„Mit absoluter Sicherheit ein Friedensauftrag“
Der Ritterorden vom Heiligen Grab
Der 67-jährige Vorarlberger Werner Johler ist seit Juni Statthalter des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem in Österreich, auch kurz Grabesritter genannt. Er erklärt, warum er gerne im Heiligen Land ist und warum er wenig von politisch motivierten Glaubensbekenntnissen hält.
Niederlassung des Ritterordens
Herr Statthalter Werner Johler, warum sind wir während dieses Gesprächs hier in Wien? Der Orden der Grabesritter wird doch eindeutig mit Jerusalem in Verbindung gebracht.
Die größte Komturei in Österreich ist in Wien. Daher ist klar, dass mich mein erster Besuch in die Bundeshauptstadt führt. Aber nun konkret zur zweiten Frage: Vielfach werden wir Ritter mit den Kreuzzügen in Verbindung gebracht, was in Wirklichkeit eigentlich nicht richtig ist.
Unsere Geschichte geht aber zurück auf das Pilgern ins Heilige Land. Im Mittelalter sind viele Gläubige als eines ihrer Lebensziele ins Heilige Land gepilgert und wurden dann in der Grabeskirche am Heiligen Grab zum Ritter geschlagen. Im späten 19. Jahrhundert hat Papst Pius IX. dann den Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem formell als päpstlichen Ritterorden gegründet.
Gleichberechtigung im Ritterorden
Ein großes Thema in den Gesprächen in der Kirche ist momentan die Gleichberechtigung in den Ämtern zwischen Männern und Frauen. Wie ist es denn da im Orden bestellt?
Damen und Ritter sind in ihren Rechten und ihren Pflichten absolut gleichgestellt und können alle Funktionen in den Statthaltereien oder auch im Großmagisterium, also in der weltweiten Ordensleitung, bekleiden.
In Österreich sind rund 20 Prozent der Mitglieder derzeit Damen. Dieser Anteil ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen und das ist auch gut so. Wir haben derzeit zwei leitende Komturdamen in den zwölf Komtureien, so nennen wir die örtlichen Gruppen. Also man sieht, wir reden nicht nur von Gleichberechtigung, sondern sie findet tatsächlich auch statt.
Aufgabenbereiche des Großmeisters
Kardinal Fernando Filoni ist der Großmeister der Gemeinschaft in Rom. Was macht er genau?
Kardinal Filoni ist für mich eine herausragende Persönlichkeit. Ich bewundere seine Schaffenskraft, sein Wirken für die Christen im Heiligen Land, aber auch seine spirituelle Tiefe. Er legt ein sehr starkes Augenmerk auf die Ausbreitung des Ritterordens. Wir haben zum Beispiel vor ein paar Monaten eine neue Statthalterei in Malaysien und letztes Jahr im September eine Magistraldelegation in der Slowakei begründet.
Krieg im Heiligen Land
Gehen wir ins Heilige Land. Das Heilige Land ist nicht nur Israel, das ist ein größeres Gebiet, wo auch Hilfsprojekte der Grabesritter angesiedelt sind. Aber im Heiligen Land ist kein Frieden.
Also ich glaube, wenn Krieg ist oder wenn Unfrieden ist, kann man zuerst einmal nur betroffen sein. Wir haben als Orden keine Möglichkeit, da in irgendeiner Art und Weise einzugreifen. Unsere einzige Waffe ist das Wort und die Argumentation.
Und eben diese dauerhafte Hilfe für die Menschen im Heiligen Land, denke ich, ist von außerordentlicher Wichtigkeit. Einfach damit die Menschen dort sehen: Wir lassen sie nicht allein, wir vergessen sie nicht, wir sind solidarisch mit ihnen.
„Ich glaube wirklich, wer auf den Spuren Jesu gewandelt ist, der kann die Bibel und auch die Wichtigkeit unserer Aufgaben besser verstehen.“
(Werner Johler)
Prominente im Ritterorden
Es gibt zwei prominente Grabesritter im Heiligen Land. Kardinal Pierbattista Pizzaballa, der lateinische Patriarch von Jerusalem, und Abt Nikodemus Schnabel von der Dormitio-Abtei. Beide melden sich immer wieder zu Wort. Sie rufen auch zum Gebet auf. Was können die Grabesritter vor Ort beitragen?
Die Situation ist derzeit tatsächlich etwas schwierig. Für mich heißt es, dass wir im Moment auf moderne Kommunikationsmittel zurückgreifen und mit Teams oder mit Telefon den Kontakt zu den Menschen halten, die uns wichtig sind, vor allem zu den Christen, die in der Minderheit sind.
Zurückgehend auf Kardinal Pizzaballa und auch Nikodemus Schnabel: Das ist ein Segen für uns und für unsere Ordensgemeinschaft, solche Menschen vor Ort und im Heiligen Land zu haben. Kardinal Pizzaballa ist seit Jahrzehnten mit der Situation im Heiligen Land vertraut. Er ist seit 2016 lateinischer Patriarch von Jerusalem. Und ich glaube, dass Kardinal Pizzaballa besonders seit Beginn des Gaza-Krieges eine wichtige Stimme ist, die auch gehört wird und zwar meines Erachtens von beiden Konfliktparteien. Er war auch einer der wenigen, die während des Konflikts in Gaza waren. Und er hat immer auf diese katastrophale Situation hingewiesen und darauf, dass wir die Menschen auch im Westjordanland nicht vergessen dürfen.
Ein Erinnerungszeichen, dass unter die Haut geht
Es gibt auch ein Erinnerungszeichen für Pilgerinnen und Pilger in Jerusalem, eines das wirklich unter die Haut geht. Es gibt Christen, die den mittelalterlichen Brauch noch vollziehen, sich ein kleines Kreuz als Tattoo stechen zu lassen.
Da kann man unterschiedlicher Meinung sein und ich würde mir kein Tattoo stechen lassen, aber wenn das jemand als Symbol und Zeichen machen möchte, dann ist das durchaus für mich auch okay und gut.
Der Ritterorden und die Politik
Der aktuelle Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten Pete Hegseth hat ein Tattoo, das sogar wie das Ordenszeichen der Grabesritter, das fünffache Jerusalemkreuz, gestaltet ist. Werden Sie dadurch mit rechtskatholischen Tendenzen und auch allgemein rechten politischen Ansichten in Verbindung gebracht?
Unser Orden ist eine absolut unpolitische Organisation. Und ich möchte eigentlich auch nicht unbedingt über Politik Auskunft geben. Das fünffache Jerusalem-Kreuz stellt die fünf Wundmale Jesu dar, das ist ein traditionelles Zeichen des Ritterordens, ist aber als solches nicht geschützt.
Wenn man jetzt dieses Tattoo von Pete Hegseth anschaut, dann wäre es meines Erachtens immer besser, wenn man die Menschen am Handeln erkennen würde und nicht an den Symbolen. Und da habe ich Bedenken, wenn man solche Zeichen wie eben das fünffache Jerusalemkreuz oder den Spruch „Deus lo vult“ für politische Zwecke verwendet.
„Deus lo vult“ (Latein: Gott will es) ist der Wahlspruch unseres Ritterordens. Wir verstehen diesen Wahlspruch als Auftrag des Papstes, Sorge für die Heiligen Stätten und die dort lebenden Menschen, und zwar die Christen und auch die Juden und Muslime zu haben. Unser Auftrag ist mit absoluter Sicherheit ein Friedensauftrag. Wir sind keine Kreuzfahrer und wir wollen keine Gewalt im Heiligen Land. Pete Hegseth ist im übrigen auch kein Katholik, er gehört einer evangelikalen Gruppierung an.
Lieblingsplätze im Heiligen Land
Welchen Ort haben Sie denn im Heiligen Land am liebsten?
Es gibt sehr viele schöne Plätze im Heiligen Land. Ich glaube wirklich, wer auf den Spuren Jesu gewandelt ist, der kann die Bibel und auch die Wichtigkeit unserer Aufgaben besser verstehen. Die Grabeskirche ist für uns einfach zentral in unserer Aufgabe und in unserem Verständnis als Ordensgemeinschaft.
Das österreichische Hospiz ist auch ein unwahrscheinlich schöner Platz, ich kann allen nur raten, da mal hinzugehen. Das ist eine österreichische Oase in der Mitte von Jerusalem.
Zusammenarbeit mit Großprior Erzbischof Franz Lackner
Wir bleiben kurz noch bei einer geistlichen Persönlichkeit, die wichtig ist. Wir haben auch einen Großprior in Österreich. Man kann ihn als geistlichen Begleiter bezeichnen. Das Amt hat der Salzburger Erzbischof Franz Lackner inne. Was ist ihm denn ein Anliegen?
Franz Lackner ist dem Heiligen Land seit seiner Zeit als UNO-Soldat verbunden, also seit vielen, vielen Jahren. Und er kennt das Heilige Land sehr gut. Er freut sich mit uns, dorthin dann eine gemeinsame Wallfahrt zu machen, sobald die Situation dies wieder zulässt. Und ich freue mich ganz besonders auf diese Zusammenarbeit ihm.
Viele Aufgabenbereiche und ein voller Terminkalender
Wir interessieren uns auch für die Persönlichkeit des Statthalters. Wie voll ist Ihr Terminkalender?
Der ist voller geworden, als ich mir das vorstellen konnte. Es ist schon so, dass natürlich sehr viele Gespräche, sehr viel Kommunikation notwendig ist und die Besuche bei unseren benachbarten Statthaltereien. Dann gibt es auch die Vertretung des Ordens nach außen zu anderen Ordensgemeinschaften wie zum Deutschen Orden und dem Malteser-Ritterorden.
Freude an der Arbeit mit Menschen
Sie haben ein intensives Berufsleben und eine sehr lange Karriere. Sie sind Techniker mit einem Bezug zu Wien.
Ja, ich habe in Wien studiert an der Technischen Universität. Auch meine Frau, die Ärztin war, hat den Turnus in Wien gemacht und mein Bruder und meine Tochter wohnen in Wien. Also da ist schon eine Verbindung da.
„Es hat mir immer sehr viel Freude gemacht, mit Menschen zu arbeiten. “
(Werner Johler)
Beruflich bin ich seit 1988 im Bereich Innovation und Engineering Management tätig. Ich bin jetzt seit zehn Jahren CTO (Chief Technology Officer) und Vizepräsident Engineering bei einer amerikanischen börsennotierten Firma in der Schweiz. Es hat mir immer sehr viel Freude gemacht, mit Menschen zu arbeiten. Und was ich immer sehr geschätzt habe: Meine Teams waren global verteilt, von Japan über China über die Philippinen über Litauen, Frankreich bis nach Kalifornien.
Traditionelles Familienprojekt
Aber es gibt etwas über Werner Johler, das man nicht vermuten würde: Sie können Rodeln bauen. Da sind wir jetzt zurück im Bregenzerwald, aber wie kommt denn das?
Ich bin in einem Handwerksbetrieb aufgewachsen und in unserer Familie werden seit dem Jahr 1908 Rodeln gebaut. Mein Vater ist sehr jung verstorben und um unserer Mutter ein Auskommen zu ermöglichen, haben meine Brüder und ich versprochen, das Geschäft sieben Jahre weiter zu betreiben.
Aus den sieben Jahren sind inzwischen 43 Jahre geworden. Wir bauen immer noch Rodeln. Das Schöne an dieser Sache ist, es ist ein Familienprojekt. Wir treffen uns gemeinsam zum Rodelbauen. Und das ist eine unwahrscheinlich erbauende Sache. Wir verwenden traditionelle Methoden. Wir biegen das Holz unter Dampf. Wir legen sehr viel Wert auf gutes Rohmaterial und Langlebigkeit. Unsere Produkte halten 50 Jahre und länger.
Eine kulinarische Empfehlung
Und eine Frage, die bei keinem Vorarlberger fehlen darf, ist die Vertrauensfrage: Wo bekommt man den besten Bergkäse?
Ich würde mal sagen, Bergkäse gibt es ziemlich viel guten in Vorarlberg. Aber der wirklich gute und spezifische Vorarlberger Käse ist der Räßkäse.
Das ist ein würziger Käse. Der ist noch mal um eine Stufe würziger als der Bergkäse. Wichtig ist der Räßkäse übrigens auch noch für unsere Leibspeise, die Kässpätzle. Ohne Räßkäse, meines Erachtens, keine guten Kässpätzle.
BIBLISCH GENIESSEN
Olivenöl aus dem Heiligen Land
Das Olivenölprojekt betreibt der Orden der Grabesritter in Österreich seit 16 Jahren. Bis zu 22.000 Flaschen werden pro Jahr als Spendenprojekt vertrieben. Das Öl kommt hauptsächlich aus Taybeh, einer christlichen Gemeinde in der Nähe von Jerusalem. Oliven sind bereits in der Bibel wertvoll. Sie zählen zu den sieben Produkten des Landes. Die von Noah ausgesandte Taube trägt einen Olivenzweig im Schnabel als Zeichen für das Ende der Sintflut.
Die Produktpalette hat sich vergrößert: Es gibt zusätzlich Oliven, Olivenpaste und seit drei Jahren sehr erfolgreich auch Datteln aus Jericho. Manche meinen, dass es die besten Datteln der Welt sind.
Hintergrund der Aktion ist einerseits ein Einkommen für die Gemeinden vor Ort, andererseits unterstützt der Orden durch den Verkauf Projekte im Heiligen Land in der Höhe von EUR 800.000. Seit dem Beginn des Gaza-Krieges geht es vor allem um Überlebenshilfe für die Christen in Gaza, aber auch für die Menschen im Westjordanland.
Mit jeder Bestellung helfen wir Familien mit Kindern, Bauern und Bedürftigen im Heiligen Land.
Bestellung und Anfragen: ▶ office@oessh.at