Her mit dem Leotar!
Hirtenhund
Jetzt ist es raus: Leo ist ein bissiger Löwe, der allen Laissez-faire-Liberalismus von Franziskus zurückdrehen will: Homosexuellen-Segnungen sind pfui. Keine Änderungen in der Sexualmoral. Frauen in höheren Weihen: Sorry, erstmal nicht. – So lesen sich einschlägige Kommentare zum jüngsten Großinterview, das Papst Leo XIV. dem Portal „Crux“ gegeben hat und das medial wie eine papale Regierungserklärung gehyped wurde. Gewiss, aus Sicht massiv reformbeschleunigter Katholiken in Deutschland und Österreich kann das als „Reformdämpfer“ (Jan-Heiner Tück) gelesen werden. Gleichwohl: die Weltkirche ist mehr als Wien und Berlin – und vielleicht erfüllt Leo jetzt genau jene Rolle, die ihm konklavistisch zugedacht wurde: die Rolle des Beruhigers, des Verlangsamers, des Besonnenen. Und an die Freunde kirchlicher Retro-Dynamik gesagt: Auch wenn es langsamer und besonnener zugeht – es geht doch weiter. Die entfesselte Reformdynamik des Franziskus wird sich nicht einfach so wieder einfangen lassen.
Ob tatsächlich die leonische Kritik an der Praxis der Segnung homosexuell Liebender der Besonnenheit letzter Schluss war, sei dahingestellt: Man erinnere sich nur an die peinliche Performance, die rund um das entsprechende Dokument „Fiducia supplicans“ geliefert wurde. Eine solche Segnung sollte nicht länger als 10 bis 15 Sekunden dauern und keinesfalls rituelle Form annehmen. Auch sollte sie nicht an einem wichtigen Platz im Kirchengebäude oder vor dem Altar stattfinden, da dies Verwirrung stiften würde. Gleichzeitig sollten sich aber auch homosexuell empfindende Menschen „todos, todos, todos“ – alle, alle, alle – in der Kirche willkommen fühlen. Quadratur des Kreises à la vaticana.
Papst Leo und KI-Präsenz
Amüsiert hat mich eine Passage in dem Interview, in dem Leo der offenbar angetragenen Idee einer KI-Präsenz des Papstes samt virtueller Papst-Audienzen eine brüske Absage erteilt hat: „Wenn es jemanden geben sollte, der nicht durch einen Avatar repräsentiert wird, dann doch wohl der Papst!“ Ich möchte dagegen halten: Wer, wenn nicht der Papst verdient einen Avatar …?! Schließlich stammt das Wort, wie ich lese, aus dem Sanskrit und bedeutet so viel wie den Abstieg einer Gottheit in irdische Sphären. Also, her mit dem Leotar! Ein gutes Beispiel bietet der „Bruder David“-Avatar – eine KI, die Bruder David Steindl-Rast als digitalen Nachlass zu Lebzeiten verewigt hat. Ich habe „Bruder David“ gleich mal getestet und gefragt, wer denn der nächste Wiener Erzbischof wird. Der Bot antwortete wahrheitsgetreu: „Diese Information ist in den vorliegenden Texten nicht enthalten.“ Luft nach oben für einen Papst Leo-Avatar …