Noch vieles habe ich euch zu sagen
Dreifaltigkeitssonntag, Lesejahr C – 15. Juni
Dreifaltigkeitssonntag, Lesejahr C – 15. Juni
Der Dreifaltigkeitssonntag ist ein theologischer Versuch, über Gott zu reden und den unsagbaren Gott zu sagen. Dabei geht es nicht um ein philosophisches Gotteskonstrukt, sondern um den Gott des Anfangs und der Vollendung, um den Gott Abrahams, den Gott vom Berg Sinai und der Wüste, den Gott der Propheten, der ein Gott seines Volkes und der Menschen ist.
Es geht um den Gott Jesu Christi, den Menschgewordenen, Gekreuzigten, Auferweckten und den Richter über Lebende und Tote. Wenn wir „Gott“ sagen, dann reden wir von Gott Vater, Sohn und Geist und über das Wagnis, eine Antwort zu finden auf die Frage, wer Gott ist. Ob wir diesen Gott aushalten? Und wenn alles gesagt worden wäre, die Konzilien gestritten, die Theologen geforscht, die Gottesstreiter gerungen und die Gottesleugner gelogen hätten, wird Gott immer noch der ganz Andere bleiben, der alles menschliche Denken durchkreuzt, das Geheimnis, das die Enge sprengt und jede Gottesdefinition entlarvt. Gott ist Vater, Quelle und Ursprung allen Seins, durch dessen Wort alles geschaffen ist und dessen Macht, Herrlichkeit, Weisheit und Güte sich in seiner Schöpfungs- und Heilsgeschichte uns mitteilen. Der Sohn hat durch seine Menschwerdung diesen Gott als liebenden Vater bezeugt: „Ich und der Vater sind eins, wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Seine Erlösungsgeschichte trifft alle Menschen. Durch den Geist teilt sich uns Gott als Schöpfer und Erlöser mit, er offenbart sich uns, er redet zu uns und arbeitet mit uns, damit der Mensch auflebt und seine Welt Zukunft schreibt. Zur Jahrtausendwende rollten Busse durch London mit der Aufschrift: „Wahrscheinlich gibt es keinen Gott. Also mach dir keine Sorgen, sondern genieße das Leben.“ Heute fragen wieder viele: „Was fehlt, wenn Gott fehlt?“, trotz aller Gleichgültigkeit.
1. Lesung Buch der Sprichwörter 8,22–31
Warum unternimmt Gott nichts gegen die Ungeheuerlichkeiten in unserer Welt?
Doch Gottes Weisheit engt die Menschen und ihre Welt nicht ein. Der Mensch ist der erste Freigelassene der Schöpfung.
So spricht die Weisheit Gottes: Der Herr hat mich geschaffen als Anfang seines Weges, vor seinen Werken in der Urzeit; in frühester Zeit wurde ich gebildet, am Anfang, beim Ursprung der Erde. Als die Urmeere noch nicht waren, wurde ich geboren, als es die Quellen noch nicht gab, die wasserreichen. Ehe die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln wurde ich geboren. Noch hatte er die Erde nicht gemacht und die Fluren und alle Schollen des Festlands. Als er den Himmel baute, war ich dabei, als er den Erdkreis abmaß über den Wassern, als er droben die Wolken befestigte und Quellen strömen ließ aus dem Urmeer, als er dem Meer sein Gesetz gab und die Wasser nicht seinen Befehl übertreten durften, als er die Fundamente der Erde abmaß, da war ich als geliebtes Kind bei ihm. Ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit. Ich spielte auf seinem Erdenrund und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.
2. Lesung Römer 5,1–5
Gottes Geist ist weder Einbildung noch Vermutung, sondern wirklich. Sein Geist ist uns gegeben, er ist in uns und er wirkt durch uns Geduld, Bewährung, Hoffnung und Beständigkeit.
Schwestern und Brüder! Gerecht gemacht aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Durch ihn haben wir auch im Glauben den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes. Mehr noch, wir rühmen uns ebenso der Bedrängnisse; denn wir wissen: Bedrängnis bewirkt Geduld, Geduld aber Bewährung, Bewährung Hoffnung. Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.
aus Psalm 8
Seh ich deine Himmel, die Werke deiner Finger,
Mond und Sterne, die du befestigt:
Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst,
des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?
Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott,
du hast ihn gekrönt mit Pracht und Herrlichkeit.
Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über die Werke deiner Hände,
alles hast du gelegt unter seine Füße:
Schafe und Rinder, sie alle
und auch die wilden Tiere,
die Vögel des Himmels und die Fische im Meer,
was auf den Pfaden der Meere dahinzieht.
Evangelium Johannes 16,12–15
Das Evangelium ist keine Rechtsvorschrift und kein billiges Lebensrezept. Gottes Geist macht uns neugierig für Gott, er bewegt die Menschen und sucht die Wahrheit. Die Geisterfüllten bauen am Morgen dieser Welt.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird. Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden. Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden.
Quelle: Lektionar für die Bistümer des deutschen Sprachgebiets. Authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch. Band I: Die Sonntage und Festtage im Lesejahr C, Freiburg u. a. 2018. © staeko.net