Alles, was Recht ist!
Hirtenhund
Nehmen wir an, einer meiner Artgenossen hat sein Bein unrechtmäßig an Ihrem gehoben. Und nehmen wir an, Ihnen ist der Halter bekannt und die Hose teuer. Dann können Sie Ihr Gegenüber zum Duell in den Donauauen herausfordern oder aber den Rechtsweg beschreiten, um zu Ihrem Recht zu kommen. Ein Tipp: Der zweite Weg ist weitaus ungefährlicher. Denn man wird Ihnen zuhören, ein Rudel an Zeugen der schändlichen Tat vernehmen und ein Urteil fällen. Dieses werden Sie und der Beklagte schließlich wohl annehmen und die Sache ist aus der Welt. Anders gesagt: Das Recht ist eine tolle Sache. Es schützt vor Willkür, es regelt sehr weltliche Dinge und fußt doch auf einer überweltlichen Grundannahme: jener nämlich, dass es so etwas wie Gerechtigkeit gibt und kein Mensch sich über den anderen erheben darf.
So ähnlich funktioniert auch das Kirchenrecht. Auch dieses verbrieft den einfachen Gläubigen wie den gesalbten Häuptern Rechte und Pflichten, es regelt Erfreuliches wie Taufen und Eheschließungen und weniger Erfreuliches wie Strafen und Eheschließungen ... Und, ja, auch das Kirchenrecht kennt die Gleichheit aller Gläubigen. Zumindest in der Theorie. Es bildet das selbstverständliche Grundrauschen im Hintergrund von Kirche – und ist doch alles andere als selbstverständlich. Denn unser heute geltendes Kirchenrecht ist jung: Vor 40 Jahren, am 27. November 1983, trat es in Kraft. Es bildete damals so etwas wie das letzte Mosaiksteinchen, das das Gesamtbild des Zweiten Vatikanischen Konzils vollendete.
So weit, so romantisch verklärt. Denn inzwischen wurde der „Codex Iuris Canonici“ unzählige Male ergänzt und korrigiert. Am häufigsten von Papst Franziskus – zuletzt im Blick auf die Synode, zuvor etwa im Bereich des kirchlichen Strafrechts. Und doch rufen immer wieder Stimmen nach einer Total-Revision im Geiste des Konzils. Also zurück zum Konzil, um den zahnlosen Tiger namens Kirchenrecht wieder bissiger zu machen. Etwa beim Umgang mit Missbrauchstätern. Da war bereits am Konzil ein Vorschlag zur sofortigen Exkommunikation von Missbrauchstätern diskutiert, dann jedoch aus Sorge um eine negative Außenwirkung wieder verworfen worden. Aber auch im Bereich der Rechte der Laien ist Experten zufolge noch Luft nach oben.
Also, liebe Gläubige, stellt euch auf die Hinterbeine und setzt euch für eine Revision ein. Und seid euch gewiss, ihr habt das Recht auf eurer Seite, heißt es doch in Can. 212 § 2: „Den Gläubigen ist es unbenommen, ihre Anliegen, insbesondere die geistlichen, und ihre Wünsche den Hirten der Kirche zu eröffnen.“