Zwischen uns Gott

Sommergespräche - Teil 4
Ausgabe Nr. 30
  • Kunst und Kultur
Autor:
Über das Zuhören und Verstehen: Der Film zeigt die Religiosität in der eigenen Familie.
Über das Zuhören und Verstehen: Der Film zeigt die Religiosität in der eigenen Familie. ©Ruth Beckermann Filmproduktion

In ihrem Erstlingsfilm, der Dokumentation „Zwischen uns Gott“ besuchte die Filmemacherin Rebecca Hirneise ihre Angehörigen, um mehr über deren Religiosität zu erfahren. In zahlreichen intimen Gesprächen im Setting eines Sesselkreises öffneten sich die Verwandten der Filmemacherin und gaben Einsicht in ihre religiöse Praxis.

Zusammenkommen und Konfrontieren war für Rebecca Hirneise selbst nicht immer einfach. Ein Gespräch von Ella Necker. 

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Verschiedene Ansichten zu Gott

Warum haben Sie diesen Film mit Ihrer Familie gemacht, was war Ihnen wichtig?

Rebecca Hirneise: Mir ging es darum, dass wir einander zuhören. Damit man verschiedene religiöse Ansichten besser verstehen kann. Wenn man nämlich immer gleich sagt, das ist alles Blödsinn, dann entstehen eben so Barrieren. Das war in unserer Familie der Fall. Ich habe meine Verwandten jahrelang nicht gesehen. So wollte ich nicht weitermachen.

Das ist sehr spannend an diesem Film, dass wir dabei zusehen können, wie verschiedene Ansichten aufeinandertreffen. Man kann sehen, wie schwierig das für Ihre Onkel und Tanten ist, das auszuhalten. Gab es auch Rückzieher oder den Wunsch, den Film abzubrechen?

Es war für uns alle sehr schwer, das zu machen. Am Anfang wollte das niemand. Und gleichzeitig doch. Auch weil meine Verwandten neugierig sind. Aber dazwischen gab es viel Nervosität. Auch bei meinen Cousins und Cousinen, die sich öfters fragten, was die Eltern da jetzt wohl so in die Kamera erzählen. Dann gab es auch Streite­reien im Film. In einem Streitgespräch ging es um die Hölle. Lange wollte meine Tante das nicht im Film haben. Am Ende hat sie doch eingewilligt. Das hat ein Jahr gedauert. Ein zentraler Moment im Film. Ich habe da selbst etwas verstanden. Dass meine Tante sich um mich als Agnostikerin Sorgen macht, dass sie wirklich dachte, dass ich verloren sei. Ich habe dadurch gesehen, dass sie es eigentlich gut meint mit mir. 

"Erfrischend zu sehen, wie unterschiedlich der Glaube ausgelegt wird"

Im Film gibt es viele verschiedene religiöse Denkansätze. Man kann also feststellen, dass innerhalb einer Glaubensrichtung ganz unterschiedliche Ausprägungen vorhanden sind. Diese Wendungen sind überraschend. Wie war das für Sie?

Ja, das war toll. Darauf zu kommen, dass es überhaupt nicht einheitlich ist. Meine Familie kommt ja aus der Freikirche und der Evangelisch-Methodistischen Kirche. Und es war erfrischend zu sehen, wie unterschiedlich der Glaube ausgelegt wird. 
 

Wurde viel geweint während des Drehs?

Ja, schon. Es wurden wirklich viele intime Dinge ausgesprochen. Es war sehr persönlich. Auch meine Mama hat ja im Film den anderen gesagt, dass sie nicht so richtig an alles glauben kann. Das war für sie wie ein Outing. Da gab es viele Tränen. 
 

Film: Zwischen uns Gott

Rebecca Hirneise, wollen Sie in diese Richtung weitermachen? Also wird das auch in Zukunft Ihre persönliche Handschrift sein, so persönlich zu sein im Film, sich selbst einzubringen?

In diesem speziellen Film hat es sich sehr angeboten, dass ich mich selbst auch integriere. Ich glaube aber, dass jeder Film neu gedacht werden muss, je nach Thema. So nah an Menschen zu sein, finde ich allerdings wichtig. Ich habe auch lange mit Ruth Beckermann gearbeitet, sie hat mich da sehr geprägt. Sie denkt jeden Film eigenständig. Das ist natürlich riskanter, weil sie sich nicht auf irgendwelche Methoden verlässt. Jetzt gehe ich meinen eigenen Weg. In meinem neuen Projekt wird es um die Grenzen Europas gehen. Und um das Pro und Contra des Grenzenschützens. Aber das wird noch dauern. An meinem ersten Film habe ich vier Jahre gearbeitet.

 

Gibt es etwas, was Sie zum Film „Zwischen uns Gott“ noch unbedingt sagen möchten? Denn dieser Film eignet sich so hervorragend, über den Glauben ins Gespräch zu kommen. Wird er auch in Gemeinden gezeigt?

Ja, er wird immer wieder angefragt. Und bei jeder Veranstaltung entstanden ganz viele Fragen, oft musste das anschließende Gespräch abgebrochen werden. Eine Sache möchte ich noch sagen: Ich finde das besonders, dass meine Verwandten so viel Mut aufgebracht haben, so ganz persönliche Momente der Verletzlichkeit öffentlich preiszugeben. Es war ja klar, dass sozusagen viele Kinosäle damit in ihre Wohnzimmer gekommen sind. Beim Filmemachen habe ich stark gespürt, wie sehr das meine Familie ist. 

©Sophia Wiegele

Zur Person

Medienkünstlerin: Rebecca Hirneise ist in der Kleinstadt Mühlacker geboren und lebt in Wien. 

Logo radio klassik Stephansdom.
Logo radio klassik Stephansdom. ©David Kassl

Sommergespräch: Rebecca Hirneise

Das Interview in voller Länge hören Sie am Montag, 28. Juli 2025, 17:30 Uhr. ▶ radioklassik.at

Schlagwörter
Autor:
  • Ella Necker
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