„Ich möchte in Krisengebieten arbeiten“

Glaubenszeugnis
Ausgabe Nr. 49
  • Spiritualität
Autor:
Ferdinand Gatterburg ist in Retz auf dem Gelände des ehemaligen Dominikanerklosters aufgewachsen. ©privat

Ferdinand Gatterburg, 26, reiste mit den Maltesern in den Libanon und entschied daraufhin, einen neuen Ausbildungsweg einzuschlagen. In der Pfarre in Retz mag er besonders die Sitzungen.

Das Interview mit dem SONNTAG findet an einem Samstag um 8:00 Uhr statt.

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Sie haben es beim Aufstehen hoffentlich nicht bereut, dass wir das Interview so früh am Samstag ausgemacht haben. 

Nein, gar nicht. Ich stehe zurzeit sowieso sehr früh auf, weil ich unter der Woche schon um 4:30 Uhr zu meiner Praktikumsstelle losfahren muss. 

Was für ein Praktikum machen sie?

Ich bin als angehender Krankenpfleger auf der Neurologie in der Klinik Nord. 

Sie haben einen Bachelor in Architektur gemacht und sind dann auf Gesundheits- und Krankenpflege umgesattelt. Eine einschneidende Erfahrung hat Sie zum Wechsel inspiriert.

Ich begleitete während meines Architekturstudiums die Malteser in den Libanon. Dort holten wir Bewohner aus Pflegeheimen und Psychiatrien für mehrere Tage in ein Haus, wo sie von uns eins zu eins betreut wurden. Diese Menschen leben in ihren Heimen unter zum Teil sehr schlechten Bedingungen, oft kommen dort auf 50 Personen nur zwei Betreuer. In den Tagen, die wir mit den Betreuten zusammen waren, haben sie sich sehr verändert. Sie sind richtig aufgeblüht. Das hat mich sehr fasziniert. Zurück in Österreich habe ich mir mit dem Reichtum bei uns auf einmal sehr schwergetan. Ich spürte, dass ich sehr gern in Krisengebieten arbeiten würde. Eine Zeitlang habe ich den Gedanken weggedrückt. In einer Messe hatte ich dann eine intensive Glaubenserfahrung und habe gemerkt, dass ich wirklich etwas in diese Richtung machen möchte. Jetzt bin ich im dritten Semester.  

Architektur ist ein sehr prestigeträchtiges Berufsfeld. Ist es Ihnen schwer gefallen, das aufzugeben?

Interessanterweise hat mir meine Mutter als erste vorgeschlagen, in die Krankenpflege zu gehen. Meine Reaktion: „Nein, das mache ich nicht. Ich möchte nicht dauernd anderen Leuten den Hintern auswischen.“ Ein Jahr später habe ich gemerkt, dass das genau das ist, was ich will. Pflege – auch nicht Medizin. Bei einem Praktikum ist mir bewusst geworden, wie sehr ich die Nähe zu den Patienten mag. Auch wenn diese natürlich anstrengend sein können, gerade wenn sie durch eine Krankheit gehen.

 

„Bei meinem Pflegeberuf merke ich, wie sehr ich die Nähe zu den Patienten mag.“

Ferdinand Gatterburg

Haben Sie immer noch vor, im Ausland zu arbeiten?

Mein Ziel ist es, in Krisengebieten zu arbeiten. Ich bin dabei, mir Auslandspraktika zu organisieren. 

Sie sind in Retz auf dem Gelände des ehemaligen Dominikanerklosters aufgewachsen. Wie hat das Ihren Glauben beeinflusst?

Meine Eltern sind seit vierzig Jahren Verwalter des Gästehauses im Dominikanerkloster. Früher lebten zwei Dominikaner aus der Slowakei im Kloster, seit 2014 die Brüder Samariter FLUHM. Mit dem Kloster waren wir immer in Verbindung, und vor allem die Gäste, die ins Gästehaus kamen, haben mich beeinflusst. Ich erinnere mich an Gespräche mit Kardinal Christoph Schönborn, der sehr gern ins Dominikanerkloster kommt, an Freunde meiner Eltern oder Teilnehmer von Exerzitien- und Fastengruppen. Mit ihnen haben wir viele geistliche Gespräche geführt, bei denen ich zugehört und auch mitgeredet habe.

Ihr Glaube hat später noch einmal einen Boost bekommen.

Meine Familie und mein Umfeld haben mir ohne Druck ein geistliches Fundament gegeben. Ich war als Jugendlicher aber ein wenig in Richtung ‚Traditionschrist‘ unterwegs. An Gott habe ich nicht gezweifelt, im Alltag hatte der Glaube wenig Relevanz für mich. Durch die Pfarre in Retz hat sich mein Glaubensleben noch einmal intensiviert. In Retz gibt es neben dem Kloster auch die Pfarre, zu der ich erst bei der letzten Gemeindeausschusswahl gefunden habe, bei der ich gewählt wurde. Dort nehme ich an Kleingruppen teil, an einer Jüngerschaftsschule, die wir organisiert haben, und an den Sitzungen für den Gemeindeausschuss.

Sie empfinden Sitzungen als inspirierend?

Es gibt immer einen geistlichen Teil und Austausch – das gefällt mir. Außerdem haben wir in Retz einen Entwicklungsprozess gestartet und überlegen, wie die Pfarre in Zukunft aussehen soll. Das ist viel mehr als ein trockenes ‚day-to-day‘.

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Autor:
  • Sandra Lobnig
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