Gastfreundschaft als Gradmesser

Was wir der Kirche verdanken
Ausgabe Nr. 45
  • Theologie
Autor:
Gastfreundschaft: Ein schön gedeckter Tisch ist ein Zeichen der Wertschätzung.
Gastfreundschaft: Ein schön gedeckter Tisch ist ein Zeichen der Wertschätzung. ©istock

Gastfreundschaft gibt es seit jeher in allen Religionen und Kulturen. Der jüdisch-christlichen Tradition des Alten und Neuen Testaments verdanken wir Erzählungen über den Umgang mit „Gästen“, die bis heute vorbildhaft sind.

Im Buch Genesis (Kapitel 18) wird erzählt, dass Gott zu Gast bei Abraham und Sara war. Abraham erblickt bei den Eichen von Mamre drei Männer und will diese mit Hilfe seiner Frau Sara bewirten. Er sprach zu den Männern: „Ich will einen Bissen Brot holen, dann könnt ihr euer Herz stärken, danach mögt ihr weiterziehen; denn deshalb seid ihr doch bei eurem Knecht vorbeigekommen. Sie erwiderten: Tu, wie du gesagt hast! Da lief Abraham eiligst ins Zelt zu Sara und rief: Schnell drei Sea feines Mehl! Knete es und backe Brotfladen! Er lief weiter zum Vieh, nahm ein zartes, prächtiges Kalb und übergab es dem Knecht, der es schnell zubereitete. Dann nahm Abraham Butter, Milch und das Kalb, das er hatte zubereiten lassen, und setzte es ihnen vor. Er selbst wartete ihnen unter dem Baum auf, während sie aßen.“ Die gewährte Gastfreundschaft prägt in der Folge viele Erzählungen und Berichte der Bibel, sie wird zum „Dauerauftrag“ bis heute. 

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Gastfreundschaft: Ein Kriterium für Ämter und Aufgaben

Auch das Neue Testament erinnert immer wieder an den Wert der Gastfreundschaft: „Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt“, heißt es im Hebräerbrief (Kapitel 13, Vers 2). Paulus mahnt im Brief an die Römer (Kapitel 12, Vers 13): „Nehmt Anteil an den Nöten der Heiligen; gewährt jederzeit Gastfreundschaft.“ Der Verfasser des ersten Petrusbriefes (Kapitel 4, Vers 9) appelliert an seine Adressaten: „Seid untereinander gastfreundlich, ohne zu murren.“ Und die sogenannten Pastoralbriefe an Timotheus (Erster Brief an Timotheus, Kapitel 3, Vers 2 und Kapitel 5, Vers 10) und an Titus (Kapitel 1, Vers 8) kennen als Kriterium für Aufgaben und Ämter in den Gemeinden den Umstand, dass die angesprochenen Männer und auch Frauen unbedingt „gastfreundlich“ sein müssen.
 

Entscheidend: die Rede vom Weltgericht

Eine ständige Mahnung, auch den Geringsten Gastfreundschaft zu gewähren, ist das Gleichnis vom Gericht des Menschensohnes über die Völker (Matthäusevangelium, Kapitel 25). Jesus erzählt, dass der wiederkommende Menschensohn die Menschen scheiden wird, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. „Er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken.“ Denen zu seiner Rechten wird er das Reich als Erbe geben: „Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben.“ Dann werden die Gerechten antworten: „Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben?“ Darauf wird er ihnen antworten: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Zu denen auf der Linken aber wird er sagen: „Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer ... Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben.“ Dann werden auch sie antworten: „Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig gesehen?“ Darauf wird er ihnen antworten: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.“

Autor:
  • Stefan Kronthaler
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