Der Herr gebe euch seinen Frieden!
MeinungEs war mein aufrichtiger Wunsch, nach Wien zu kommen, doch die aktuelle Lage im Heiligen Land hat unsere Pläne geändert. Wie ihr wahrscheinlich wisst, haben die Vermittlungsversuche bisher keinen Frieden gebracht, keinen Schutz für die unschuldige Bevölkerung erzielt und keine Rückführung der Geiseln und Gefangenen ermöglicht.
Aktuelle Lage in Gaza
Gegen Gaza-Stadt läuft eine groß angelegte Militäroperation. Das israelische Militär hat die vollständige Evakuierung und Umsiedlung von Hunderttausenden Zivilisten in Gaza angeordnet. Die Ankündigung, dass die „Pforten der Hölle sich öffnen werden“, wird zur tragischen Realität.
Die Zerstörung trifft Häuser, Kirchen, Krankenhäuser, öffentliche Plätze, Straßen und die Infrastruktur in einem Ausmaß, das kaum zu beschreiben ist. Hunderttausende Menschen haben keinen sicheren Zugang zu Wasser, Nahrung, Medizin, Bildung, Arbeit und anderen Grundbedürfnissen.
Zuflucht in Kirchenanlagen
Auch die christliche Gemeinschaft leidet schwer unter diesem Geschehen. Vor dem Krieg lebten etwa 1.000 Christen in Gaza, heute sind nur noch etwa 700 übrig. Die meisten Christen haben ihr Zuhause, ihre Arbeit und andere Grundlagen des täglichen Lebens verloren. Sie haben in den Kirchenanlagen in Gaza Zuflucht gesucht: in der griechisch-orthodoxen Kirche des Heiligen Porphyrius und in der Kirche der Heiligen Familie.
Diejenigen, die Zuflucht im lateinischen Komplex und im Komplex des Heiligen Porphyrius suchen, stehen vor der Wahl, zu bleiben oder zu fliehen. Die Flucht ist keine Garantie für das Überleben: Die Straßen sind gefährlich, und es gibt keinen sicheren Ort, an den sie gehen könnten. Zu bleiben bedeutet Unsicherheit und natürlich große Angst.
Ein Zeichen der Hoffnung
Die Christen, vor allem die Geistlichen und Ordensleute, die in Gaza arbeiten, haben sich entschieden, im Glauben standhaft zu bleiben und sich um die Menschen um sie herum zu kümmern. Ihre unerschütterliche Bindung an Jesus ermöglicht es den Christen in Gaza, auch anderen zu helfen.
Mit der Unterstützung vieler Menschen weltweit hat die Kirche der Heiligen Familie in Gaza in den vergangenen Wochen über 300 Tonnen humanitärer Hilfe an Tausende von Familien verteilt. Das ist ein Zeichen der Hoffnung und ein großer Trost für alle.
Weitere Problemzonen erschweren den Alltag
Obwohl die Lage in Gaza schwierig ist, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es auch andere Problemzonen gibt. Die Gebiete um Betlehem und andere Teile des Westjordanlandes leiden ebenfalls unter vielen Spannungen.
Der Ausbau von Siedlungen, die Arbeitslosigkeit, die abnehmende Zahl an Pilgern — all das erschwert den Alltag der Menschen. In den Dörfern Taybeh, Aboud und Ain Arik, in denen Christen leben, gab es eine auffällige Zunahme von gesetzeswidrigen Aktionen israelischer Siedler. Landwirtschaftliche Flächen werden gewaltsam übernommen und viele Menschen fühlen sich hilflos.
Worte, die Frieden schaffen
Diese schmerzhaften Erfahrungen haben uns gelehrt, dass gewalttätige Handlungen ein Produkt gewalttätiger Worte und Ideen sind. Wir haben erkannt, wie wichtig es ist, Worte zu finden, die die Erkrankung der Gewalt heilen können. Wir suchen nach neuen Worten, die Frieden schaffen und Beziehungen wiederherstellen können. Die Heilung liegt im Wort:
„Am Anfang war das Wort“
(Joh 1,1).
Als Christen wissen wir, dass dieses Wort Jesus Christus ist, das Wort des Vaters. Gott hat die Welt durch das Wort geschaffen:
„Alles ist durch ihn geworden, und ohne ihn wurde nichts, was geworden ist“
(Joh 1,3).
Was Worte alles können
Worte haben große Macht. Sie können zum Beispiel Beziehungen aufbauen. Sie sind dynamisch. Und sie können Schönes hervorbringen. Die Worte einer Mutter können einem Kind Trost spenden und dessen Vertrauen stärken, damit es Neues und Schönes wagen kann.
Die Worte eines Vaters können Sicherheit geben. Friedliche und respektvolle Worte führen zu gesunden Beziehungen. Beziehungen innerhalb der Familie können durch Worte, die die Liebe in den Mittelpunkt stellen, geheilt werden.
Worte erschaffen die Welt
Gott hat die Welt durch das Wort geschaffen. Auch wir erschaffen unsere Welt durch die Worte, die wir verwenden.
Etwas entsteht, wenn Worte gesprochen werden, und wir können sie nicht ungeschehen oder ungehört machen. Die Bedeutung der Worte kristallisiert unsere Wahrnehmungen, und diese prägen wiederum unsere Überzeugungen, bestimmen unser Verhalten und schaffen letztlich unsere Welt. Durch unsere Gefühle verleihen wir den Worten Macht.
Anerkennung der Wahrheit
In dieser Zeit hören wir viele Worte und Stimmen. Wir leben in einer Zeit, in der Meinungen als Fakten dargestellt werden. Unser einfacher Zugang zu Informationen bedeutet nicht zwangsläufig, dass das, was wir lesen oder hören, wahr ist. Und oft sind wir nicht kritisch genug gegenüber der Quelle dieser Worte, gegenüber den Absichten derjenigen, die diese Worte verwenden.
Wir müssen zu unterscheiden lernen. Wir müssen über die emotionale Aufladung hinwegsehen, die diese Worte erzeugen (und die in uns emotionale Reaktionen hervorruft), damit wir die Wahrheit sehen können, auch wenn diese Wahrheit hässlich, beschämend oder für uns unangenehm ist. Wir müssen die Wahrheit auch anerkennen; ein Unbehagen beim Hören der Wahrheit ist ein Zeichen unserer eigenen Wunden.
Geschöpfe Gottes im Bild des Wortes
Oft werden wir abgelenkt von den schwierigen Szenarien, die wir beobachten und erleben. Selbst von Christus sagt Johannes, dass er in die Welt kam … aber die Welt erkannte ihn nicht … Er kam zu den Seinen, doch die Seinen nahmen ihn nicht auf (vgl. Joh 1,10–11).
Als Christen tragen wir die Verantwortung, uns nicht durch das Chaos den Blick verstellen zu lassen und einander vielmehr als Geschöpfe Gottes im Bild des Wortes zu erkennen, damit wir Worte sprechen, die mit menschlicher Würde und Gerechtigkeit in Einklang stehen. Es liegt in unserer Verantwortung, die Wahrheit zu suchen, denn wir wissen, dass die Wahrheit uns befreit.
Die Erlösung von der Sünde kommt durch das fleischgewordene Wort, Jesus Christus. Das Wort, das gesprochen wurde und Fleisch annahm:
„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.“
(Joh 1,14)
Zusammen nach Frieden streben
Unter Berücksichtigung von Gerechtigkeit, Würde und Sicherheit für alle sprechen wir als Kirche weiterhin mit unseren Worten — um klar zu sagen, was vor sich geht, um den Krieg, den Kreislauf der Gewalt und dessen Ursachen zu verurteilen und um diejenigen, die Macht haben, zu bitten, mutig einen anderen Weg zu gehen, um den Konflikt zu lösen.
Doch es reicht nicht aus, die Mächtigen zur Gerechtigkeit aufzufordern. Wir müssen uns zuerst gegenseitig durch unsere Worte und Taten aufbauen und erbauen. Wir müssen einander weiterhin vertrauen und mit vielen Menschen zusammenarbeiten, die den Mut haben, das Gute zu wollen.
Gemeinsam können wir Heilung erwirken und bessere Lebensbedingungen schaffen. Trotz allem ist es noch möglich — sogar hier im Heiligen Land — an etwas Schönes zu glauben und darauf zu hoffen. Es gibt noch viele Menschen, die den Mut haben, nach Schönheit zu streben.
Einsatz für die Würde jedes Menschen
Auf dieser Suche nach Schönheit leistet das Lateinische Patriarchat von Jerusalem Unterstützung für die Menschen in unserer Gemeinde der Heiligen Familie, sei es durch medizinische Versorgung, dringend benötigte Nahrung oder die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens. Der kürzlich erfolgte Besuch in Gaza ist ein konkretes Zeichen dafür, dass wir diese Menschen nicht vergessen haben, dass wir jeden Einzelnen von ihnen lieben und ihnen nahe sind.
Auch ist es wichtig, dass die Kirche gegenüber den Regierungen und der Zivilgesellschaft ihre Stimme erhebt. Wir schätzen die Würde jedes Menschen und sehen es als unsere Verantwortung an, zu sprechen, wenn diese nicht respektiert wird.
Wissen im Einsatz gegen Vorurteile
So wie wir andere dazu auffordern, müssen auch wir in unser Herz blicken, um uns selbst von Hass zu befreien. Wir müssen uns über die Situation und alle Beteiligten informieren. Mangelndes Wissen kann Vorurteile schüren.
Lassen Sie uns nicht Teil dieses Kreislaufs aus Hass und Vorurteilen werden! Wir brauchen eine Herzenswandlung, damit wir das Gute für alle begehren können. Wir müssen um Vergebung bitten für die Zeiten, in denen wir verurteilt haben, kein Verständnis für andere aufgebracht haben, nicht zur Vergebung bereit waren, falsche Worte gesprochen haben und Misstrauen verbreitet haben.
Hoffnung auf Frieden durch Gebete und Taten
Wenn wir diese Schritte unternehmen, um Gott zu gefallen in unserem persönlichen, familiären und gemeinschaftlichen Umfeld, wird unser Wunsch wachsen, das Leid anderer zu lindern — insbesondere das der Familien, die durch diesen Krieg betroffen sind.
Und wir müssen beten. Wir müssen unseren Wunsch nach Frieden vor Gott bringen und Gott um Barmherzigkeit für die Bedürftigsten bitten. Durch unsere Gebete und Taten können wir anderen neue Hoffnung geben. Wir müssen unsere Worte nutzen, um eine Zeit der dringend benötigten Heilung für das lange andauernde Leid der Familien auf allen Seiten einzuleiten.

Maria Namen-Feier im Stephansdom
Was wird gefeiert?
Die Feier ist ein Fest zu Ehren des heiligen Namens Mariens, der Mutter Jesu.
Wo und wann wird gefeiert?
Seit 2011 wird jährlich im Stephansdom gefeiert. Dieses Jahr fiel das Datum auf den Sonntag, den 14. September.
Wer organisiert die Feier?
Erzbischof Lackner organisiert jedes Jahr die Maria Namen-Feier. Er ist der Schirmherr des "Rosenkranz-Sühnekreuzzugs um den Frieden der Welt" (RSK).
Die Geschichte des RSK
Der RSK wurde 1947 unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs von Petrus Pavlicek (1902-1982) gegründet. Monatliche Andachten für den Frieden gab es ab September 1948 in der Wiener Franziskanerkirche.
Ab 1950 organisierte Pavlicek die jährliche Maria-Namen-Prozession über die Wiener Ringstraße. Größtes Gebetsanliegen damals, dem Zehntausende und die Regierungsspitze folgten, war die Freiheit Österreichs, die mit dem Staatsvertrag 1955 Wirklichkeit wurde.
Heute gehören dem RSK rund 300.000 Gläubige in 132 Ländern an, welche unter dem Motto "Beten für den Frieden" verbunden sind.