Podcast: Hannah Lessing

Die SONNTAGs-Jause
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Sophie Lauringer und Hannah Lessing lachen
Lachen erlaubt: Sophie Lauringer und Hannah Lessing im Austausch. ©Markus Langer
Hannah Lessing isst Matzes.
Hannah Lessing hält vor Pessach die Fastengebote und isst ungesäuertes Brot. ©Markus Langer
Teller mit Shakshouka, einem koscheren Gericht
Shakshouka ist ein koscheres Gericht, das gerne an Fasttagen gegessen wird. ©Markus Langer
Foto von Erich Lessing: Das Unterschreiben des Staatsvertrags in Wien 1955.
"Österreich ist frei!" Erich Lessing nahm das Jahrhundertfoto auf: die Unterzeichnung des Staatsvertrags am 15. Mai 1955 am Balkon des Schloss Belvederes in Wien. ©Österreichische Nationalbibliothek/Erich Lessing

Hannah Lessing war bei uns in der SONNTAGs-Jause zu Besuch. Ihre professionelle und persönliche Berufung hat sie in der Entschädigung der österreichischen Opfer des Nationalsozialismus gefunden. Zu essen gab es ein koscheres Gericht: Shakshouka!

Hannah Lessing ist im Vorstand Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus. Schon seit Jahrzehnten setzt sie sich hauptberuflich für die Entschädigung von Hinterbliebenen und deren Angehörigen ein und hat in dieser Arbeit ihre persönliche Berufung gefunden. Seit ihrem zehnten Lebensjahr ist sie gläubige Jüdin: „Als ich das erste Mal in einem jüdischen Unterricht saß, habe ich entdeckt, was mir bis dahin immer gefehlt hatte."

Sie wuchs in einer bekannten Familie auf: Ihre Mutter, Traudl Lessing, war eine angesehene Journalistin, ihr Vater, Erich Lessing, ein gefragter Pressefotograf. Er konnte 1939 rechtzeitig mit einem Transport vor den Nationalsozialisten fliehen. Durch den Holocaust verlor er alle seine Angehörigen, darunter seine geliebte Mutter, die in Wien zurückbleiben musste. Hannah Lessing: „Mein Vater hat nie über die Vergangenheit gesprochen. Er hat den Schlüssel zur Vergangenheit genommen und weggeschmissen, wenn ich das so sagen darf. Deswegen haben wir auch erst recht spät erfahren, dass wir väterlicherseits jüdisch sind."

Den jüdischen Glauben entdeckt

Hannah Lessings Eltern wuchsen beide nicht religiös auf und auch in ihrer gemeinsamen Ehe lebten sie atheistisch. „Ich war die einzige in meiner Familie, die nach dem Übertritt zum Judentum eine gewisse Jiddischkeit entwickelt hat." Heute beschreibt sie sich als eine gläubige Jüdin, die Traditionen allerdings nicht immer streng einhält. Als die Podcastfolge aufgenommen wurde, war ein jüdischer Fasttag vor dem Pessachfest, das in diesem Jahr Ende April gefeiert wurde. Das Fest erinnert an den Auszug aus Ägypten, also die Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei.

Hannah Lessing hatte als junges Mädchen den Traum, eine Schauspielerin zu werden. Sie spielte auch wirklich eine kleine Rolle in der bekannten Fernsehserie "Holocaust".

Der Jahrhundertfotograf und sein Jahrhundertfoto

Ein Foto ihres Vaters Erich Lessing hat jede Österreicherin und jeder Österreich sicher schon einmal gesehen: Es ist die Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 im Schloss Belvedere. Erich Lessing kam als einziger auf die Idee, das Geschehen von unten auf den Balkon hinauf zu fotografieren. So hat er einen Moment als Jahrhundertfoto eingefangen.

In einem Interview sagte er dazu: „Ich bin nicht der Fotograf mit der Kamera, ich bin der Fotograf ohne Kamera. Um ein gutes Foto zu machen, braucht man zwei Augen und die sind entweder begabt zum Sehen oder nicht."

Entschädigungsarbeit

„Wiedergutmachung" ist für Hannah Lessing ein Unwort, denn „es kann eben nichts wieder gut gemacht werden." Sie spricht viel lieber von Entschädigung der Opfer. Sie hat die Erinnerungskultur in Österreich entscheidend mitgeprägt, hat mit ihrem Team unzähligen Menschen wieder Hoffnung gegeben und setzt sich für alle Opfer des Nationalsozialismus ein, sprich, neben Juden, unter anderem auch Roma und Sinti, Menschen mit Beinträchtigung, wir in etwa die Kinder vom Spiegelgrund. Das alles, obwohl ihr Vater das nie für sie gewollt hat. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann hätte sie die Vergangenheit ruhen gelassen und ein „einfacheres" Leben geführt, ohne die Last dieser Herkulesaufgabe auf den Schultern zu tragen.

Koschere Kost

Shakshouka ist nicht nur koscher, sondern auch köstlich und „kein Letscho!", das ist Hannah Lessing  wichtig. Obendrein ist es gesund, schnell gemacht und auch noch kostengünstig. Im Grunde besteht es aus geschmorten Tomaten, Paprika und Zwiebeln. Wer mag, kann das Gericht noch mit Eiern ergänzen und dann mit einer Scheibe Brot genießen.

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Zur Person

Hannah Miriam Lessing, geboren 1963 in Wien, hat ihr berufliches Leben der Entschädigung und Erinnerung der Opfer der Shoah gewidmet.

Von 1995 bis 2024 war sie Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, heute sitzt sie in dessen Leitung. Sie ist seit 2011 auch die österreichische Repräsentantin des Komitées der Stiftung Auschwitz-Birkenau, ist in der Jury des Simon Wiesenthal Preis', der die Erinnerungsarbeit von Zeitzeugen auszeichnet. Sie leitet außerdem den Fonds zur Instandhaltung der jüdischen Friedhöfe in Österreich.

Ihre Lebensaufgabe

Hannah Lessing ist mit ihren zwei Geschwistern im Wien der 1960er-Jahre aufgewachsen. Sie maturierte am Lycée Français und studierte Handelswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Als junge Frau war sie als Bankangestellte tätig. Schon bald merkte Hannah Lessing, dass sie sich in diesem Beruf auf Dauer langweilte und machte sich auf die Suche nach ihrem persönlichen „Sinn in dieser Welt", wie sie erzählt.

Der ehemalige Bundeskanzler Franz Vranizky hielt 1991 eine bedeutende Rede: Er deklarierte zum ersten Mal eine österreichische Mitschuld an den Verbrechen der Nationalsozialisten im zweiten Weltkrieg. Zuvor herrschte der allgemeine Tenor, Österreich sei das erste Opfer Nazideutschlands gewesen.

Vier Jahre später wurde eine Person für die Leitung des Nationalfonds für die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus gesucht, der zu dieser Zeit ins Leben gerufen wurde. Hannah Lessing bewarb sich beim damaligen Nationalratspräsidenten Heinz Fischer. Sie erhielt die ursprünglich auf zwei Jahre befristete Stelle. Am Ende wurden es 20 Jahre, in denen sie und ihr Team Opfer ausfindig machten, um ihnen eine Entschädigung anzubieten.

Steine zur Erinnerung

Hannah Lessing war seit 2005 schon etwa 25 Mal auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers der polnischen Stadt Auschwitz/Oświęcim. „Es wird nie leichter. Es gibt Tage, da ist es für mich wie ein Arbeitstermin und es gibt Tage, da merke ich schon auf der Autobahn vor der Stadt Auschwitz, heute wird es ganz schwer."

Im Judentum gibt es den bekannten Brauch, Steine auf die Gräber der Verstorbenen zu legen. Hannah Lessing legt bei jedem ihrer Besuche an immer einer anderen Stelle einen Stein ab, für ihre Großmutter und Großtante, die beide in Auschwitz ermordet wurden, „weil ihre Asche überall sein kann".

 

Traditionelles orientalisches Gericht mit ungesäuertem Brot.

Das Rezept zur SONNTAGs-Jause

Hannah Lessing hat das koschere, preisgünstige und gesunde Rezept auf der Website  Gourmet Guerilla's Foxy Food entdeckt, das wir nachgekocht haben.

 

Shakshouka
 

Zutaten für 3-4 Portionen:

2 mittelgroße Zwiebeln
1 rote Paprika
1 grüne Paprika
3-4 Knoblauchzehen
3 Esslöffel Olivenöl
4 Teelöffel Paprika edelsüß
1 Teelöffel Kreuzkümmel
1 Teelöffel gemahlener Koriander
1 Prise Chilipulver (nach Geschmack)
1 Teelöffel Zucker
1-2 Teelöffel Salz
1 große Dose gehackte Tomaten
250 Gramm Tomatenpüree
1 Teelöffel geriebene Zitronenschale
6 Eier
1 Bund glatte Petersilie, gehackt
 

Zubereitung:

Zwiebel und Paprika schälen bzw. putzen, entkernen und in kleine Würfel schneiden. Den Knoblauch schälen und fein hacken.

 

Das Olivenöl in einer großen Pfanne (zu der es einen Deckel gibt) auf mittlerer Stufe erhitzen und das Gemüse darin ca. 5 Minuten weich dünsten. Paprika, Kreuzkümmel, Koriander, Zucker und Salz dazugeben und 1 Minuten mitbraten.

 

Dann gehackte Tomaten, Tomatenpüree, Zitronenschale und die Hälfte der gehackten Petersilie einrühren. Auf mittlerer Flamme 10 Minuten köcheln lassen, bis die Soße etwas eingedickt ist. Gelegentlich umrühren. Die Soße abschmecken und eventuell noch etwas salzen.

 

Mit einem Kochlöffel kleine Mulden in die Soße drücken und je ein Ei hineingleiten lassen. Die Pfanne abdecken und die Eier 8-10 Minuten garen lassen. Das Eiweiss sollte  gestockt sein und das Eigelb – je nach Vorliebe entweder noch flüssig oder cremig.

 

Vor dem Servieren mit der restlichen gehackten Petersilie bestreuen.


Tipps:

Dazu schmecken Reis, Bulgur, frisches Baguette oder Kartoffeln. Reste schmecken kalt am nächsten Tag sehr gut, lassen sich aber auch aufwärmen.

Autor:
  • Sophie Lauringer

SONNTAGs-Jause mit Hannah Lessing

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