie kam es dazu? 

Uwe Böschemeyer: Es gab mehrere Gründe: Ich habe Salzburg durch Lesungen und Veranstaltungen schon früh lieben gelernt, meine Frau mochte die Stadt sehr und außerdem war mein damaliger Verleger hier in Salzburg und da wir uns von Anfang an sehr gut verstanden haben, war auch das Anlass für den Umzug. 
 

Sie erzählen am Beginn Ihres Buches über Ihre Entscheidung, nach Salzburg zu gehen, um Ihren Lesern und Leserinnen Mut zu machen, Wünsche und Träume Wirklichkeit werden zu lassen. War dieser Schritt für Sie die Verwirklichung eines Traumes? 

Es war ein Lebenstraum, der sich schon Jahre vorher anbahnte. Ich bin ein Mensch, der gerne auf Reisen ist, und Salzburg war für mich der Inbegriff von Charme und geistigem Reichtum. Denken Sie nur an die Salzburger Festspiele! 

Die Angst vor dem Leben

Trotzdem stelle ich mir so eine Veränderung mit über 70 Jahren gar nicht so einfach vor.

Sie ahnen das Richtige. Bis heute ist es schwer für mich, dass meine Kinder in Hamburg leben und es mir immer noch übelnehmen, dass ich weggezogen bin. Insgesamt aber habe ich es nicht bereut. 
 

Viele Menschen bleiben bei ihren Träumen oder Sehnsüchten stehen und setzen ihre Wünschen nicht in die Tat um. Woran scheitert es?

An der Angst vor dem Leben, der viel zu starken Neigung, sich abzusichern, und natürlich an der Angst davor, dass es schiefgehen könnte. Das führt dazu, dass sich ein Mangel an Phantasie in vielen Menschen ausbreitet. An dieser Stelle würde ich gerne viel länger weiterreden, dafür fehlt uns die Zeit, aber lassen Sie mich eines sagen: Ich liebe das Leben und ich liebe die Veränderungen. C.G. Jung hat einer alten Dame auf die Frage, was sie in ihrem Leben denn noch tun könnte, die Antwort gegeben: Es gibt immer etwas Neues vor uns. Ich liebe diesen Satz. 
 

Liebe und Neugier aufs Leben

Die Liebe zum und die Neugier aufs Leben merkt man Ihnen an. Wie können wir diese Energie in uns entfachen? 

Sie können sich zum Beispiel überlegen, was Sie als Kind gerne gemacht haben. Ich habe zum Beispiel wieder begonnen, Klavier zu spielen. Und stellen Sie sich die Frage: Was in mir wartet darauf, endlich leben zu dürfen?
 

Sie diagnostizieren in Ihrem Buch als Kernproblem unserer Zeit den Verlust der Dimension der Tiefe.
Dieser Terminus stammt von Paul Tillich. Menschen denken und reden viel zu schnell und lassen sich auf tausend Dinge ein, aber das vielleicht Wichtigste, woran sie denken können, daran denken sie nicht. Viele haben kaum Kontakt zu dem, was Viktor Frankl das geistig Unbewusste genannt hat. Ich bin seit langen damit beschäftigt, die kognitive und geistig-emotionale Ebene zusammenzubringen. Das ist das Aufregendste, das ich in meinem langen Leben bisher erfahren habe. 

Spiritualität und Glaube im Leben

Da gehört wohl auch die spirituelle Ebene dazu. Welche Rolle spielt der Glaube in Ihrem Leben?

Er ist für mich das Zentrum. Und das, obwohl ich jahrelang ein Skeptiker gewesen bin. Aber inzwischen hat sich meine Haltung Gott gegenüber wesentlich verändert. Das hat mit dem Wiedergewinnen der Tiefe sehr viel zu tun. Für mich ist Gott der Grund, die Mitte und das Ziel des Daseins und daran zweifle ich nicht mehr.

Woran merken Sie die Gegenwart Gottes in Ihrem Leben?

Ich bin mindestens zwei- bis dreimal täglich in der Stille. Gott sagt nichts Konkretes zu mir, aber er vermittelt mir: „Ich sehe dich.“ Es geht nicht viel um Interaktion zwischen ihm und mir. Dieses Gesehen-Werden macht mich frei und mutig. Es macht mich dem Leben gegenüber sogar frech.  

Logo radio klassik Stephansdom.
Logo radio klassik Stephansdom. ©David Kassl

Sommergespräch: Uwe Böschemeyer

Uwe Böschemeyer ist 86 Jahre alt, arbeitet nach wie vor als Psychotherapeut und Autor. Zuletzt im Tyrolia Verlag erschienen ist: „Das Leben ist besser als sein Ruf“. boeschemeyer.at

Das ganze Gespräch hören Sie am Montag, 4. August 2025, 17:30 Uhr.  ▶ radioklassik.at

Schlagwörter
Autor:
  • Veronika Bonelli
Werbung

Neueste Beiträge

| Soziales
Advertorial

Mit Miina erhalten Sie schnell und unkompliziert genau die Unterstützung, die Sie im Alltag oder in Pflegesituationen benötigen.

 

| Spiritualität
Sommergespräche - Teil 6

„Alles wird gut, Oida!“ schreibt Eva Karel in ihrem neuen, gleichnamigen Buch. Wie das gelingen kann? Mit mehr Herz statt Hirn. Mehr Wir statt Ich. Mit Viktor Frankl und einem Hund. Denn Angst, Ratlosigkeit und Zorn gehören Gassi geführt.

| Heiligenschein
Ordenspionierin und TV-Heilige

Wöchentliche Heilige, vorgestellt von Bernadette Spitzer.