Burundi: Überleben im Paradies

Caritas Hungerhilfe
Ausgabe Nr. 32
  • Soziales
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Ziegen, Lehmöfen und Schulen: Was in Burundi  für die Hungerhilfe und gegen die Folgen des Klimawandels getan wird.
Ziegen, Lehmöfen und Schulen: Was in Burundi für die Hungerhilfe und gegen die Folgen des Klimawandels getan wird. ©Stefan Hauser
Schwester Patrice Barenkensabe vom Kezakimana-Ernährungszentrum berät Mütter medizinisch bei der Familienplanung und der Ernährung ihrer Kinder.
Schwester Patrice Barenkensabe vom Kezakimana-Ernährungszentrum berät Mütter medizinisch bei der Familienplanung und der Ernährung ihrer Kinder. ©Hauser

Das ostafrikanische Land Burundi steht im Mittelpunkt der diesjährigen Hungerhilfe-Kampagne der Caritas. Projekte für Ernährungssicherung und gegen Auswirkungen des Klimawandels sind im Fokus.

Es ist schön in Burundi, einem kleinen, fruchtbaren Hügelland Afrikas, neun Flugstunden von Wien entfernt. Es ist eines der flächenmäßig kleinsten und zugleich am dichtesten besiedelten Länder Afrikas, geprägt von roter Erde, Bananenstauden, viel Grün und Wasser. So kann es auch im Paradies aussehen. Kann, denn Burundi hat große Probleme: Überbevölkerung, Armut, Flüchtlingselend sowie Bildungsnotstand, dazu die Folgen eines jahrelangen Bürgerkriegs.

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Burundi: Not kaum in Zahlen zu fassen

Reise nach Gitega ins Hochland: 530.000 Menschen leben hier. Die Not aber ist kaum in Zahlen zu fassen, wie in vielen Regionen des kleinen Landes, das ungefähr die Größe der Steiermark und Kärntens zusammen hat, 13,6 Millionen Menschen leben in Burundi, der Human Development Index (HDI) weist das Land an 187. Stelle von 193 aus. Mehr als drei Viertel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, der größte Teil davon sind kleinbäuerliche Haushalte. 
 

Große Probleme in Burundi

In Gitega leben die Menschen in armseligen kleinen Hütten ohne Strom. Jede Familie hat einen Garten und baut an, was gedeiht: Maniok, Bohnen, Bananen oder Tomaten. Vor den Häusern stehen die Holzladen für den Verkauf der Güter. Kunden sind nicht zu sehen. Dafür viele junge Männer und Frauen, die Gesellschaft ist jung, rund 65 Prozent der Bevölkerung sind unter 25 Jahren. 
 

„Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg.“ 

Georg Gnigler, Länderreferent der Caritas Steiermark
 

Schulpflicht in Burundi

In Burundi besteht Schulpflicht, aber nur etwa drei Viertel aller Kinder besuchen die Grundschule. Unterrichtet wird in Kirundi, erste Fremdsprache ist Französisch. „Bildung ist aber der Schlüssel zum Erfolg“, unterstreicht Georg Gnigler, Länderreferent der Caritas Steiermark für das ostafrikanische Land. 

Die Caritas unterstützt hier seit eineinhalb Jahrzehnten das Kezakimana-Ernährungszentrum für unterernährte Kinder, das von der Gemeinschaft „Neues Leben für die Versöhnung“ 1999 durch den damaligen Erzbischof der Diözese Gitega, Simon Ntamwana, gegründet wurde. Hier werden diese wöchentlich medizinisch untersucht, gewogen und gemessen und ihre Entwicklung dokumentiert. Rund 100 Mütter sind wieder gekommen, sie warten im Hof des Zentrums auf Infos. Schwester Patrice Barenkensabe: „Wir unterweisen die Mütter, wie sie mit dem Gemüse, das sie anbauen, ihre Kinder stärken können, einen leichten Brei kochen, eine Suppe, die kräftigt.“ Unterernährte Kinder bekommen Mahlzeiten im Ernährungszentrum, die Mütter Hinweise medizinischer Natur und Überlegungen zur Familienplanung. Im Schnitt besteht eine Familie aus bis zu sechs Kindern. 
 

Zukunft für Waisenkinder aus Burundi

Das Waisenheim Gitega, abseits der Hauptstraße in einem Außenbezirk der Hauptstadt, ist eines von drei Waisenheimen des Ordens „Neues Leben für die Versöhnung“ zur Aufnahme elternloser Kinder und Vermittlung an Pflege- oder Adoptiveltern. Louis Mujamariya war selbst Waisenkind, später studierte er Medizin in Tansania, heute leitet er die Blutbank in Bujumbura, der größten Stadt Burundis: „Wir kämpfen besonders gegen Marasmus, das Abmagern der Kinder, denn das führt zu bleibenden Schäden in der Entwicklung.“

Nicht immer findet ein Kind Platz in einer Pflegefamilie. Viele bleiben daher im Waisenhaus der Schwestern, wo sie Kleidung, Verpflegung und liebevolle Zuneigung erhalten. Größere Kinder besuchen die Schule und haben eine Perspektive für eine selbstbestimmte Zukunft. Veronique ist heute 28 Jahre alt, sie wurde mit 14 Jahren schwanger und von ihrer Familie weggeschickt, die Schwestern haben sie aufgenommen. Veronique sagt: „Ohne diese Hilfe hätte ich in meiner Verzweiflung nicht gewusst, was ich gemacht hätte.“ Heute arbeitet sie im Zentrum mit und unterstützt junge Mütter mit ähnlichem Hintergrund.
 

Die Leiterin Schwester Godelive Miburo war Mitarbeiterin von Erzbischof Simon Ntamwana, der sie zur Gründung des Ordens „Neues Leben für die Versöhnung“ motivierte. Hintergrund: Burundi wurde 1962 unabhängig, aber mehrere Bürgerkriege zwischen den Ethnien der Hutu und Tutsi führten zu vielen Waisen. Viele Eltern flüchteten wegen der Unruhen ins benachbarte Tansania, oder die Kinder verloren sie durch die Unruhen. 
 

Ziege in der Versöhnungsarbeit

Eltern, die Pflegekinder aufnehmen, oder Frauen, die ins Ernährungszentrum nach Gitega kommen, erhalten zur Unterstützung eine Ziege über das österreichweite Spendenprojekt „Schenken mit Sinn“. „Ziegen sind anspruchslos und leicht zu halten“, so Georg Gnigler von der Caritas Steiermark, „ihr Mist ist ein wertvoller Dünger und kann zur Verbesserung des Ertrags auf den Feldern verwendet werden. Außerdem sind sie leicht zu vermehren, die zwei bis drei Jungen wachsen rasch heran, der weibliche Nachwuchs dient zur weiteren Zucht, die Böcke können verkauft werden.“ Die Frauen gewinnen dadurch ein eigenes Einkommen, um ihre Familie zu erhalten. 

Die Ziegen bringen nicht nur Dünger für die Felder und Nachwuchs, sondern tragen auch zur Versöhnung der ehemals verfeindeten Volksgruppen der Hutus und Tutsis bei: Jede Frau, die eine Ziege bekommt, ist verpflichtet, das erste weibliche Kitz an eine bedürftige Frau aus einer anderen Volksgruppe weiterzugeben. Die Ziegen spielen somit auch eine wichtige Rolle für die Versöhnung zwischen den Volksgruppen und den Frieden im Land. Die 27-jährige Chantal erhält eine. „Wir haben einen zu kleinen Garten, deshalb haben wir uns beim Nachbargrundstück eingemietet, um Platz für die Ziege zu haben.“ Ihre 26-jährige Freundin wird dann, wenn das erste Kitz das Licht der Welt erblickt, dieses bekommen. Chantal ergänzt: „Wir werden durch den Dünger, den die Ziege uns macht, eine bessere Ernte bekommen, darauf freuen wir uns schon.“ 

Solarpaneele und Pflanzenanbau in Burundi

Rund 30 Autominuten von Gitega entfernt befindet sich die Farm Mabaya des Ordens „Neues Leben für die Versöhnung“. Hier wird Solarenergie genutzt und Biogas mittels einer Agri-PV-Anlage mit integrierter Regenwassernutzung sowie zur Energieversorgung einer Trocknungsanlage für Früchte und Gemüse betrieben, um Produkte zur Versorgung des Waisenhauses zu erhalten.

In Bukeye in der Provinz um Bujumbura unterstützt das Österreichische Landwirtschaftsministerium in Kooperation mit der Caritas Steiermark den Anbau von Pflanzen mit dem Fokus der Nahrungsmittelversorgung durch die Förderung resilienter lokaler Kulturpflanzen. Esperence Ndizeye ist hier mit dem Motorrad als Beraterin im Einsatz, die Wege sind mit Schlaglöchern und Wurzeln oft schwer befahrbar. „Es geht darum, die natürlichen Ressourcen Boden, Wald und Wasser durch geeignete Maßnahmen zu erhalten und nachhaltig zu nutzen. Ich erläutere den Frauen auf den Feldern, was sie da anbauen können.“ Beim Besuch am Feld einer dieser burundischen Bäuerinnen finden sich auch Kartoffeln. Ndizeye klärt die Frauen auch über ihre Rechte auf, das ist essentiell in einer patriarchal geprägten Gesellschaft wie der burundischen. 
 

Herstellung von Energiesparöfen und Holzkohlebriketts

Es wird Lehm händisch in Formen gegeben, gehämmert, es raucht, ein Ofen ist in Betrieb, fast wie ein kleiner Hochofen wirkt dieser in einem Hof in der Provinz Mbuye im Westen Burundis. Diese Kooperative erzeugt Energiesparöfen. Der 41-jährige Gabriel Nzamiyamana ist hier der Chef: „Wir sind 29 Mitglieder, es sichert unseren Familien ein Einkommen, denn es spricht sich unser Ofen herum, der den Frauen hilft, die diesen mit wenigen Briketts beheizen und so kochen können.“ Eines von unterschiedlichen Projekten, die die Caritas Österreich in Burundi unterstützt, um den Menschen in einem der ärmsten Länder der Welt zu helfen.

Schlagwörter
Autor:
  • Stefan Hauser
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