Schutz für die Allerkleinsten
Prüller
Am Dienstag waren es genau 50 Jahre, seit das Parlament mit der „Fristenlösung“ die Abtreibung straffrei gestellt hat, wenn sie in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft erfolgt. Während damals die Frage „Strafen oder nicht?“ im Vordergrund stand, hat sich längst auch in den kirchlichen Stellungnahmen der Schwerpunkt in Richtung Mutmachen zum Kind bzw. Helfen verschoben.
Manchen ist das zu wenig, und ich verstehe das: Wenn man den Embryo nicht als Zellhaufen sieht, sondern als Mensch, gibt es keinen vernünftigen Grund, warum der Staat ausgerechnet diesem schwächsten aller Menschen seine schützende Hand versagt. Es ist und bleibt eine verheerende Aussage über den Wert des Menschen an sich.
Ich verstehe aber auch, wenn der Fokus kirchlicher Bemühungen nicht auf das Wiederherstellen eines vollständigen strafrechtlichen Schutzes für das Kind gerichtet ist. Es hat keinen Sinn, dem Volk – das ja letztlich hinter einer solchen Maßnahme stehen müsste – „Strafen, strafen!“ einzuhämmern, wenn es mehrheitlich gegen eine Strafe ist. Dadurch ändert sich nichts. Helfen hingegen ändert viel, und das nicht nur im Einzelfall.
Denn würde eine Mehrheit große Ehrfurcht haben vor dem Wunder jedes Menschenkindes, auch des allerkleinsten, wäre die Gesetzesfrage keine große Anstrengung mehr. Diese Ehrfurcht zu wecken, zu hegen und zu stärken, ist in jeder Hinsicht eine große, wichtige Aufgabe. Das geht weniger über Appelle als durch unseren Umgang als Christen mit dem anderen, vor allem dem Schwachen, also etwa mit der Obdachlosen, dem Sterbenden, dem Flüchtling, der Einsamen. Sind sie uns nahe – und wir ihnen? Ist unser Tun ein mitreißendes Zeugnis für die Ehrfurcht vor dem Menschenleben?