Hofburgkapelle: Ein Dreigestirn zwischen Kultur, Glaube und Macht
Kirchen-Entdeckungsreise / Teil 5Fast nicht sichtbar ist sie, die Hofburgkapelle im Schweizerhof. Im oft überlaufenen kleinen Hof zieht es Touristenströme in die Schatzkammer, wo die alte Reichskrone als absolutes Highlight zu bestaunen ist. Jürgen Partaj, Direktor der Hofburgkapelle, weiß aber ganz genau, wie man den Turm am besten erkennt: In der Ecke beim Schweizerhofbrunnen gibt es einige Stufen. Von hier sieht man die Kirche wirklich. Partaj liebt die Kapelle, die Institution als Teil der Identität in Wien, und er liebt die Musik seiner Vorgänger sowie der Künstler, die hier gearbeitet haben.
Es sind weltberühmte Namen wie Anton Bruckner oder Franz Schubert. 2025 steht Antonio Salieri im Mittelpunkt des Interesses anlässlich seines 200. Todesjahres. Der Hofkapellmeister (1788–1824) wurde erst Mitte Mai im Musikverein unter der Leitung von Riccardo Muti geehrt. Eine große Auszeichnung für das Haus, freut sich Partaj.
Die Wiener Sängerknaben in der Hofburgkapelle
Erstmals erwähnt wurde die ursprünglich gotische Kapelle im Jahr 1296. Die Historie der kleinen Kirche ist untrennbar mit den Habsburgern als Herrschergeschlecht verbunden. Die Familie hatte auch einen eigenen Zugang zur Kapelle. Und der ermordete Thronfolger Franz Ferdinand wurde 1914 hier aufgebahrt, zwei Jahre später sein greiser Onkel Kaiser Franz Joseph. Durch die stetigen Umbauten und Erweiterungen ist die Kirche jetzt mitten im Burgkomplex eingebettet. Die heutige Gestaltung mit den übereinanderliegenden Emporen geht auf Maria Theresia und Kaiser Franz II. zurück. Die Innenausstattung ist vielleicht nicht spektakulär, aber einzelne Objekte sind interessant, wie das Ferdinandskreuz, das über dem Altar steht. Dessen Geschichte führt direkt in die Zeit der Gegenreformation: Denn vor diesem Kreuz hat Kaiser Ferdinand II. darum gebetet, dass ihn die evangelischen Stände nicht aufhängen (!). Und Kaiserin Zita war das Kreuz so wichtig, dass sie mit ihm um die Sterbesakramente gebeten hat. So ist für Jürgen Partaj auch klar, warum es sich lohnt, die Hofburgkapelle zu besuchen: „Es ist ein Dreigestirn zwischen Kultur, Glaube und Macht.“ Das zeigt sich durch die wöchentliche Messe, die benachbarte Präsidentschaftskanzlei und die Musik, die sich in Österreich ohne die Institution anders entwickelt hätte. Ohne die beteiligten Musikerinnen und Musiker der Philharmoniker und des Orchesters der Staatsoper sowie der Sängerinnen und Sänger ist die Kapelle nicht vorstellbar. Und dazu gehören auch die Wiener Sängerknaben. 1498 gründete Kaiser Maximilian diesen weltweit einzigartigen Chor, der noch immer besteht. Jeden Sonntag begleiten die Sängerknaben den Gottesdienst und am Schluss gibt es noch eine (fast) weltliche Zugabe nach den himmlischen Klängen.
Mit Fingerspitzengefühl zu himmlischen Klängen Gottesdienst in der Hofburgkapelle feiern
Kritik an der Eintrittsgebühr für diese Gottesdienste gibt es in katholischen Kreisen, die zahlreichen Gäste aus aller Welt betrachten die Messe wohl als eine Art Konzert. Kirchenrektor ist Peter Schipka, Sekretär der österreichischen Bischofskonferenz. Seit 2020 feiert er jeden Sonntagmorgen hier Gottesdienst. Das macht er mit Freude und durchaus mit Fingerspitzengefühl. Auf Englisch und Deutsch führt er das internationale Publikum, wenn man es so bezeichnen will, durch eine katholische Liturgie. Was mag er an der kleinen Hofburgkapelle? „Abgesehen von der Musik ist es der geschichtliche Bezug. Es ist eine großartige Kooperation. Die Pflege der Kirchenmusik ginge ohne die Republik nicht.“ Die Messen haben für Schipka ein bisschen etwas von Tourismuspastoral: „Mein Beitrag hat etwas Missionarisches. Die Menschen kommen wegen der Musik, aber sie werden doch von Gott berührt, das hoffe ich!“
Besichtigungen in der Hofburgkapelle
Die Hofburgkapelle ist kostenfrei zugänglich am Montag, Dienstag: 10:00–14:00 Uhr und am Freitag: 11:00–13:00 Uhr. Die Gottesdienste am Sonntag beginnen um 9:15 Uhr. Tickets:
Infos unter: hofmusikkapelle.gv.at