Kann man dem Ablass entgehen?

Hirtenhund
Ausgabe Nr. 20
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©Der SONNTAG

Der Hirtenhund "bellt" über den Ablasshandel.

Luther war ein Mann des direkten, deftigen Wortes. Ein volles Herz ließ schon dem Reformator gern mal den Mund übergehen. So auch bei seiner Kritik am Ablasshandel – breit ausgefaltet in seinen berühmten 95 Thesen. „Zu glauben, die päpstlichen Ablässe seien derart, dass sie einen Menschen absolvieren könnten, selbst wenn er – gesetzt den unmöglichen Fall – die Gottesgebärerin vergewaltigt hätte, das ist verrückt sein.“ So bringt der lästerliche Luther seine Kritik in der 75. These auf den Punkt. Ein ähnlicher Eklat wie damals 1517 am Portal der Schlosskirche Wittenberg dürfte sich im kommenden Jahr in Rom wohl nicht einstellen – auch wenn dann laut Angaben (oder besser: Hoffnungen) der Stadtverwaltung rund 30 Millionen Pilger dort erwartet werden. Ob sie alle anrücken werden, um einen Ablass zu erlangen, darf bezweifelt werden. Zweifellos aber wird das Heilige Jahr, das Papst Franziskus für 2025 ausgerufen hat, viele Gläubige motivieren, wieder in die Ewige Stadt zu pilgern. 

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Aus diesem Anlass hat der päpstliche Großpönitentiar – eine Art katholischer Kesselwart des Fegefeuers –, Kardinal Angelo De Donatis, jüngst die Kriterien für die Gewährung von Ablässen während des Heiligen Jahres bekanntgegeben. Eine Pilgerfahrt nach Rom gehört dazu. Auch das Durchschreiten Heiliger Pforten – quasi Stargates des Heils – sowie Werke der Barmherzigkeit wie Alten- und Krankenbesuche oder Spenden für wohltätige Zwecke sind mögliche Mittel, um einen Erlass zeitlicher Sündenstrafen im Fegefeuer zu erlangen. Wem das alles zu sehr nach Mittelalter klingt, für den hat die vatikanische „Heil&Hell-Agentur“ noch eine sanft modernisierte Variante zur Hand: Denn auch der bewusste Verzicht „einen Tag lang auf sinnlose Ablenkungen (reale, aber auch virtuelle, die zum Beispiel durch die Medien und die sozialen Netzwerke hervorgerufen werden)“ kann der Seele nutzen. Das im Übrigen nicht erst im Jenseits, sondern bereits im Diesseits, sagt der Hund. 

Anders gesagt: Es gibt eigentlich kaum eine Möglichkeit, als halbwegs moralisch lebender Mensch dem Ablass zu entgehen. Selbst das Singen von „Veni Creator Spiritus“ zu Pfingsten in einer Kirche oder öffentlichen Kapelle kann einen Ablass bewirken. Und auch ich darf Ihnen nach der Lektüre dieser Zeilen den Nachlass eines Teiles Ihrer Sündenstrafen zusagen. Denn laut Kardinal De Donatis löst man auch mit den geistlichen Werken der Barmherzigkeit ein Ablass-Ticket. Und dazu gehört, „die Lästigen geduldig zu ertragen“. 

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