„Die Essenz aus fast fünfzig Jahren Leben“

Glaubenszeugnis
Ausgabe Nr. 45
  • Spiritualität
Autor:
Für Manfred Edelmann sind die Eigenschaften, Demut und Nächstenliebe, tief ins Leben hineinverwoben.
Für Manfred Edelmann sind die Eigenschaften, Demut und Nächstenliebe, tief ins Leben hineinverwoben. ©Tirza Photography

Im Leben von Manfred Edelmann, 49, Winzer in Göttlesbrunn, fließen Geschäftliches und Privates ineinander. In seinem Beruf, so der leidenschaftliche Gastgeber, „muss man die Menschen lieben“.

Manfred Edelmann führt das ‚Weingut Edelmann‘ in Göttlesbrunn in dritter Generation. 

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Herr Edelmann, Sie haben ein persönliches Leitbild verfasst – zwölf Prinzipien, die Ihnen wichtig sind. Darunter Begegnung, Schönheit, stetiges Lernen oder soziale Verantwortung. So ein schriftliches Leitbild ist ungewöhnlich. Gab es dafür einen Anlass?

Mein Leitbild ist die Essenz aus fast fünfzig Jahren Leben. Es beinhaltet jene Werte, nach denen ich mich immer schon intuitiv ausgerichtet habe und die Ausdruck meiner Haltung als Gastgeber, Winzer, Kulturbotschafter und Mensch sind. Irgendwann kam der Zeitpunkt, da wollte ich das aufschreiben. Einerseits für mich selbst, andererseits für die, die sich für mich interessieren. 

Sind Sie ein Mensch, der sich viele Gedanken übers Leben macht?

Ja, ich mache mir viele Gedanken – über die Zukunft, über Europa, über Philosophie und Religion. Vor allem die drei Religionen Judentum, Christentum und Islam interessieren mich sehr. Ich bin kulturell und musikalisch sehr aufgeschlossen und reise gerne. China, Peru, Neuseeland, Vietnam – im Winter zieht es mich oft in die Ferne. 

Sie sind katholisch aufgewachsen?

Ja, mit allem, was dazugehört. Wir wurden angehalten, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen. Für mich war der Gottesdienst mitreißend, ein sehr sinnliches Erlebnis. Wenn der Weihrauch geschwungen wurde und der Chor an Festtagen gesungen hat. Aber Gott und Jesus waren für mich als Kind sehr abstrakt, nicht greifbar. Ich bin mit den Jahren ‚weltlicher‘ geworden – bis ich 2010 gefragt wurde, ob ich im rhythmischen Kirchenchor der Pfarre mitsingen möchte. Wir singen bei der Erstkommunion, der Firmung, der Eheerneuerungsmesse – etwa vier bis sechs Auftritte pro Jahr. Zu merken, wie die Leute von unserem Gesang berührt werden – da geht mir das Herz auf. Mit dem Kirchenchor kam auch die Spiritualität wieder in mein Leben zurück.  

Inwiefern?

Man singt diese Lieder und beschäftigt sich dabei automatisch mit den Texten. Da heißt es zum Beispiel ‚Dass du da bist, unsichtbar‘ oder ‚Von guten Mächten wunderbar geborgen‘ – das lässt mich nicht kalt. Es gibt mir Kraft und Mut und motiviert mich, Dinge anzugehen, die ich mich vielleicht sonst nicht traue. Komplizierte geschäftliche Projekte zum Beispiel.

„Es braucht Demut und  Nächstenliebe – als Winzer und Gastgeber.“

Sie sind ‚Winzer und Gastgeber‘ von Beruf. Wobei: Lassen sich das Berufliche und Private in Ihrem Leben überhaupt trennen?

Nein, das sind keine zwei getrennten Bereiche. Geschäftliches und Privates fließen ineinander, die Grenzen verschwimmen. Zum Beispiel, wenn ich meinen Kunden Wein liefere. Wenn wir abends noch gemeinsam essen gehen, ist das etwas sehr Freundschaftliches. 

Wein ist ein wichtiger Bestandteil in der Liturgie. Sie produzieren ihn – was bedeutet er für Sie?

Wein ist Träger von Kultur. Er erzählt Geschichten, schafft Gemeinschaft und verbindet Genuss mit Tiefe. In ihm spiegeln sich Natur, Zeit, Handwerk und Lebensfreude. Wein ist etwas sehr Sinnliches, in seiner Farbe und seinem Geschmack wohnt ihm ein starker Ausdruck inne. Und er ist zutiefst christlich. 

Am 15. November, zu Ehren des Heiligen Leopolds, öffnen Sie die Türen Ihres Weingutes.

Wir sind einer von 21 Winzerbetrieben, die beim ‚Leopoldigang‘ für Besucher aufmachen. Diese können von unserem Weinsortiment probieren. Wir rechnen in Göttlesbrunn bei diesem ‚Tag der offenen Tür‘ mit rund 2.500 Menschen.

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Autor:
  • Sandra Lobnig
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