Judit: Die entschlossene Retterin
Sommerliche Bibelporträts
Warum sie es trotzdem in keine Kinderbibel und in keine Liturgie schafft, hat einen Grund: Sie ist eine Frau. Und Frauen, die Männer töten, geraten schnell in den Ruf, männermordende Vamps zu sein.
Judit als fiktive Heldin
Aber von Anfang an: Eigentlich ist Judit nicht einmal eine echte Person. Schon der Beginn des Buches macht deutlich, dass hier keine historische Begebenheit erzählt wird: Der Feind, von dem Judit ihr Volk befreit, ist Nebukadnezar, der als „König der Assyrer“ eingeführt wird, als König eines Volkes, das Israel im 8. Jahrhundert vor Christus in große Bedrängnis gebracht hat.
Judit begegnet der Verzweiflung Betulias
Ein übermächtiger Feind bedroht demnach eine wehrlose Stadt namens Jungfrau und droht, ihr Gewalt anzutun. Fällt diese Jungfrau, fällt ganz Israel, denn dann ist der Weg frei nach Jerusalem und zum Tempel. Als Judit die Bühne betritt, ist Betulia verzweifelt: Seit Tagen ist die Stadt belagert, es gibt kein Wasser, keine Nahrung, keine Hoffnung.
Judit erkennt die Stunde des Handelns
Judit ist eine junge Witwe. Ihren Mann hat der Hitzeschlag am Feld getroffen, kein besonders heldenhafter Tod. So hat sie keinen Mann an ihrer Seite, ist also nach damaligem Verständnis schwach und hilflos. Wie Betulia. Aber sie ist fromm: Seit dem Tod ihres Mannes trägt sie Trauerkleidung und lebt zurückgezogen auf ihrem Anwesen. Sie ist schön, putzt sich aber nicht heraus. Sie ist klug und hoch geachtet, giert aber nicht nach Einfluss oder Macht. Statt sich hervorzutun, betet sie und lebt still vor sich hin. Bis jetzt. Als sie die Notlage ihrer Stadt erkennt, verliert sie als Einzige nicht den Kopf: Die Ältesten fordern von Gott ein Wunder, die Bevölkerung drängt zur Kapitulation.
Manasse, der Mann der Judit, hatte zur Zeit der Gerstenernte den Tod gefunden (vergleiche Judit 8,1-2). Als er nämlich bei den Garbenbindern auf dem Feld stand, traf ihn ein Hitzschlag; er musste sich zu Bett legen und starb in seiner Heimatstadt Betulia.
(Judit 8,3)
Judit betritt das Lager des Feindes
Nur Judit weiß, was zu tun ist: zu Gott beten, um seinen Beistand bitten und mitten ins Lager des Feindes gehen. Holofernes, der Feldherr, lädt Judit abends zum Essen in sein Schlafzelt ein, schickt seine Diener weg, um allein mit ihr zu sein, und betrinkt sich aus Vorfreude auf die bevorstehende Vergewaltigung Judits. Der Abend wird zum Desaster für ihn: Er fällt volltrunken auf sein Bett, an dem praktischerweise sein Schwert hängt. Judit erkennt ihre Chance. Sie behält kühlen Kopf und Holofernes verliert den seinen. Und Judit? Die zieht sich nach ihrer Tat wieder in ihr abgeschiedenes Leben zurück. Sieht so ein Vamp aus?

Buchtipp: CRASHKURS Who is who der Bibel
„CRASHKURS Who is who der Bibel“,
Von Elisabeth Birnbaum, Wiener Dom-Verlag, ISBN: 978-3-85351-331-6, EUR 29,90.
Das Buch erzählt theologisch fundiert und sprachlich pointiert von den 50 wichtigsten Personen der Bibel, ihren Besonderheiten, ihren Erlebnissen und ihren wichtigsten Erkennungsmerkmalen.
Bestellen unter: ▶ domverlag.at