„Solange ich es schaffe, mache ich weiter“
Glaubenszeugnis
Der Stiftungspreis zeichnet Frauen aus, die sich für den fairen Handel engagieren. Preisträgerin Gerlinde Flonner, Bäuerin und ehemalige Pfarrangestellte, gilt als gute Seele der Pfarre Thernberg. Sie setzt sich seit Jahrzehnten vielfältig für eine bessere Welt ein.
Südwind-Stiftungspreis war Überraschung
Frau Flonner, haben Sie mit dem Stiftungspreis gerechnet?
Der Preis war für mich eine große Überraschung. Als mich Frau Dr. Schwarz von Südwind angerufen hat, bin ich aus allen Wolken gefallen und habe ihr gesagt: „Es gibt doch genug andere ‚gute Seelen‘. Warum ich?“ „Am Anfang war ich richtig überfordert und habe mich gefragt: Verdiene ich das überhaupt?“
Wussten Sie überhaupt, dass Sie nominiert waren?
Nein, das wusste ich nicht. Die stellvertretende Vorsitzende im Pfarrgemeinderat hat mich nominiert. Sie meinte dann auch zu mir, ich soll stolz darauf sein. Auch viele andere Menschen im Umfeld haben mir gesagt, dass ich den Preis wirklich verdient habe. Mittlerweile kann ich gut damit leben. (Lacht.)
Sie sind vielfältig engagiert, in der Pfarre und darüber hinaus. Wie hat das alles begonnen?
Unser früherer Pfarrer hat mich gefragt, ob ich in der Pfarrkanzlei helfen möchte. 2001 wurde ich dann als „Hilfskraft“ in der Pfarre angestellt. Als „Hilfskraft“ habe ich alles gemacht, von der Kirchenwäsche bis zur Buchhaltung. Ich habe Messintentionen aufgeschrieben und die Matriken betreut. Etliche Perioden war ich stellvertretende Vorsitzende im Pfarrgemeinderat, zur Zeit bin ich im Vermögensverwaltungsrat. Berufliches und Privates habe ich nie wirklich getrennt, das ist ja in diesem Bereich kaum möglich. Auch heute: Wenn jemand nach der Messe am Sonntag zu mir kommt und eine Messintention aufschreiben will, dann mache ich das. Seit ein paar Jahren bin ich in Pension, vertrete aber die junge Pfarrsekretärin, wenn sie nicht da ist, und unterstütze sie. Ich habe auch immer seelsorgerliche Aufgaben übernommen, zum Beispiel die Besuchsdienste. Wenn jemand niemanden hat, der ihn in die Pfarre bringt, fahre ich vorbei.
Stiftungspreis für unbezahlbaren Einsatz
Mit dem Südwind-Stiftungspreis wurden Sie für Ihren Einsatz für globale Gerechtigkeit und Ihr soziales Engagement ausgezeichnet. Was konnten Sie alles umsetzen?
Wir haben beim Erntedankfest einen Weltladenstand und natürlich servieren wir im Pfarrcafé Fair-Trade-Kaffee – ist das nicht eh logisch? Einmal im Jahr organisieren wir einen Flohmarkt, bei dem wir Gebrauchtes weitervermitteln. Für ein Hilfsprojekt in Albanien und Ungarn, das immer wieder Schachteln für den Transport benötigt, haben wir in der Pfarre ein Schachtellager eingerichtet. Die Leute aus der Pfarre holen sich leere Schachteln und füllen sie mit Bekleidung und Hausrat. Die leeren und vollen Schachteln bringe ich alle zwei Wochen zu den Organisatoren des Projekts nach Pitten. Und seit ich in Pension bin, helfe ich einmal im Monat bei der Team Österreich Tafel des Roten Kreuzes mit. Das ist ein bunter Haufen an Leuten dort. Und es ist schön, wenn sich die Leute freuen, wenn sie einen sehen.
„Ich habe immer auch seelsorgerliche Aufgaben übernommen.“
Gerlinde Flonner
Das sind viele Aufgaben.
Ich denke mir manchmal, dass ich eine davon aufgebe. Aber ich kann es nicht – solange ich es körperlich schaffe, mache ich weiter. Wenn ich zum Beispiel an all die Schachteln denke, die das Hilfsprojekt braucht und die sonst im Altpapier landen würden, wenn ich sie nicht vorbeibringe!
Spielen Pfarre und Glaube seit Ihrer Kindheit eine Rolle in Ihrem Leben?
Ich bin religiös erzogen worden. Für mich war es immer selbstverständlich, am Sonntag in die Messe zu gehen. Und auch schon als Kind bin ich manchmal unter der Woche in den Gottesdienst gegangen. Ich hatte immer schon ein gutes Gottvertrauen und glaube, dass Beten was hilft. Ich bete, wenn ich was brauche. Ich bete auch, wenn es mir gut geht.
Gerlinde Flonner
Alter: 65
Wohnort: Thernberg.
Lebensmotto: Wer weiß, für was es gut ist.
Gott ist für mich: Ansprechpartner.
Sonntag bedeutet für mich: ein Tag der Rückschau und Vorausschau auf die nächste Woche.